Drei von zehn Maßnahmen sollen so schnell als möglich umgesetzt werden

Ebersberg · Markt Schwaben investiert über 11 Millionen Euro in Hochwasserschutz

Albert Hones zeigt die Stelle am Gigginger Bach, an der parallel zur Poinger Straße ein Damm verlaufen soll, der das Oberflächenwasser bei starkem Regen zurückhält. Foto: sf

Albert Hones zeigt die Stelle am Gigginger Bach, an der parallel zur Poinger Straße ein Damm verlaufen soll, der das Oberflächenwasser bei starkem Regen zurückhält. Foto: sf

Ebersberg · Der Klimawandel wird spürbarer. Allein in den letzten 14 Jahren wurde Markt Schwaben nach sintflutartigen Regenfällen vier mal von Hochwasser heimgesucht – doppelt so viel als im normalen Durchschnitt. »Und es wird noch mehr werden«, ist sich Bürgermeister Georg Hohmann (SPD) sicher. Dagegen will sich die Gemeinde jetzt wappnen. Auf der jüngsten Gemeinderatssitzung beschloss das Gremium einstimmig umfassende Maßnahmen.

Drei sollen so schnell wie möglich umgesetzt werden: Eine mechanisch regulierbare Staustufe mit Rückhaltebecken am Gigginger Bach, ­Höhe Poinger Straße, die Sanierung der Rohre unter dem Bauhof, die Oberflächenwasser abtransportieren, sowie ein Schutz für Anlieger und den Kindergarten St. Elisabeth am Roßacker, wobei hier noch nicht klar ist, wie der aussehen wird. Weitere sieben Maßnahmen sind für die ­Zukunft angestrebt, darunter am Einbergfeld, Am Erlberg, Burgerfeld, Hennigbach und im Bereich Wittach. Mit der Planung der Hochwasserschutzmaßnahmen wurde das Münchner Ingenieurbüro Schlegel beauftragt, mit dem Bau das Landschaftsarchitekturbüro Kowollik.

Das Thema Hochwasserschutz steht schon seit Jahrzehnten immer wieder auf der Tagesordnung des Gemeinderates, das erste Mal 1974. Nach ­einem starken Hochwasser Mitte der 90er-Jahre, bei dem sogar das Altenheim am Burgerfeld evakuiert werden musste, beauftragte die Gemeinde 1996 das Büro Kowollik, eine Studie zu erstellen. Sie sollte klären, welche Maßnahmen notwendig wären, um sich vor einem »Jahrhunderthochwasser« zu schützen. Das Ergebnis: 240.000 Kubikmeter Wasser, wie sie bei einer solchen Naturkatastrophe zu erwarten sind, müssten aufgefangen und zurückgehalten werden – etwa so viel wie 600 Schwimmbäder voll. Eine der empfohlenen Maßnahmen, die naturnahe Gestaltung des Postangers, wurde 2005 umgesetzt und sorgte laut Hohmann während der Unwetter im Juni vergangenen Jahres dafür, dass Markt Schwaben mit einem blauen Auge davon kam. »Aber durch den Postanger können nur etwa 30.000 Kubikmeter Wasser zurückgehalten werden, das ist gerade mal ein Achtel«, erklärt Gerhard Kowollik. Dass bisher noch kein Hochwasserschutz errichtet wurde, erklärt Hohmann unter anderem damit, dass bisher kein Geld dagewesen sei. Nach Steuer- und Gebührenerhöhungen in den letzten Jahren sei das Gemeindesäckel nun besser gefüllt. Den Antrag der CSU im Juli 2013, einen Damm parallel zur Poinger Straße zu bauen, nahm das Gremium zum Anlass, endlich weiterzumachen. Der dritte Bürgermeister Albert Hones (CSU) ist überzeugt, dass allein durch diesen Damm Markt Schwaben sicher wäre. Das sieht Kowollik anders: »Dadurch können nur weitere 30.000 Kubikmeter Wasser zurückgehalten werden, das ist immer noch zu wenig«. Zudem käme das Übel ja nicht nur durch den Gigginger Bach.

Etwa 11,35 Millionen Euro sind nötig

»Markt Schwaben liegt in einer eiszeitlich geprägten Landschaft mit zum Teil 20 Meter dicken, nahezu wasserundurchlässigen Lehmböden. Das Wasser staut sich an mehreren Stellen«, erklärt der Landschaftsarchitekt. Am effektivsten wäre ein Hochwasserschutz am Einbergfeld, das würde mit geschätzten 150 bis 180 Tausend Kubikmetern eine Entlastung um zirka 60 bis 70 Prozent bringen, so der Experte. Doch das Gebiet liegt zum Teil auf Anzinger und Poinger Flur, so dass gemeinsam mit diesen Gemeinden gearbeitet werden müsste. Das sei noch Zukunftsmusik. Für die drei Sofortmaßnahmen wird mit rund 2,5 Millionen Euro gerechnet, der Gigginger Bach schlägt dabei mit 1,9 Millionen zu Buche. Alle zehn Maßnahmen würden laut Kowollik etwa 11,35 Millionen Euro kosten. Bis zu 75 Prozent davon könnten durch Fördermittel gedeckt werden. »Aber auch wenn wir keine Förderung erhalten sollten, werden die Hochwasserschutzmaßnahmen durchgeführt«, betont der Bürgermeister. Er sei froh, dass Hones die Sache in die Hand genommen hat, »und vor allem, dass jetzt alle an einem Strang ziehen«, sagt Hohmann.

Dennoch dürfe man nicht damit rechnen, dass im nächsten Jahr alles fertig ist. »Es handelt sich schließlich um ein wasserschutzrechtliches Verfahren, bei dem das Wasserwirtschaftsamt Rosenheim und die Untere Naturschutzbehörde eingebunden sind, aber auch Anlieger, Nachbargemeinden und das Landratsamt Ebersberg«, erklärt der Rathauschef. Es gebe so viele Dinge zu beachten. Zum Beispiel müsse auf den Lebensraum von Tieren Rücksicht genommen werden, wie den des artgeschützten Storches, oder auf Ausgleichsflächen, die nicht angetastet werden dürfen. »Das kann sich also alles noch zwei Jahre hinziehen«, befürchtet Hohmann. Derzeit erarbeiten die beiden Büros ein Planungskonzept, anschließend werden die Fördergelder beantragt. »Wichtig ist, dass parallel dazu auch schon mit den Grundstückseigentümern verhandelt wird, auf deren Besitz Rückhaltebecken vorgesehen sind«, sagt Hones. Eventuell müsse Schadensersatz gezahlt werden, wenn ihre Flächen überflutet werden.

Von Sybille Föll

Artikel vom 20.02.2014
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