„Da schau her“ – Albrecht Ackerland über die Kenntnis Münchens

Thema der Woche: Elektromobilität

München · Neulich fand ich mich im Brunnenhof der Residenz wieder. Das ist so ein Münchner Ort, mitten in der Stadt, den der Münchner kaum in seinen Alltag einbaut, was wirklich schade ist, denn die Höfe der Residenz sind schön. Wenn es einen dann zum ersten Mal dorthin verschlägt, obwohl man womöglich schon lange Jahre in dieser Stadt wohnt, dann ist sofort eine Art Urlaubsgefühl da.

Das mag auch an den Touristen liegen, die an diesem Platz ausschließlich in Gruppen auftreten und für ein internationales Flair sorgen. In meinem Fall sorgte eine solche Gruppe aber auch für einen ganz eigenwilligen Umgang mit dem Jahrhunderte alten Erbe der Wittelsbacher. Sie fielen um, einer nach dem anderen. Das mag vielleicht auch an der erschlagenden Mächtigkeit der Brunnenhofarchitektur gelegen haben. Zumindest vordergründig waren elektrisch betriebene Sackkarren schuld, auf deren Ladefläche man sich stellt, und deren Antrieb seine Geschwindigkeit steigert, je weiter man sich nach vorne lehnt. Und mit denen Touristen die Stadt erkunden können. Der Erfinder dieser sogenannten »Segways« stürzte vor ein paar Jahren mit einer weiterentwickelten Form seiner Touristen-Sackkarren einen Abhang hinab.

Ich war noch nie so froh, dass die Münchner Residenz keine Schluchten und Steilküsten besitzt. Denn offenbar erfordern diese Dinger eine solche Konzentration, um sie zu bändigen, dass für eine Sehenswürdigkeit kein Raum mehr bleibt. Ist ja auch nicht weiter schlimm, dafür gibt es Fotos und Postkarten. Für die Menschheit wichtiger ist ja wohl weniger die Kenntnis Münchens als die gereifte Fähigkeit mit den neuen Formen der Elektromobilität umzugehen. Damit werden Ludwig I. und seine Vor- und Nachfahren wohl klarkommen müssen, dass sich die Menschheitsgeschichte für diesen Entwicklungsschritt nun offenbar den Brunnenhof der Residenz ausgesucht hat.

Artikel vom 10.10.2013
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