Nach 116 Jahren: Kapuzinerorden verlässt Maxvorstadt

Maxvorstadt · Mönche »lassen los«

Nehmen schweren Herzens Abschied von Sankt Joseph: Kaplan Sunil Kachapally (l.) und Bruder Marinus Parzinger. 	Foto: scy

Nehmen schweren Herzens Abschied von Sankt Joseph: Kaplan Sunil Kachapally (l.) und Bruder Marinus Parzinger. Foto: scy

Maxvorstadt · Bagger, Bauzäune, Bauarbeiter – am Josephsplatz ist die einstige Idylle erstmal dahin. Und während zig Anwohner noch mit diesen unliebsamen Veränderungen zu kämpfen haben, steht schon der nächste Einschnitt an.

Die Brüder des Kapuzinerordens, in Sankt Joseph beheimatet, verlassen zum 1. September die Maxvorstadt und geben die Leitung der Pfarrei an die Erzdiözese zurück. Das dort befindliche Kloster an der Tengstraße, das 116 Jahre lang die Wirkstätte der Ordensgemeinschaft gewesen ist, soll abgerissen werden. Noch ist nicht klar, was mit dem Grundstück dann geschehen wird.

Es ist beileibe kein Abschied, der leicht fällt, weder für die Gemeinde noch für die Ordensbrüder. »Doch die reichliche Arbeit, die noch zu erledigen ist, drängt die aufkommenden Gefühle momentan noch zurück«, sagt Marinus Parzinger, der seit 2009 der Pfarrer von Sankt Joseph ist. Kaplan Sunil bestätigt: »Ja, es gibt jede Menge zu tun. Doch immer häufiger spüre ich, wie schmerzhaft es sein wird, von hier wegzugehen.« Der fehlende Nachwuchs lässt den Kapuzinern keine andere Wahl. Momentan sind es lediglich drei Ordensbrüder, die den Betrieb aufrechterhalten, abgesehen von den Fachkräften im Pfarrbüro und den ehrenamtlich Engagierten. »So sehr alle mithelfen, dennoch ist an der Wahrheit kein Vorbeikommen. Wir können dieses Kloster einfach nicht mehr halten«, berichtet Bruder Marinus.

»Wir stehen vor dem entscheidenden Schritt, loszulassen. Und wer das wagt, wird neben dem Schmerz des Abschieds auch die Freude des Anfangs spüren.« Die Veränderung könne auch als Chance verstanden werden. Als neuer Pfarrer kommt Markus Gottswinter, der außerdem auch Sankt Ludwig leiten wird. »Das ist eine gute Entscheidung. Bei ihm weiß ich unsere Pfarrei in guten Händen«, so Bruder Marinus. Radikale Neuerungen müssten die Gemeindemitglieder nicht befürchten. An der Zahl der Gottesdienste etwa werde sich nichts ändern. Auch längst Etabliertes werde beibehalten, wie beispielsweise die Kooperation mit der polnischsprachigen Gemeinde. »Aber natürlich wird der neue Pfarrer auch seinen eigenen Stempel aufdrücken, weil er nun mal eine andere Persönlichkeit ist als ich es bin«, so Parzinger weiter. Bisher konnten die Gemeindemitglieder jederzeit an der Pforte klopfen und in der Regel wurde ihnen aufgetan. Manche wollten sich einfach ihren Kummer von der Seele reden, besonders Bedürftige durften auf Lebensmittel hoffen, etwa aus dem klostereigenen Garten.

Die häufigste Frage, die Bruder Marinus in den vergangenen Wochen gestellt wurde, lautete »Wo kommen Sie denn hin?« Inzwischen ist klar: Der Seelsorger wird ins Kloster Sankt Anton in der Isarvorstadt übersiedeln. ­Seine Tätigkeit dort hat dann vor allem mit der Verwaltung der deutschen Kapuzinerklöster zu tun. Was an Parzingers neuer Funktion liegt: Im Juni wählten ihn 90 Kapuziner zum Provinzial des Kapuzinerordens in Deutschland. Ein Mitbruder aus Sankt Joseph, Pater Othmar, wird ihm nach Sankt Anton folgen.

Wohin es Kaplan Sunil verschlägt, steht hingegen noch nicht fest. Doch mit dieser Ungewissheit könne er ohne Probleme umgehen. »Die Versetzung an einen anderen Ort gehört für einen Kapuziner ganz selbstverständlich dazu, damit muss man einfach rechnen«, so Kaplan Sunil. »Ich habe Vertrauen, dass ich wieder an einen Ort komme, an dem ich mich ebenso wohl fühlen werde wie hier.« Abschied von der Gemeinde haben die Ordensbrüder bereits vor gut einer Woche gefeiert, Erzbischof Reinhard Marx kam zum Dankgottesdienst. Eine Ausstellung, die noch in den nächsten Wochen in der Pfarrkirche zu sehen sein wird, stellt die Anfänge der Kapuziner in München dar: um das Jahr 1600 herum und deren Geschichte bis zum heutigen Tage, insbesondere das Wirken der unterschiedlichen Ordensbrüder in Sankt Joseph.

»Der dankbare Blick zurück möge helfen, das gelegte Fundament wertzuschätzen und die Aufgabe anzunehmen, darauf weiterzubauen.«, so Bruder Marinus und fügt an: »Denn auch wenn die Kapuziner gehen, Sankt Joseph bleibt.« Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 30.07.2013
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