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Schwanthalerhöhe · Betreuungsplätze knapp: Sozialbürgerhaus sucht Tageseltern

Julia Stark und ihre Tochter Linda: Momentan ist die Kleine in Sachen Betreuung gut abgesichert – aber wie sieht das im kommenden Jahr aus?	Foto: privat

Julia Stark und ihre Tochter Linda: Momentan ist die Kleine in Sachen Betreuung gut abgesichert – aber wie sieht das im kommenden Jahr aus? Foto: privat

Schwanthalerhöhe · Seit Anfang August dieses Jahres besteht auch für Kinder unter drei Jahren ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz.

Das Sozialbürgerhaus München Mitte in der Schwanthalerstraße hat nun einen Aufruf herausgegeben, dass dringend Tageseltern gesucht werden. Laut Andreas Danassy, Sprecher des Sozialreferats, gibt es für die Sozialregion Mitte, zu der auch die Stadtbezirke Altstadt-Lehel, Isarvorstadt-Ludwigsvorstadt und die Maxvorstadt gehören, zurzeit rund 100 Tagesmütter. Doch der Bedarf ist deutlich höher.

Wie sieht denn nun die Realität in einer Familie mit Kleinkind aus? Unsere freie Mitarbeiterin in der Redaktion der Münchner Wochenanzeiger, Julia Stark, ist als junge Mutter selbst betroffen. Hier schreibt sie, wie sie die Situation erlebt: In etwa einem Jahr werden wahrscheinlich auch mein Mann und ich von dem Problem betroffen sein. Unsere Tochter Linda hat vor Kurzem ihren ersten Geburtstag gefeiert. Schon im vergangenen Herbst haben wir sie in sechs städtischen Krippen angemeldet. Einen Platz bekommen haben wir nicht.

Immerhin haben wir das Glück, dass mein Mann für zwei Jahre in Elternteilzeit gehen konnte. Wir sind beide weiterhin berufstätig und wechseln uns mit der Betreuung unserer Tochter ab. Der Regelfall ist dieses Modell aber nicht. Meistens stoßen wir auf Verwunderung, wenn wir von unserer gleichberechtigten Aufgabenverteilung erzählen. Was bei Frauen völlig selbstverständlich ist, wird bei Männern anscheinend immer noch nicht akzeptiert. Dass auch Väter zugunsten ihrer Kinder vorübergehend berufliche Einschränkungen hinnehmen, ist nach wie vor eine große Seltenheit. Im Herbst kommenden Jahres, wenn mein Mann wieder Vollzeit arbeitet, ist die gemeinsame Elternzeit aber vorbei. Dann brauchen auch wir einen Betreuungsplatz. Doch nur irgendeinen Betreuungsplatz? »Das Kind wegorganisieren« ist inzwischen ein gängiger Ausdruck im Eltern-Sprachjargon. Das Angebot an Krippenplätzen ist weit unter dem Bedarf, Wahlmöglichkeiten hat man nicht.

Schon deshalb könnte eine Tagesmutter vielleicht eine gute Alternative sein. Meine Freundin Daniela, selbst Mutter einer einjährigen Tochter, wird in wenigen Wochen eine Tätigkeit als Tagesmutter aufnehmen. Sie ist ausgebildete Erzieherin und hat lange in Kinderkrippen gearbeitet. Ihre Wohnung hat sie für ihre neue Stelle eigens umbauen und sogar Kindertoiletten einrichten lassen. Die für sie zuständige Mitarbeiterin im Sozialbürgerhaus sei darüber völlig überrascht gewesen, hat sie mir erzählt. »Sie hat gesagt, hier sieht es ja fast aus wie in einer richtigen Betreuungseinrichtung«, berichtet sie und lacht. Standard ist das allerdings nicht. Wer sich als ­Tagesmutter oder ­Tagesvater bewerben wolle, müsse ausreichend Platz in seiner ­Wohnung zur Verfügung haben. Hygiene und Sauberkeit müssten gewährleitet und ansprechendes Spielzeug vorhanden sein, erklärt Danassy. Genaue Regelungen wie etwa in Betreuungseinrichtungen, für die eine bestimmte Anzahl an Quadratmetern für jedes Kind vorgeschrieben sind, gibt es indes nicht. Ob die Wohnung groß genug sei, liege im Ermessen des jeweiligen Mitarbeiters im Sozialreferat, der den Betreuungsplatz prüfe, sagt Sozialreferatssprecher Frank Boos.

Außerdem müssen die Bewerber vor Aufnahme der Tätigkeit 60 Unterrichtsstunden zum Thema Kinderbetreuung absolvieren. Dazu müssen sie zwei Kurse besuchen, die an insgesamt drei Wochenenden stattfinden. Den praktischen Teil bekommen sie in einer Kindertageseinrichtung vermittelt, in der sie zwei Tage lang mitarbeiten.

Dann erfolgt eine Eignungsprüfung durch eine sozialpädagogische Kraft des Sozialbürgerhauses, und die Tagesmutter kann mit ihrer Arbeit beginnen. Dass die Suche nach Tagesmüttern in Verbindung mit dem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz und dem unzureichenden Angebot an Krippenplätzen in Verbindung steht, verneint Danassy indes vehement. Grund für den Aufruf sei der Bedarf der Eltern, betont er. Jedoch räumt er ein, dass in der Sozialregion München Mitte mehr Betreuungsplätze gebraucht würden als in anderen Stadtteilen.

Ob für uns eine Tagesmutter eine gute Alternative zur Krippe sein könnte, haben mein Mann und ich noch nicht entschieden. Im September werden wir uns erneut in sechs städtischen Einrichtungen anmelden. Sollten wir wieder kein Glück haben, könnte mein Mann vielleicht noch ein drittes Jahr Elternteilzeit nehmen. Und dann wäre unsere Linda groß genug für den Kindergarten. Wer sich als Tagesmutter oder Tagesvater bewerben will, kann sich unter Tel. 23 34 98 00 oder per E-Mail unter der Adresse kinderbetreuung.soz@muenchen.de beim Sozialbürgerhaus München Mitte melden.

Artikel vom 13.08.2013
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