Flüchtlinge auf der Suche nach Würde

Freimann · Fotoausstellung »Between« in der Mohr-Villa in Freimann

Die Ausstellung zeigt Einzelporträts der jugendlichen Flüchtlinge. 	Foto: VA

Die Ausstellung zeigt Einzelporträts der jugendlichen Flüchtlinge. Foto: VA

Freimann · Bei der Fotoausstellung »Between«, die am Freitag, 6. Dezember, um 19 Uhr in der Mohr-Villa in Freimann (Situlistraße 75, 1. Stock) beginnt, geht es um jugendliche Flüchtlinge auf der Suche nach einem Leben in Würde. Die Fotografien sind von Nanni Schiffl-Deiler und jugendlichen Flüchtlingen.

Immer mehr Kinder und Jugendliche weltweit machen sich auf den Weg und verlassen ihre Eltern und Herkunftsländer auf der Suche nach einem würdevolleren Leben. Während der oft monatelangen Flucht ohne Pass sind sie vielen Gefahren ausgesetzt. In Europa angekommen leben die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in ständiger Unsicherheit, weil ihnen jederzeit die Abschiebung droht. Die Ausstellung zeigt Einzelporträts von Nanni Schiffl-Deiler und Fotografien der Jugendlichen. Texte über die jeweiligen Herkunftsländer und persönliche Zitate der Jugendlichen werden den UN-Menschenrechten gegenübergestellt.

Die Bilder entstanden im Rahmen des »Little Flower Project«, einem fotokünstlerischen Projekt von Schiffl-Deiler für Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebenssituationen. Der Blick durch die Kamera eröffnet ihnen eine neue Art zu sehen und gibt ihnen die Möglichkeit, ihren Alltag bildlich darzustellen. Die Flüchtlingsmädchen halten sich im Vergleich zu den Jungen im Hintergrund. Viele kommen aus Ländern mit patriarchischen Systemen und sind es nicht gewohnt, gleichberechtigt mit Männern aufzutreten. Die Mädchen ließen sich nur schwer davon überzeugen, sich porträtieren zu lassen und so entschloss sich Nanni Schiffl-Deiler sie so zu fotografieren, wie sie momentan leben: unsichtbar. Unterstützt wurde Nanni Schiffl-Deiler vom Ausländerbeirat.

Nanni Schiffl-Deiler wurde in München geboren. Auf ihren ersten Reisen nach Mittelamerika und Asien begann sie zu fotografieren. Ihr fotografischer Mentor war Antonin Kratochvil, bei welchem sie in New York und Italien studiert hat.

Nanni Schiffl-Deiler beschäftigt sich mit gesellschaftskritischen Themen. Sie arbeitet mit den künstlerischen Medien Fotografie, Film, Text und Musik. »Diese Ausstellung mahnt uns, dass Flüchtlinge Menschen sind, die sich bei aller Enttäuschung und Verzweiflung bemühen, ihrem schwer erträglichen Schicksal Ausdruck zu geben.

Die Fotoaufnahmen dieser jugendlichen Flüchtlinge teilen mit, was ihr tägliches Leben bestimmt: viel Leere, viel Unaufgeräumtes, kaum Menschen, manchmal nur als Schatten, immer wieder Straßen, Parkplätze, Gleise, Treppen, ein paar Pflanzen, Bäume, die ein Stück Himmel freilassen, eine Stadt und ein Riesenrad in der Ferne, einmal eine Gitarre, ein Topf Suppe und manches Bild, das Rätsel stellt. Diese Jugendlichen unternehmen keinen Versuch, ein positives Lebensgefühl vorzuspielen. Sich als Mensch nicht aufzugeben, verlangt von diesen Jugendlichen, sich mit Sinnlosigkeit, Ungewissheit und Ängsten auseinander zu setzen. Dazu verhilft die Kamera, die die Fotografin Nanni Schiffl-Deiler diesen jungen Flüchtlingen zur Verfügung gestellt hat. Die Fotos dokumentieren: Wir bleiben Menschen, die wahrnehmen, in welche Situation wir geraten sind, und die ihr Elend und ihre Ohnmacht bewusst erleben.

Flüchtlinge sind unwillkommene Gäste in Europa, gleichgültig, ob es sich um Erwachsene, Kinder oder Jugendliche handelt. Die europäischen Regierungen setzen alle nur erdenklichen Mittel ein, diese Menschen nicht in unsere Länder zu lassen: technische Hochrüstung an den Grenzen, Steigerung der Gefahren bei der Überquerung des Mittelmeeres, unwürdige Behandlung durch die Behörden, Ausschluss von normalem Leben, minimale Existenzbedingungen. So werden nicht nur Erwachsene behandelt, sondern auch Kinder und Jugendliche. Viele von ihnen sind ohne Eltern oder andere Vertrauenspersonen. Dies geschieht, obwohl sämtliche europäische Staaten der Kinderrechtskonvention beigetreten sind und sich verpflichtet haben, allen minderjährigen Flüchtlingen angemessenen Schutz und humanitäre Hilfe zuzusichern.

Die Verantwortlichen begreifen nicht, dass diese Kinder aus anderen Gründen als Erwachsenenflüchtlinge um Schutz suchen: Sie haben keine Zukunft in ihrem Land, sie werden vertrieben, ihre Eltern werden verfolgt, sie hungern, sie werden ausgebeutet, sie wollen Bildung und Ausbildung, sie wollen ihrer Familie und ihrer Gemeinschaft helfen. Stattdessen wird ein Desaster durch ein anderes ersetzt. Ihre Not zählt nicht. ›Ich weiß, was mich erwartet‹, so ein afrikanisches Mädchen in einer Fernsehdokumentation. ›Aber was bleibt mir übrig.‹ Die Ausstellung stärkt alle Menschen, die diese jungen Menschen unterstützen wollen«, so Professor Dr. Lothar Krappmann, UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes (2003-2011).

Die Ausstellung kann bis 30. Januar 2014 besichtigt werden. Ausstellungszeiten: Mittwoch bis Freitag, 12 bis 15 Uhr und nach Vereinbarung. In den Weihnachtsferien keine Ausstellungszeiten.

Artikel vom 03.12.2013
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