Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern beobachtet einen Trend hin zu mehr Streitfällen

»Die Versicherungen sind prinzipiell nicht freigiebig«

Sascha Straub: »Die Versicherungen prüfen gerade bei hohen Schäden sehr genau, ob sie zahlen müssen.«	 Foto: Hö

Sascha Straub: »Die Versicherungen prüfen gerade bei hohen Schäden sehr genau, ob sie zahlen müssen.« Foto: Hö

München · Ein Schadensfall ist meist für alle Beteiligten ein großes Ärgernis. Der Geschädigte muss sich mit den Schadensansprüchen auseinandersetzen, der Verursacher hat ein schlechtes Gewissen und dann ist da ja auch noch die Versicherung im Spiel.

Im günstigsten Fall zahlt diese bereitwillig und ohne Murren innerhalb weniger Wochen und alle sind wieder glücklich. Doch es kann auch anders kommen: Immer häufiger werden Fälle bekannt, in denen die Kunden Monate oder gar Jahre auf die Zahlung der Versicherung warten mussten. Anne-Laura Höcherl sprach mit Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern über Probleme mit der Versicherung und über Schadensberatung.

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Herr Straub, immer öfter berichten Verbraucher von Streitigkeiten mit ihren Versicherungen. Aus eigener Erfahrung kann ich das jedoch nicht bestätigen. Vor kurzem war ich in einen Autounfall verwickelt und habe keine zwei Wochen später die Schadenssumme von der Versicherung des Unfallverursachers erstattet bekommen. Ist es üblich, dass die Abwicklung so reibungslos funktioniert?

Sascha Straub: Das ist schwer zu sagen. Grundsätzlich schauen Versicherungen natürlich erstmal darauf, ob sie leisten müssen, und wenn ja, in welcher Höhe. Versicherungen sind in ihren Leistungen prinzipiell nicht freigibig, da sie auch die anderen Versicherten schützen müssen, die mit ihren Beiträgen den Schaden finanzieren. Dennoch sind sie natürlich an die Vertragsbedingungen gebunden.

Das Vorurteil, dass manche Versicherungen eher ungerne­ ­zahlen ...

Sascha Straub: ...das stimmt natürlich schon. Wenn eine Versicherung gerne zahlt, kann es passieren, dass sie bald pleite geht. Somit prüft sie erstmal, ob tatsächlich Zahlungspflicht besteht oder der Versicherte eventuell ein Mitverschulden trägt, das die Leistung der Versicherung mindert. Die Versicherung muss also individuell prüfen, in welcher Art und Weise sie zu einer Zahlung verpflichtet ist.

Gibt es Versicherungssparten, in denen bereitwilliger gezahlt wird? Oder hängt es vor allem von der Schadenssumme ab?

Sascha Straub: Die Summe ist natürlich sehr ausschlaggebend. Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung etwa geht es um viele, viele Hundertausende Euro. Da schauen die Versicherungen natürlich genauer hin und so kann es in diesem Bereich zu viel längeren Prüfungszeiträumen kommen. Hier sind die Versicherungen keineswegs sofort zahlungsbereit, sondern prüfen gerade bei hohen Schäden sehr genau, ob sie zahlen müssen oder nicht.

Können Sie dieses Prüfverfahren etwas näher erläutern?

Sascha Straub: Gerade bei der Berufsunfähigkeitsversicherung prüfen die Versicherungen ihre Zahlungspflicht sehr genau: Welche Angaben hat der Versicherungsnehmer bei Vertragsabschluss angegeben? Wurden vielleicht Falschangaben zum Gesundheitsstatus gemacht? Wie schwerwiegend ist die Beeinträchtigung des Versicherten tatsächlich? Muss gegebenenfalls noch ein ärztliches Gutachten eingefordert werden?

Was kann der Versicherte im Schadensfall für einen reibungslosen Ablauf tun?

Sascha Straub: Wichtig ist vor allem, den Schaden schnell zu melden. Außerdem sollte einem der Schadenverlauf klar sein, um so der Versicherung konkret schildern zu können, was ­genau passiert ist. Wichtig ist auch, der sogenannten Schadensminderungspflicht nachzukommen. Haben Sie zum Beispiel einen Wasserschaden, dann besteht die Pflicht, das Wasser im Haus abzudrehen und so weiteren Schäden vorzubeugen.

Fungieren Sie auch als Ansprechstelle, wenn es zu Problemen kommt, etwa wenn die Versicherung nicht bereit ist, zu zahlen?

Sascha Straub: Nein, aktuell haben wir noch kein Angebot zur Schadensfallberatung. Die Beantwortung der Streitfragen mit der Versicherung ist rein juristischer Natur und bedarf eines Anwalts. Der Trend geht jedoch vermehrt dahin, dass es immer öfter zu Streitfällen mit Versicherungen kommt. Wir werden dieses Phänomen weiterhin beobachten und darauf gegebenenfalls durch die Einführung einer Schadensfallberatung reagieren.

Es gibt also keine ­öffentliche In­stanz, an die ich mich im Streitfall wenden kann?

Sascha Straub: Bisher nur sehr sporadisch. Die Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen bietet etwa eine Schadensfallberatung an, die Verbraucherzentrale Bayern hat dieses Angebot allerdings noch nicht. Es gibt jedoch Schlichtungsstellen, an die man sich bei Streitfragen kostenlos wenden kann. Dort wird geprüft, ob die Versicherung im Recht steht. Im Zweifelsfall muss jedoch vor Gericht geklärt werden, ob Versicherungsanspruch besteht. Gerade bei hohen Summen werden die Versicherungen natürlich alles tun, um nicht zahlen zu müssen.

Wann lohnt sich der Gang zum Anwalt?

Sascha Straub: Wenn es um hohe Schadenssummen, schwierige Fallkonstellationen oder ein mögliches Mitverschulden geht, sollte ein spezialisierter Anwalt hinzugezogen werden. Bei Streit um Leistungen der Berufsunfähigkeits- oder privaten Krankenversicherung ist dies regelmäßig der Fall.

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Artikel vom 22.01.2014
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