Lesestoff für Häftlinge

Bücherkiste im Hasenbergl spendet für die Justizvollzugsanstalt Stadelheim

Buchladen-Mitarbeiter Daniel Peschl, Manuela Ikwuazom, Lydia Eisner und Daniela Kurz im Tauschbuchladen in der Aschenbrennerstraße (v. l.). 	Foto: js

Buchladen-Mitarbeiter Daniel Peschl, Manuela Ikwuazom, Lydia Eisner und Daniela Kurz im Tauschbuchladen in der Aschenbrennerstraße (v. l.). Foto: js

Hasenbergl · Der Tauschbuchladen Bücherkiste in der Aschenbrennerstraße hat kürzlich damit begonnen, auch die Insassen der Justizvollzugsanstalt (JVA) Stadelheim mit Lesestoff zu versorgen. Der Grund: Seit Jahren verzeichnet die Einrichtung einen Überschuss an Büchern. Die Idee, diese an die Bibliothek der Haftanstalt zu spenden, stammt von Manuela Ikwoazum. Die Anwohnerin aus dem Hasenbergl ist seit rund eineinhalb Jahren als Ein-Euro-Jobberin in dem Buchladen tätig. Insgesamt sieben große Umzugskartons mit Büchern haben Mitarbeiter der JVA in den vergangenen Wochen aus dem Hasenbergl abgeholt.

Jedes der gespendeten Werke sei vom Team des Tauschbuchladens sorgsam ausgesucht worden, berichtet Ikwoazum. In die Kisten gepackt habe man zum Beispiel Humoristisches, aber auch Bücher über Philosophie, wie etwa den Klassiker »Sofies Welt« von Jostein Gaarder, Lehrbücher für Fremdsprachen und Spiele für die Mutter-Kind-Abteilung, in der weibliche Häftlinge mit ihren bis zu drei Jahre alten Kindern gemeinsam untergebracht sind, erzählt Lydia Eisner, Anwohnerin aus dem Harthof, die ebenfalls im Tauschbuchladen arbeitet. Sogar eine Goethe-Sammlung habe man beigefügt, sagt Ikwoazum. Darauf habe ihre Kollegin Monika Stucky, die in Milbertshofen lebt, bestanden: »Sie hat gesagt, das tut den Gefangenen gut.« Gelesen wird in der JVA viel und gerne. Insgesamt gebe es in Stadelheim jährlich mehr als 26.000 Bücherausleihen bei rund 1.400 Insassen, berichtet Ludwig Sedlmair, Beamter für Schulbetreuung und Sport, der die Bibliothek der Haftanstalt leitet. Besonders beliebt seien Bücher aus der Reihe »Harry Potter«, »Herr der Ringe« und »Der kleine Hobbit«. Aber auch Sachbücher gehören zur Lektüre der Insassen. Eines der meistgelesenen Bücher des vergangenen Jahres sei das Werk »Soziologie – Menschenkenntnis, Mimik, Körpersprache, Verhalten« gewesen.

Insgesamt umfasst die Gefängnisbibliothek 32.000 Titel, die meisten davon stammen aus Spenden. Das Angebot des Tauschbuchladens, überschüssige Bücher zur Verfügung zu stellen, sei daher sehr erwünscht gewesen, sagt Sedlmair: »Besonders erfreulich ist, dass die Exemplare in einem hervorragenden Zustand sind.« Grundsätzlich nehme er aber jedes Buch gerne an. Verboten seien in der JVA nur Werke über Chemie und Physik. Vor rund zehn Jahren habe es nämlich einmal einen Vorfall gegeben, bei dem ein Gefangener versucht habe, eine Brandbombe zu basteln. Danach seien aus der Bibliothek als Vorsichtsmaßnahme alle Bücher über diese Naturwissenschaften entfernt worden. Davon abgesehen dürften die Häftlinge aber lesen, was, so oft und wann sie wollen. Die vorhandenen Titel sind in einem Katalog aufgelistet, aus dem Bücher bestellt und mit in die Zellen genommen werden können. »Meistens gehen die Insassen sehr pfleglich damit um«, lobt Sedlmair. Allerdings seien Taschenbücher wegen der häufigen Benutzung schnell abgegriffen. Daher bevorzuge er fest gebundene Exemplare.

Initiiert hat Manuela Ikwoazum die Bücherspende, nachdem ein Bekannter von ihr kurzzeitig in Haft musste: »Er hat mich darum gebeten, ihm ein paar Bücher und Rätselhefte mitzubringen.« Dies habe sie dazu inspiriert, eine regelmäßige Belieferung der JVA-Bibliothek vorzuschlagen. In erster Linie dient der Tauschbuchladen zwar den Anwohnern. Diese können dort Bücher, die sie nicht mehr brauchen, abgeben, und im Gegenzug dafür kostenfrei Werke aus dem 6.000 Titel zählenden Bestand der Einrichtung mitnehmen. Jedoch würden stets mehr Bücher gebracht als geholt, erklärt Daniela Kurz, Sprecherin der Diakonie Hasenbergl, die den Tauschbuchladen betreibt. Deshalb verschenkt die Einrichtung immer wieder Exemplare an Institutionen oder gemeinnützige Organisationen, meist aus der näheren Umgebung. Im vergangenen Jahr etwa hat der Tauschbuchladen die Bibliothek der Mittelschule an der Eduard-Spranger-Straße bestückt. Regelmäßig beliefert werden auch das Seniorenheim des AWO-Dorfs Hasenbergl in der Stösserstraße und das Stadtteilcafe in der Wintersteinstraße.

Anwohner, die Bücher bringen oder mitnehmen möchten, können den Tauschbuchladen montags, dientags und freitags von 10 bis 18 Uhr besuchen, am Mittwoch hat die Einrichtung von 10 bis 14 und und am Donnerstag von 10 bis 11.30 sowie von 13 bis 18 Uhr geöffnet.

Julia Stark

Artikel vom 18.02.2014
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