Marienplatz tabu

KVR verbannt Rikschas – ist das das Aus für die Radltaxis?

Rikschafahrerin Sarah fühlt sich am neuen Standort nicht sicher. Die Straße sei »viel zu eng«, Busse würden sich »vorbeiquetschen«.	Foto: scy

Rikschafahrerin Sarah fühlt sich am neuen Standort nicht sicher. Die Straße sei »viel zu eng«, Busse würden sich »vorbeiquetschen«. Foto: scy

Altstadt · Sarah ist Rikschafahrerin, sie mag ihren Job. Den neuen Standort an der Straße zum Rindermarkt mag sie nicht. Auch Paul geht es so. Und Daniel. Und David. Sie alle wollen wieder zurück zum Marienplatz.

Doch seit Samstag, 10. August, ist der für die Fahrradtaxis tabu. Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) will es so. Wilfried Blume-Beyerle spricht von einer »Verstopfung« durch die Rikschas, eine Lösung habe es dringend gebraucht. »Die Leute kamen doch am Marienplatz kaum mehr durch. Und gefährlich war es außerdem«, so der KVR-Chef. Er spricht von einer »geringfügigen räumlichen Veränderung«. Für die Rikschafahrer ist diese Veränderung jedoch alles andere als eine Kleinigkeit.

»Vielleicht wollen die uns bald ganz raus haben aus der Innenstadt«, befürchtet beispielsweise Sebastian. Keine Frage, die Stimmung zwischen beiden Parteien ist nicht die Beste. Dass sie sich nicht vertreiben lassen wollen, machten rund 20 Rikschafahrer jüngst besonders deutlich: Sie demonstrierten kürzlich vor dem KVR an der Ruppertstraße. Dennoch, so Rikscha-Sprecher Dominic Staat, gehe es nicht darum, die Fronten weiter zu verhärten. »Wir suchen das Gespräch mit dem KVR«, so der Chef des Unternehmens Pedalhelden. Staat hätte sich gewünscht, dass auch das KVR mehr Initiative zum Dialog ergreift, und zwar rechtzeitig. »Es ist sehr bedauerlich, dass wir in die Entscheidung, den Standort zu verlegen, nicht eingebunden waren«, sagt er und macht weiterhin deutlich: »Wir brauchen den Marienplatz.« Doch das KVR bleibt bei seinem Entschluss. Eine bereits von Staat vorgetragene Kompromisslösung, am Marienplatz vier markierte Stellplätze für Fahrradtaxis einzurichten, wurde bisher abgelehnt.

»Hier sieht uns doch keiner«, klagt Rikschafahrer Sebastian. Man sei nun völlig versteckt neben den Hugendubel-Arkaden. »Früher waren wir einfach präsent, man hat uns gesehen und sich spontan zu einer Fahrt entschlossen«, berichtet Paul. »Doch wenn die Leute erst gar nicht auf uns aufmerksam werden, wie sollen sie dann überhaupt auf die Idee kommen, sich eine Rikscha zu nehmen.«

Bereits nach einer Woche am neuen Standort ließe sich, so Paul, sagen: »Das Geschäft läuft viel zäher als sonst, die Wartezeiten sind viel länger geworden.« Deshalb versucht er, wenn es nur geht, den Marienplatz zu meiden und lieber im Englischen Garten seine Kundschaft zu rekrutieren. Auch andere Kollegen würden sich neue Orte suchen. »Manche stehen jetzt am Stachus, da war früher niemand«, sagt Paul. Einige fahren auch einfach auf der Höhe Marienplatz mehrmals hin und her und versuchen im Schritttempo Kunden anzuwerben, so wie gerade ein besonders braun gebrannter Kollege in Sichtweite. »Kann ja dann niemand sagen, dass der dort steht«, erklärt Paul. Wer doch erwischt wird, muss mit 25 Euro Verwarnungsgeld rechnen, die Polizei macht regelmäßig ihre Runden.

Sarah, die seit der neuen Regelung ebenfalls weniger Kundschaft hat, sieht den Umsatzrückgang jedoch nicht als das einzige Problem. Sie beklagt, dass es am neuen Standort viel zu eng sei, die Busse würden sich regelrecht vorbeiquetschen müssen.
»So richtig sicher fühle ich mich hier nicht«, sagt sie. Das geht auch ihrer Kollegin Hanna so, die aber zugibt, nicht besonders überrascht zu sein von der Entscheidung des KVR. »Wenn man ehrlich ist, wir sind schon auch selbst schuld. Es war klar, dass es früher oder später so kommt, zuletzt war der Marienplatz von uns regelrecht zugepflastert.«

Kein Wunder, dass es immer wieder zu Gedränge kommt, gerade an beliebten Plätzen: Stadtweit sind geschätzt rund 160 Fahrer unterwegs.

Auch das Oktoberfest ist für die Rikschafahrer ein Magnet. Und die nächste Sorge des KVR. Auch hier sollen den Radl-Taxis, von denen sich in Spitzenzeiten gut 100 rund um die Wiesn tummeln, neue Standplätze zugewiesen bekommen. Wo genau, ist noch nicht geklärt. Bisher war ein zentraler Punkt an der Sankt-Pauls-Kirche. »Wir sind noch in der Abstimmung«, sagt Blume-Beyerle. Doch die Devise sei auch die, die bereits für den Marienplatz ausgegeben wurde: »Wir müssen diese Masse an Fahrzeugen in geordnete Bahnen lenken.« Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 20.08.2013
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