1860-Fußballabteilungsleiter Robert Reisinger tritt zurück

„Bin künftig nur noch als Fan dabei“

Ex-Abteilungsleiter Robert Reisinger. Foto: A. Wild

Ex-Abteilungsleiter Robert Reisinger. Foto: A. Wild

München/Giesing · Die Münchner Wochenanzeiger sprachen mit dem Fußballabteilungsleiter des TSV München von 1860 e.V., Robert Reisinger, der vergangene Woche, nach insgesamt vier Jahren im Amt, überraschend seinen Rücktritt vom Ehrenamt erklärt hat.

Herr Reisinger, Sie haben ihr Ehrenamt als Fußballabteilungsleiter durch Rücktritt niedergelegt. Warum dieser Schritt?

Mir ist es auf Sicht schlicht nicht mehr möglich, die in der Vergangenheit aufgewendete Zeit weiter aufzubringen. Weil ich Dinge gerne ganz oder gar nicht mache und viele Aufgaben anstehen, ist es besser, wenn ein geeigneter Nachfolger sich kümmert. Ich bedauere das, denn ich hab mein Amt meistens gerne ausgeübt. Es war mir eine Ehre. Aber manchmal im Leben muss das Ehrenamt eben zurückstehen.

Dass Ihr Rücktritt genau in den Zeitraum fällt, in dem das neue Präsidium gewählt wurde, ist purer Zufall?

Das ist so, ja.

Ihr Stellvertreter in der Abteilung, Erik Altmann, wurde zum Vize-Präsidenten gewählt. Im Anschluss treten Sie noch vor dem Ablauf Ihrer Amtszeit zurück. Das wirft doch Fragen auf?

Sie denken zu kompliziert.

Ihnen wird eine Nähe zum Cousin des Investors Noor Basha nachgesagt. Sie sollen ungehalten über den Umgang im Klub mit ihm gewesen sein und das intern auch hart kritisiert haben?

Mir wurde vom ersten Tag meiner Amtszeit an eine Nähe zu allem Möglichen unterstellt. Für die Presse und Teile der ARGE war ich beispielsweise immer der PRO1860-Mann. Dabei war ich weder vor noch nach meiner Wahl jemals Mitglied bei PRO1860. Das interessiert aber Leute nicht, die unbedingt Schubladen brauchen, um sich die Welt zu erklären. Die schreiben das trotzdem in ihren Blättern oder erzählen es an den Stammtischen, völlig egal, ob es stimmt, die nackten Fakten stören nur. Dieser seltsame Zwang zur Fraktionierung und zum Schwarz-Weiß-Denken fällt mir auf die Nerven. Vielleicht liegt darin auch ein Teil der Probleme begründet, mit denen mein Verein in den letzten zehn Jahren zu kämpfen hatte. Dass es zu selten um Inhalte ging und zu oft darum, wer welcher vermeintlichen Seite angehört. Ich bin jetzt für manche eben seit neuestem der Investoren-Freund. Das kann ich nicht ändern. Darauf habe ich keinen Einfluss. Es ist mir auch egal.

Haben Sie nun den Umgang des Klubs mit Noor Basha kritisiert oder nicht?

Das spielt keine Rolle. Ich habe im Laufe meiner Amtszeit intern vieles kritisiert, war im Verein immer bekannt, als ein Mann direkter Worte. Für manche vielleicht zu direkt (lacht), die konnten damit schlecht umgehen. Nur eines war immer klar, darauf durfte sich jeder verlassen, mit dem ich mich im Laufe der Jahre um einzelne Sachverhalte stritt: Wenn ich meinen persönlichen Standpunkt klargemacht habe, dann konnte es schon mal rumpeln, aber das blieb intern. Ich bin nie zur Presse, um schmutzige Wäsche zu waschen oder taktische Spielchen zu treiben. Dabei bleibt es auch jetzt.

Darf man das als eine Kritik an Ex-Präsident Dieter Schneider verstehen, der nach seinem Rücktritt vom Amt weiter umtriebig war und kaum eine Gelegenheit für publikumswirksame Auftritte ausließ?

Nein. Schneider hat diese Art des Politikmachens ja nicht erfunden. Ich würde es begrüßen, wenn im Verein generell ein Umdenken stattfinden würde, was Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit anbelangt. Dazu bedarf es eines kulturellen Wandels. Mehr will ich dazu gar nicht sagen. Jedenfalls werden Sie mich ganz sicher nicht als Schattenmann herumgeistern sehen. Das hier ist mein letztes Interview und das einzige Wort zu meinem Rücktritt, dann ist Schluss.

Freut mich, dass wir dieses Gespräch führen dürfen.

Betrachten Sie es als Kompliment. Sie haben mich in der Vergangenheit nie reingelegt, sondern die Dinge immer so geschrieben, wie ich sie gesagt hab und verstanden wissen wollte. Das ist manchen Medien zu langweilig. Dort wird solange verkürzt, gemutmaßt und aus dem Zusammenhang gerissen, bis die gewünschte Krawallnote erreicht ist. Darauf habe ich keine Lust.

Wie stehen Sie zum Präsidium um Gerhard Mayrhofer?

Ich persönlich habe es auf der Versammlung gewählt und wünsche ihm eine glückliche Hand für die Löwen.

Sie gelten als Verfechter des Amateurfußballs im e.V., haben gestützt durch einen Mitgliederbeschluss die Gründung zweier Herrenfußballmannschaften herbeigeführt, die nun seit zwei Jahren im Lokalsport auf den Münchner Bezirkssportanlagen aktiv sind. Was wird aus diesem Projekt nach ihrem Rücktritt?

Der Fußballamateursport ist im Verein angekommen und akzeptiert. Ich weiß, dass das amtierende Präsidium hinter den Amateursportlern steht und die handelnden Personen unterstützt. Selbst der Vertreter des Investors, Noor Basha, hat vergangene Saison mehrfach bei Spielen in der A-Klasse vorbeigeschaut und sich für die Amateurkicker begeistern können. Im Wesentlichen hängt das Projekt an Spielleiter Arnold Geißler und Achim Kobahn und dem Trainerteam, die unfassbar viel ehrenamtliche Zeit investieren. Ihr Engagement kann man nicht hoch genug schätzen. Ich werde das als Zuschauer in der Kreisklasse selbstverständlich weiter verfolgen. Aber ich bin künftig eben nur noch als Fan dabei.

Wie geht es in Zukunft mit der Jugendarbeit weiter?

Genau so wie bisher. Das hing nie an mir. Ich habe meinen persönlichen Beitrag geleistet, aber das können andere nach mir auch. Die Friedhöfe sind voller unersetzlicher Männer und Frauen (grinst). Der sogenannte Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Verein und der Profitochter ist ausgearbeitet und liegt zur Unterschrift bei den Verantwortlichen – ein Meilenstein für die Abteilung. Ich habe ein Förderermodell für den Nachwuchsbereich initiiert, die Öffentlichkeitsarbeit für den Nachwuchs professionalisiert, die Satzungsreform unterstützt und den Amateursport in der Abteilung revitalisiert. Amateurfußball gab es nämlich früher schon beim TSV 1860, das ist keine Erfindung von mir. Mit dem von mir Geleisteten muss ich mich nicht verstecken. Mein Dank gilt den Trainern, Betreuern und Mitarbeitern, die mir immer das Gefühl gegeben haben, ein Teil des Ganzen zu sein. Aber ich bin nicht der Vater irgendeines Erfolgs, das war stets Teamarbeit.

Wer wird Ihr Nachfolger?

Das weiß ich nicht, die verbliebene Abteilungsleitung hat ein Vorschlagsrecht und wird sicher jemand Geeigneten präsentieren. Da mische ich mich nicht ein.

Interview: Alfons Seeler

Artikel vom 27.07.2013
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