Ein Rückblick voller Weitsicht

Haar · Goldene Ehrennadeln für Leitungsquartett der Haarer Afrika-Partnerschaft

Pfarrer Markus Bittner, Jochen Döring, Gabriele Müller, Helga Döring, Helmut Dworzak, Klaus Rückert, Hans Stießberger, Gerlinde Rückert und Pfarrer Alfred Kauth (von links nach rechts).	Foto: Gemeinde Haar

Pfarrer Markus Bittner, Jochen Döring, Gabriele Müller, Helga Döring, Helmut Dworzak, Klaus Rückert, Hans Stießberger, Gerlinde Rückert und Pfarrer Alfred Kauth (von links nach rechts). Foto: Gemeinde Haar

Haar · Man schrieb das Jahr 1993, als Haars Bürgermeister Helmut Dworzak seine erste Neujahrsansprache hielt – und zwar genau in derselben Örtlichkeit, in der er nun auch seine letzte hielt. Und auch sonst gab es Parallelen zu der Zeit vor 21 Jahren.

Überraschende Parallelen Es ist in Haar bereits gute jahrzehntelange Tradition, dass die politische zusammen mit den kirchlichen Gemeinden zum Neujahrsempfang lädt. In diesem Jahr war die evangelische Jesuskirche Gastgeber – und selbst der Vorraum des Gemeindehauses war dicht gedrängt gefüllt, als Helmut Dworzak seinen persönlich letzten Neujahrsempfang als Haarer Bürgermeister begann. Es wurde ein herzlicher, teilweise anrührender Empfang mit kritischen Bemerkungen und Fakten aber auch nicht zu wenigen spontanen Lachern.

Alfred Krauth, eigentlich Pfarrer im Ruhestand und derzeit als Vakanzvertretung in der evangelischen Pfarrgemeinde in Haar, formulierte angesichts der derzeitigen Flüchtlingssituation seinen »hoffnungslosen Traum«, dass kein Mensch mehr woanders als in seiner Heimat ein Unterkommen suchen muss. Bewegende Worte angesichts der Tatsache, dass nur wenige Meter entfernt Asylbewerber in Containern auf dem Pfarrgelände untergebracht sind. Bürgermeister Dworzak dankte der Kirche für die Aufnahme der geflüchteten Familien und seinen Bürgern, die so menschlich mit der Situation umgegangen sind. Er zeigte sich auch dahingehende optimistisch, dass Haar noch einmal so viele Flüchtlinge aufnehmen muss. Angesichts der Reaktion der Haarer hat der Bürgermeister da keine Bedenken.

Ansonsten konnte Dworzak an seinem 21. Neujahrsempfang eine Art Déjà-vu erle-ben. Nicht nur, dass seine erste Rede am gleichen Ort stattfand, auch die Themen waren 1993 äußerst ähnlich: Die finanzielle Lage der Gemeinde beschrieb er vor über zwei Jahrzehnten bei starkem Bevölkerungswachstum als angespannt. Wün-schenswerte Projekte konnten nicht angepackt werden. »Schadet es uns, wenn wir etwas kürzer treten müssen?«, hatte der frisch gekürte Rathauschef damals gefragt.

Der Rückblick, zu dem Helmut Dworzak nun 21 Jahre später die Zuhörer einlud, bewies das Gegenteil. Immer wieder spannte der Bürgermeister einen weiten Bogen zwischen den Problemen aber auch Erfolgen der letzten beiden Jahrzehnte, brachte mit seinen Erinnerungen – wie etwa der großen Sorgen, die man angesichts des ersten Flohmarktes beziehungsweise Open-Air-Konzertes im Ortes hatte – den Saal zum Lachen.

Es wurde viel Neues geschaffen, viele Ziele erreicht, aber nicht jede Veränderung empfindet Dworzak positiv: Die Bürokratisierung sei engstirniger geworden, kaum jemand traut sich in den Behörden noch eigene Entscheidungen zu fällen. Völlig entgegengerichtet ist dabei die Beschleunigung des Alltags und des Arbeitslebens. or allem die damit einhergehende Veränderung im Umgangston sieht der Bürgermeister kritisch. Am stärksten appellierte der Rathauschef jedoch an die künftigen Kommunalpolitiker, nicht die langfristige Ausrichtung und grundsätzlichen Überlegungen zugunsten kurzsichtiger Projekte in der Politik aus den Augen zu verlieren, so Dworzak.

Goldene Ehrennadeln für Ehepaare

Als Kontrapunkt zu dieser Entwicklung durfte Helmut Dworzak noch vier Personen ehren, die ohne Geltungsbedürfnis seit vielen Jahren am sozialen Netz der Gemeinde knüpfen, die Brücken bauen zwischen den Menschen und im Speziellen zwischen Haar und Afrika. Die Goldene Ehrennadel der Gemeinde Haar wurde den beiden Ehepaaren Gerlinde und Klaus Rückert und Helga und Jochen Döring verliehen, die diese Auszeichnung mit sichtlicher Rührung angesteckt bekamen. Die vier bilden das Leitungsquartett bei der Partnerschaft der evangelisch-lutherischen Jesuskirche Haar mit Ilembula / Tansania. Bereits seit mehr als 25 Jahren besteht diese partnerschaftliche Beziehung zu der ostafrikanischen Gemeinde, vor über zehn Jahren sind die beiden Ehepaare in die leitenden Rollen geschlüpft. Alle vier sind längst vom »Afrika-Virus« gepackt, sie sind verzaubert von der Herzlichkeit und Fröhlichkeit der Afrikaner, die in einfachsten Verhältnissen leben. Doch aus eigener Kraft können sich die oft bettelarmen und zudem häufig HIV-infizierten Menschen dort nicht helfen.

In Abstimmung mit der dortigen Frauengruppe koordinieren die Ehepaare und der dazugehörige Freundeskreis, welche Hilfsgüter in Haar gesammelt werden müssen. Wie beeindruckend groß die Hilfe bereits war, zeigte sich in der Dankesrede der vier Geehrten: Die Aufzählung der Spender und Spendengüter war ein eindrucksvoller Spiegel dafür, was in dieser Partnerschaft schon alles geleistet wurde. »Menschen wie Rückerts und Dörings verschließen nicht den Blick vor dem Leide anderer Nationen. Sie übernehmen Verantwortung, sie handeln und sorgen so dafür, dass die Ärmsten auf der Welt Hoffnung schöpfen und mutig für eine bessere Zukunft in ihrem Land arbeiten. Für diesen zutiefst humanitären und selbstlosen Einsatz gebührt ihnen Anerkennung, Respekt und unser allerherzlichster Dank«, endete Dworzaks Laudatio, nach der sich der eine oder andere Anwesende verstohlen ein Tränchen aus den Augen wischte.

Artikel vom 20.01.2014
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