»Let it snow«

Baldham/Vaterstetten · Don Camillo Chor: 1. Preis beim Bayerischen Chorwettbewerb

Immer erfolgreicher, immer in Bewegung: der Don Camillo Chor unter der  Leitung von Matthias Seitz (am Klavier).	Foto: Sybille Föll

Immer erfolgreicher, immer in Bewegung: der Don Camillo Chor unter der Leitung von Matthias Seitz (am Klavier). Foto: Sybille Föll

Baldham/Vaterstetten · Es ist Sonntagabend, der Pfarrsaal Maria Königin in Baldham ist angefüllt mit Stimmen – mit vielen Stimmen. »Let it snow, let it snow« sprechen sie im Takt. Dann beginnen sie das Ganze zu singen. Der Mann am Klavier gibt mit der Hand ein Zeichen und alle verstummen. »Okay, jetzt haben wir schon mehr Leben drin«, sagt er zufrieden. Matthias Seitz probt mit dem Don Camillo Chor – wie jeden Sonntagabend.

Gerade erst haben die Sänger zusammen mit zwei anderen Chören den ersten Preis beim Bayerischen Chorwettbewerb mit 24 von 25 Punkten abgeräumt, da geht es auch schon weiter mit der Vorbereitung auf das Benefizkonzert für UNICEF am 11. Dezember und das Weihnachtsprogramm. Doch von Anspannung keine Spur. Eine der Sängerinnen hat ihr Kind auf dem Schoß, es wird zwischendurch gelacht. »Das ist es, was mir so gut gefällt am Don Camillo Chor: Es ist alles nicht so ernst, aber trotzdem auf einem guten Niveau«, sagt Isabelle Heydner. Die 37-Jährige ist seit der Gründung des Chors 1994 dabei, also stolze 19 Jahre.

Bei Takt 56 geht es jetzt weiter, alle erheben sich von ihren Stühlen. Kaum einer bleibt während des Singens ruhig stehen, alle swingen mit, schaukeln in den Hüften, schnippen mit den Fingern. Mike Senior wird unfreiwillig zum Solisten, weil er an diesem Abend der einzige Tenor ist. Der 38-jährige Brite, der seit vier Jahren in Baldham lebt, ist erst seit rund einem Monat Chormitglied. Als Achtjähriger hatte er im »Choir of St. George‘s Chapel« in Windsor Castle gesungen, eine der Residenzen des englischen Königshauses. Bei den Don Camillos fühlt er sich wohl: »Ich bin mit offenen Armen aufgenommen worden, der Chor ist wie eine große Familie – und ich mag das Repertoire«, sagt er strahlend.

Die Probe ist zu Ende, alle machen sich auf den Weg nach Vaterstetten, wo in einem gemütlichen Restaurant schon die festlich gedeckten Tische warten. Weihnachtsfeier ist angesagt. Nicht nur die 35 Sänger, auch deren Familien und Ehemalige kommen hier zusammen – unter ihnen auch Philipp Bernhard, Gründer des Chors. Drei Jahre leitete er ihn selbst, war noch weitere sieben Jahre aktiv, dann zog er sich zurück, »um anderen das Feld zu überlassen«. Als Schüler hatte er in verschiedenen Chören in der Gemeinde gesungen, 1989 die A-cappella-Gruppe »Pinguin Singers« gegründet. Als ihn der Pfarrgemeinderat von Maria Königin Baldham fragte, ob er – damals Maschinenbaustudent – einen Jugendgottesdienst musikalisch gestalten könnte, trommelte er 17 junge Leute zusammen, studierte einige Lieder mit ihnen ein, eine bunte Mischung aus Gospels, Spirituals und Popsongs. »Das war etwas Außergewöhnliches zu dieser Zeit«, erinnert sich Signe Faber, die wie Isabelle Heydner immer noch dem Chor angehört. Die beiden waren damals am Vaterstettener Gymnasium in einer Jahrgangsstufe. »Das Projekt hat uns allen so viel Spaß gemacht, dass wir beschlossen weiterzumachen«, erzählt sie. Ein Verein wurde gegründet, der lustige Pfarrer aus den italienischen Kult-Filmen »Don Camillo und Peppone« stand Pate bei der Namensgebung. Schon ein Jahr später startete Philipp Bernhard die erste Konzertreihe und ließ eine CD produzieren – die erste von mittlerweile zehn.

Super in Sachen Jazz

Die Baldhamer gehören zu den besten Jazzchören Deutschlands. »Ich finde es super, wie der Chor sich entwickelt hat und dass er auch nach Erfolgen nicht stehen bleibt«, sagt Martin Drope, seit 14 Jahren dabei. Matthias Seitz kann das nur bestätigen: »Die Teilnahme an dem Bayerischen Chorwettbewerb ging von den Mitgliedern aus«, sagt er. Allerdings habe es auch zweifelnde Stimmen gegeben, ob das nicht zu früh sei nach dem Chorleiterwechsel im Frühjahr. Im Juni 2012 hatte der A-cappella-Star Andrea Figallo, der unter anderem dem Pop-Vokalensemble »The Flying Pickets« angehörte, die Nachfolge des langjährigen Chorleiters Florian Helgath übernommen.

Sechster Chorleiter Matthias Seitz

Als er im Januar dieses Jahres als Bass in die A-cappella-Formation »Wise Guys« einstieg, musste er den Posten aus zeitlichen Gründen bald aufgeben. Als sechster Chorleiter in der Geschichte der Formation übernahm Seitz den Platz am Klavier. Der ehemalige »Regensburger Domspatz« lehrt Klavierspiel an der Musikhochschule München und ist als Pianist, Sänger und Arrangeur freiberuflich tätig, unter anderem mit seinem Vokalensemble »StimmBand«. Einige Songs, die der Don Camillo Chor singt, sind Arrangements oder eigene Kompositionen von ihm. »Manche Arrangements stammen auch von Chormitgliedern oder externen Musikern. Sie sind das Wichtigste, weil sie erst den Charakter des Chores ausmachen«, erklärt er. Seine Qualität kann der Don Camillo Chor ab 24. Mai in Weimar beim Deutschen Chorwettbewerb erneut unter Beweis stellen. Danach wird es zum 20. Geburtstag ein großes Jubiläumskonzert in der Münchner Musikhochschule geben.

Sybille Föll

Artikel vom 10.12.2013
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