Von EU-Vorgaben, Stilllegungen, Abriss und Neubauten

Haar · Das Ende der Haarer Brennereien

Die Abrissbagger haben ganze Arbeit geleistet: Sowohl in Salmdorf als auch in Gronsdorf gibtg es keine Brennereien mehr.	Foto: Gemeinde Haar

Die Abrissbagger haben ganze Arbeit geleistet: Sowohl in Salmdorf als auch in Gronsdorf gibtg es keine Brennereien mehr. Foto: Gemeinde Haar

Haar · Sie gehörten gut 100 Jahre ins Bild der kleinen Dörfer rund um die Stadt München. Genauso wie der süßliche Geruch, den sie in der kälteren Jahreszeit verströmten. Doch jetzt verschwinden sie zusehends: die landwirtschaftlichen Genossenschaftsbrennereien.

Der Grund hierfür liegt in der Abschaffung des deutschen Branntweinmonopols. Auch in der Gemeinde Haar wurden zwei der insgesamt drei Brennereien bereits abgerissen. Die Abrissbagger haben ganze Arbeit geleistet: Sowohl in Salmdorf als auch in Gronsdorf gibt es keine Brennereien mehr. Für die Bevölkerung zumindest ein optischer Verlust - besonders in Gronsdorf, wo die Brennerei ortsbildprägenden Charakter hatte. Doch die Häuser hatten ihre Funktion verloren: Das Deutsche Branntweinmonopol endet für die landwirtschaftlichen Verschlussbrennereien am 1. Oktober. So hat es Bundestag und Bundesrat beschlossen. Mit dem Gesetz wird eine Vorgabe der EU umgesetzt. Längst nicht mehr kostendeckend Betroffen sind davon rund 700 solcher Brennereien deutschlandweit – 450.000 andere Kleinbrennereien (Obstgemeinschaftsbrennereien und Abfindungsbrennereien) werden dann bis Ende 2017 vom Ende des Deutschen Branntweinmonopols betroffen sein. Der Bund spart sich damit viel Geld: Die Monopolverwaltung in Offenbach bekam jährlich 80 Millionen Euro Subventionen um den Agraralkohol aus Kartoffeln, Getreide und Obst zu übernehmen und zu verwerten. Denn bereits seit den siebziger Jahren ist der Verkaufspreis des Alkohols nicht mehr kostendeckend und ein Zuschuss nötig.

Trotzdem: Brennereien waren traditionell landwirtschaftliche Nebenbetriebe, die Herstellung des Agraralkohols Teil einer nachhaltigen ökologischen Kreislaufwirtschaft – denn die Schlempe (also das Restprodukt aus dem Brennvorgang) wurde wiederum als Dünger auf die Felder ausgetragen. Die Einnahmen durch den Alkohol haben die Betriebe in ihrer Existenz gesichert und zudem blieben die ökologisch wertvollen Streuobstwiesen deut-schlandweit erhalten. Doch diese Zeiten sind nun vorbei.

Das war nun auch das Todesurteil für die drei Brennereien, die es in Haar gibt – die Genossenschaftsbrennereien in Salmdorf und Gronsdorf sowie die Brennerei im Gutshof des Bezirks Oberbayern (an der Klinik) haben den Betrieb eingestellt.

Während die Brennerei im denkmalgeschützten Ensemble des Gutshofes als Ge-bäude bestehen bleibt, sind die beiden anderen mittlerweile abgerissen worden. Die Neubebauungen der freigewordenen Grundstücke sind teilweise schon beschlossen bzw. Voranfragen positiv vom Bauausschuss beschieden worden: In Salmdorf sollen drei Wohngebäude entstehen. Etwa 35 Wohnungen sind hier, direkt am Riemer Park, von der Brennereigenossenschaft geplant.

Neubau im Stil der alten Brennerei

In Gronsdorf ist das alles noch nicht ganz so fix: Paul Wieser, einer von fünf Genossenschaftern der Brennerei, würde gerne die Lücke im Gronsdorfer Ortsbild wieder schließen. Und zwar mit zwei langgezogenen rechtwinklig angeordneten Gebäuden, die sich zum einen in die landwirtschaftliche Struktur des Dorfbildes eingliedert und zum anderen auch eine kleine Hommage an das abgerissene Gebäude sein sollen. »Ich möchte stilistische Mittel von der alten Brennerei übernehmen«, so Wieser. Das sind zum Beispiel die Klinkerfassade oder auch die großen Fensteröffnungen, die man von der alten Brennerei kennt. Natürlich sei es jetzt schon klar, dass man an die Erscheinung der 100 Jahre alten Brennerei nicht rankommen kann, betont Wieser. Ein 08/15-Bau wird es jedoch nicht. Das Interesse an den Gebäuden – die zum Teil gewerblich, zum Teil zum Wohnen genutzt werden sollen – ist jetzt schon groß, wie Paul Wieser berichtet. So gibt es schon Anfragen von Ärzten und Kindertagesstätten, die sich gerne in dieser Ecke Gronsdorfs ansiedeln würden. Bislang wurde jedoch vom Bauausschuss erst die Bauvoranfrage abgesegnet. Ab jetzt geht’s ins Detail.

Artikel vom 22.07.2013
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