Falscher Wechsel als Karrierekiller

Blau zu Rot – sportlicher Tod?

Falsch abgebogen? Ex-Löwe Julian Leist. Foto: A. Wild

Falsch abgebogen? Ex-Löwe Julian Leist. Foto: A. Wild

München/Giesing · Die Zeiten, in denen es ein Gentlemen’s Agreement zwischen dem FC Bayern München und dem TSV 1860 München gab, sich gegenseitig im Nachwuchsbereich keine Spieler abzuwerben, sind seit Jahren vorbei. Heute wildern die finanzkräftigen Bayern angeblich hemmungslos bereits bei den Allerjüngsten in Giesing. Absprachen, das nicht zu tun, gelten als Relikt der Vergangenheit.

Im Nachwuchsleistungszentrum des TSV 1860 München nahm manche Fußballkarriere der jüngeren Zeit ihren erfolgreichen Anfang. Bundesligaprofis wie Fabian Johnson (26), Christian Träsch (26), Peniel Mlapa (22), Sven und Lars Bender (24), Moritz Leitner (21), Julian Baumgartlinger (25), Kevin Volland (21) oder Timo Gebhart (24) stammen aus der Giesinger Talentschmiede. Nicht wenige von ihnen sind Nationalspieler. Beim ungleich größeren FC Bayern sind als bekannteste Namen zuletzt Toni Kroos (23) – er soll als B-Junioren-Spieler für 2,3 Millionen Euro aus Rostock gekauft worden sein –, Thomas Müller (24), David Alaba (21), Mehmet Ekici (23), Diego Contento (23), Holger Badstuber (24), Thomas Kraft (25) und Emre Can (19) aus dem eigenen Nachwuchs hervorgegangen. Beide Münchner Klubs betreiben, aller unterschiedlichen finanziellen Voraussetzungen zum Trotz, erfolgreich Nachwuchsausbildung auf höchstem Level.

So lang die Liste an prominenten Spielern aus München auch ist, ihr gegenüber steht ein Vielfaches an talentierten Nachwuchskickern, die es nicht in eine der ersten beiden Ligen geschafft haben, deren Traum vom Profitum unerfüllt blieb. Nicht immer ist es dabei mangelndes Talent oder gesundheitliches Unglück, das einem Spieler am Ende den erhofften Durchbruch verwehrt. Manchmal kann auch ein Wechsel zum falschen Zeitpunkt zum Hindernis werden. So nahm etwa in der Vergangenheit manche hoffnungsvolle Karriere nach einem Transfer von Blau zu Rot ihr abruptes Ende. Es scheint wie von einem Fluch belegt. Sportlich wurde bislang kaum ein Giesinger Nachwuchsspieler beim Lokalrivalen FC Bayern glücklich. Dafür entpuppte sich die Säbener Straße für manche Jungprofikarriere als Sackgasse.

Michael Kokocinski (heute 28) galt in Giesing einst als großes Defensivtalent, das vor dem Durchbruch zum Profi stand. 2006 folgte der überraschende Wechsel zum FC Bayern II – über Folgestationen bei den Drittligisten Kickers Offenbach und SV Wacker Burghausen landete Kokocinski schließlich in der Regionalliga beim TSV 1860 Rosenheim. Der erhoffte Durchbruch blieb ihm versagt. Manuel Duhnke (heute 26), einst Kapitän der Löwen-Reserve und bei den Junglöwen ausgebildet, war drauf und dran, Zweitligaprofi beim TSV 1860 München zu werden, folgte 2008 jedoch dem finanziellen Werben des FC Bayern II und manövrierte sich mit diesem Schritt in die anschließende Arbeitslosigkeit. Nach einem Umweg über den österreichischen FC Anif/Red Bull Juniors landete er beim Regionalligisten Würzburger Kickers. Nun ist die Regionalliga Bayern beileibe keine schlechte Liga. Aber für einen Spieler mit den fußballerischen Fähigkeiten Duhnkes im Grunde zu wenig. Nicht viel besser erging es dem hochveranlagten Innenverteidiger Julian Leist (heute 25), auch er war Kapitän der Löwen-Reserve. Die Möglichkeit, sich im Giesinger Profiteam durchzubeißen, schlug das Talent aus und wechselte 2010 zum FC Bayern II. Heute spielt Leist bei seinem Heimatverein Stuttgarter Kickers immerhin in der Dritten Liga. Der ganz große Karriereschritt blieb aus.

Dass es anders gehen kann, zeigen beim TSV 1860 München die Beispiele von Dominik Stahl (25) und Christopher Schindler (23), die beide mit Fleiß und großer Beharrlichkeit an ihrem Traum arbeiteten und ihn am Ende realisieren konnten. Auch Tobias Strobl (23), der alle Juniorenmannschaften bei den Junglöwen durchlief, ist mittlerweile der Sprung zum Profispieler bei der TSG 1899 Hoffenheim geglückt.

(as)

Artikel vom 30.12.2013
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