Sensation aus Glas

Römischer Teller lag fast 2000 Jahre im Aschheimer Boden

Stolz präsentieren Aschheims 1. Bürgermeister Helmut J. Englmann (links) und Sebastian Sommer vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege die neuesten Funde aus der Römerzeit. Der gut erhaltene, hochwertige Glasteller wurde wahrscheinlich im heutigen Ital

Stolz präsentieren Aschheims 1. Bürgermeister Helmut J. Englmann (links) und Sebastian Sommer vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege die neuesten Funde aus der Römerzeit. Der gut erhaltene, hochwertige Glasteller wurde wahrscheinlich im heutigen Ital

Aschheim · »Eine Sensation«, nennt ihn Beate Zarges vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. »Er sieht fast aus wie neu«, meint Stephanie Gasteiger aus der Restaurierungswerkstatt. Ein römischer Teller, der bei Ausgrabungen in Aschheim gefunden worden ist, hat in der vergangenen Woche für Aufsehen gesorgt.

Fast Zweitausend Jahre hatte das gläserne Geschirr in einem vier Meter tiefen einstigen Brunnenschacht gelegen, zusammen mit einem Becher und einer Kanne aus Keramik sowie einer bronzenen Gewandnadel. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege datiert den Teller auf die Mitte des 1. Jahrhunderts nach Christus. Etwa zu dieser Zeit siedelten sich die Römer in der Region um die heutige Stadt München an. »Ich war überrascht von der Form des Tellers, die nicht gängig ist«, sagt Sebastian Sommer. Der Archäologe hat ins Bayerische Landesamt für Denkmalpflege in der Münchner Innenstadt eingeladen, um die neuesten Aschheimer Funde vorzustellen. Im Mittelpunkt des Interesses steht der flache Teller aus klarem, blassgrünem Glas, der Boden verdichtet, der Rand nach außen umgeschlagen. Sein Durchmesser beträgt etwa 30 Zentimeter. Alles in allem »ein wunderschöner Präsentierteller für gute Speisen«, vermutet Sommer. »Er gehörte wohl zu einem speziellen Service.« Der Teller sei vermutlich schon kaputt gewesen, als sein Besitzer ihn in den Brunnen geworfen habe.

Und obwohl das Geschirr in der Folge etwa zwei Jahrtausende im Feuchten lag, ist es fast vollständig erhalten. Das weise auf eine besondere Technik bei der Verarbeitung hin, erklärt Stephanie Gasteiger. »Ausgehend von Qualität und Form stammt der Teller aus dem heutigen Italien oder Südfrankreich«, meint Sommer. Stellt sich die Frage, wie das edle Geschirr in das damalige Aschheim gekommen ist, wo die Menschen im 1. Jahrhundert noch in einfachen Holzhütten lebten. Hatten seine Besitzer vielleicht einen Migrationshintergrund? Darüber könne man nur spekulieren, sagt Sommer. Dass der gläserne Speiseteller gerade in Aschheim ausgegraben worden ist, ist kein Zufall. Denn die Gemeinde weise, laut Sommer, »eine vorbildliche Geschichte in der Pflege von Bodendenkmälern auf.« »Wir wollen kein Grundstück außen vor lassen«, drückt es Aschheims 1. Bürgermeister Helmut J. Englmann aus. Seit 30 Jahren ist er im Amt, ebenso lange zieht es die Gemeinde konsequent durch: Steht in Aschheim ein Bauvorhaben an, wird der Grund zuvor nach Bodendenkmälern untersucht. »Wir wollen der Bevölkerung etwas zurückgeben«, meint Englmann.

Heißt: Man möchte die ausgegrabenen historischen Objekte nicht nur den Archäologen und Historikern überlassen, sondern auch in der eigenen geschichtlich-heimatkundlichen Sammlung den Bürgern zeigen. Und der Aschheimer Boden hat schon einige Schätze der Antike bereitgehalten: Vor zwanzig Jahren förderten Grabungen im Ortsteil Dornach eine Statuette der Athene aus der Zeit um 100 v. Chr. zutage, nun reiht sich der edle römische Glasteller in die Reihe bemerkenswerter Funde ein. Wie alle Fundstücke landete auch das historische Geschirr in der Restaurierungswerkstatt. Hier kommen täglich Hunderte, manchmal über Tausend Objekte an, die die Mitarbeiter zunächst konservieren und dann möglichst originalgetreu restaurieren. So sind die großen Scherben der Glasschale im ersten Schritt mit kleinen Klammern zusammengeheftet worden, im nächsten Schritt erfolgt das Kleben mit Kunstharz. »Das muss sehr exakt erfolgen, sonst sieht man es«, erklärt Gasteiger. Dann kann der Präsentierteller den Aschheimern präsentiert werden.

Benjamin Schuldt

Artikel vom 28.02.2014
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