Ehemalige Mitarbeiter erinnern sich an Ludwig Bölkow

Ottobrunn · Auch im sozialen Bereich seiner Zeit voraus

Ottobrunn · Am 30. Juni 2012 jährte sich der Geburtstag von Ludwig Bölkow zum 100. Mal, am 25. Juli jährt sich sein 10. Todestag. Bölkow war nicht nur im technischen Denken seiner Zeit voraus, auch im sozialen Bereich ging er neue innovative Wege. Das Wohl seiner Mitarbeiter stand für ihn an oberster Stelle. In den folgenden Beiträgen erinnern Maren Heinzerling und Konrad Stopp, zwei ehemalige Mitarbeiter Bölkows, an Innovationen und die sozialen Errungenschaften, die sich mit dem Namen Bölkow verbinden.

Realistischer Sozialist

Bereits Mitte der 60iger Jahre brachte Ludwig Bölkow soziale Leistungen auf den Weg, die damals in ihrer Ausgestaltung neuartig waren. Er war nicht nur eine unternehmerisch-technisch geprägte Persönlichkeit, sondern nach eigener Aussage ein »realistischer Sozialist«. Genau so erlebte ich ihn.

Bölkow wusste, was er wollte und setzte dies im Unternehmen durch, dabei war er aufgeschlossen für konstruktiven Widerspruch.

Mitte der 60iger Jahre konnten folgende Projekte nach Bölkows Vorgaben realisiert werden:

Urlaubsgeld Es wurde ein Urlaubsgeld auf den Weg gebracht, das schwerpunktmäßig denen zu Gute kam, die sich bisher keine Urlaubsreise leisten konnten. Es entstand eine Urlaubsgeldordnung mit einem von der Höhe der Gehälter und Löhne unabhängigen, jedoch sozial gestaffelten Urlaubsgeld.

Betriebskindergarten Direkt neben dem Firmengelände wurde ein Einfamilienhaus gemietet, in dem ein Kindergarten errichtet wurde. Zwei Kindergärtnerinnen betreuten zwei Gruppen. Ludwig Bölkow hatte der Gemeinde eine Spende in Höhe von 500 000,- DM zugesagt. Mit meinem Vorschlag, einen Partner zu suchen, der bereit war, mit dem Geld eine Kindertagesstätte zu bauen, war er einverstanden. Ich konnte die Michaelskirchengemeinde für das Projekt gewinnen. 1966 wurde ein evangelischer Kindergartenverein gegründet, der den Bau einer Kindertagesstätte in Auftrag gab. Die Kirche stellte das Grundstück und mit der Spende wurde der Bau finanziert. Der Betrieb wurde 1971 aufgenommen.

Ruhegeldordnung Da die gesetzliche Rentenversicherung nur einen Teil des Arbeitseinkommens erreicht, wollte Bölkow mit einer Betriebsrente den Einkommensausfall für alle Mitarbeiter abfedern, der für Ingenieure und Fachkräfte mit Gehältern über der Beitragsbemessungsgrenze besonders einschneidend ist. Vornehmlich für diese hochqualifizierten Mitarbeiter wollte Bölkow ein angemessenes Ruhestandseinkommen gesichert wissen. Mit Unterstützung einer Unternehmensberatung wurde ein Leistungsplan ausgearbeitet und in die »Ruhegeldordnung der Bölkow-GmbH« von 1965 aufgenommen, der dies sicherstellte.

Konrad Stopp

Faszinierend und menschlich

Die Maschinenbauingenieurin Maren Heinzerling wechselte 1983 zu MBB. Sie erlebte Ludwig Bölkow als einen faszinierenden Ingenieur und einen umsichtigen Firmenleiter, der viel Humor und für menschliche Probleme ein offenes Ohr hatte.

Mädchen-Technik-Tag Die Idee zum »1. Münchner-Mädchen-Technik-Tag«, heute als »Girls’Day« bundesweit bekannt, wurde 1990 im Hause MBB geboren. Gemeinsam mit TU-Studentinnen, Frauenbeauftragten der TUM und der Fachhochschule sowie Ingenieurinnen und Personalleuten der beteiligten Firmen sollte Gymnasiastinnen Mut zu einem technisch-naturwissenschaftlichen Beruf gemacht werden. Initiiert wurde das Pilotprojekt von mir unter Beteiligung des VDI, des Deutschen Ingenieurinnenbund e.V., des Deutschen Akademikerinnenbundes und mit starker Unterstützung von MBB sowie acht weiteren Bayerischen Großfirmen. Die Veranstaltung war von Anfang an ein solcher Erfolg, dass sie in den Folgejahren auch in anderen deutschen Städten durchgeführt wurde. Ab 2001 wurde das Konzept modifiziert, in »Girls’Day« umbenannt und vom Kompetenzzentrum Bielefeld mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bundesweit koordiniert. Eine 2006 durchgeführte Evaluation von Prof. Susanne Ihsen (TUM) hat den nachhaltigen Erfolg dieser Pilotveranstaltung gezeigt: Gegenüber der damals üblichen Frauenquote von drei Prozent entschlossen sich 30 Prozent der Besucherinnen für ein technisch-naturwissenschaftliches Studium und blieben trotz Kinder im Beruf.

Vereinbarkeit von Beruf und Familie Bereits 1969 hatte MBB als erste Firma in Deutschland die Gleitzeit eingeführt, 1985 folgte ein Frauenförderplan, der die Berufschancen und die Akzeptanz von Frauen ganz wesentlich verbesserte. MBB gewährte Frauen und Männern, die für ihren Nachwuchs ihre Berufsausübung unterbrechen wollten, eine auf drei Jahre befristete Beschäftigungsgarantie. Hinzu kamen familienfreundliche, individuelle Teilzeitregelungen. Das war damals einmalig in der Bundesrepublik und ein nicht zu unterschätzender Grundstein für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Maren Heinzerling

Artikel vom 12.07.2013
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