Zeitkapsel: Hinterlassen Sie Ihre persönliche Botschaft

München in 100 Jahren

Pauline Bastard und Iván Argote hatten die Idee zur »Münchner Zeitkapsel«, die hinterm Rathaus steht. Jeder kann mitmachen, die Umschläge gibt es in der Rathausgalerie.	Foto: scy

Pauline Bastard und Iván Argote hatten die Idee zur »Münchner Zeitkapsel«, die hinterm Rathaus steht. Jeder kann mitmachen, die Umschläge gibt es in der Rathausgalerie. Foto: scy

München · Was müssen die Menschen über uns wissen, die in hundert Jahren in München leben werden? Entscheiden kann das jeder, der Lust hat bei dem Projekt »Münchner Zeitkapsel 2013-2113« von Iván Argote und Pauline Bastard dabei zu sein. Die beiden Künstler aus Kolumbien und Frankreich sammeln Dokumente, Erzählungen, Befürchtungen und Wünsche von Münchnern dieser Tage – und wollen diese den zukünftigen Münchnern zugänglich machen.

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Und zwar in genau hundert Jahren. »Natürlich sind wir dann selbst schon nicht mehr am Leben. Aber genau das mögen wir an unserem Projekt, dass es im Grunde ein ganz, ganz großes Geheimnis ist und das soll es auch bleiben«, sagen Argote und Bastard. Könnten sie es sich aussuchen, so würden sie sich wünschen, dass im Jahr 2113 alle Zuschriften im Rahmen einer Ausstellung geöffnet werden. »Doch natürlich können wir überhaupt nicht vorhersagen, und wir wollen es auch nicht explizit festlegen, wie die Stadtgesellschaft einmal damit umgehen wird.« Wie gesagt: Ein Geheimnis eben. Es versteht sich von selbst, dass die Künstler nicht im Vorfeld selektieren, sondern alle Botschaften annehmen, die bei ihnen ankommen. »Es gibt einen von uns konzipierten Briefumschlag, der verschlossen abgegeben werden soll, und da kann alles rein, was die Menschen hineingeben wollen, schriftlich Verfasstes oder beispielsweise auch Gegenstände«, erläutert Bastard.

Sämtliche Zeugnisse aus dem Hier und Jetzt werden in einen riesigen Stein gelegt, der eigens dafür ausgehöhlt wurde. »Wir haben uns bewusst für einen Stein entschieden, damit dieser bis zu seiner Öffnung an einen öffentlichen Platz gestellt werden kann und eben nicht in einem Museum als besonderes Kunstobjekt präsentiert wird«, erklärt Argote, der sich beispielsweise den Englischen Garten als einen guten Ort vorstellen kann, und den Stein als einen Stein von vielen. »Unsere so genannte Zeitkapsel soll sich wie selbstverständlich in den öffentlichen Raum einfügen.« Noch allerdings ist nicht entschieden, wo der Stein seinen endgültigen Platz finden wird und in welchem Rahmen, denn es soll öffentlich geschehen, die Botschaften in den Stein gelegt werden.

Abgabeschluss aller Zuschriften ist der 19. September. Das Projekt ist Teil der Reihe »A Space Called Public/Hoffentlich Öffentlich«. Die Gesamtreihe, die vom renommierten skandinavischen Künstlerduo Elmgreen & Dragset kuratiert wird, beinhaltet siebzehn Projekte, die bis September vorwiegend in der Münchner Innenstadt zu erleben waren und sind. Naomi Susan Isaacs gehört zu den Menschen, die sich bereits Gedanken machen, welche Botschaft sie an die Menschen in 2113 verschicken möchte. »Ich möchte einen Einblick geben in die momentane Situation auf der Welt. Beispielsweise berichten über Schönes wie die globalen Freundschaften, die das Internet möglich macht, aber auch über die Angst schreiben, die vielerorts umgeht«, verrät die Sängerin aus München, die sich weltweit mit Petitionen und Spenden engagiert.

»Eines der wichtigsten Themen wird sicherlich sein, über die Korruption zu berichten, die überall vorhanden und schwer aufzulösen ist«, so Isaacs. »Vielleicht füge ich auch etwas Persönliches bei, ein selbst komponiertes Lied etwa oder eine Postkarte mit einem Foto vom Englischen Garten«, so Isaacs, die sich durch das Projekt an ihre alte Heimat London erinnert: Als sie 16 war, wurde die Kuppel der Sankt Paul’s Cathedral restauriert und eine Kapsel gefunden. »Die Inhalte waren unglaublich spannend. Wir bekamen Einblick in das tägliche Leben unserer Stadt vor 100 Jahren. Da war eine Zeitung drin, eine Speisekarte und Zeichnungen.« Mindestens ebenso spannend dürfte sein, was die zukünftigen Bewohner dieser Stadt entdecken werden – vielleicht auch die Botschaften unserer Leser?

Die Abgabe in der Rathausgalerie ist bis 21. Juli möglich. Per Post kann man seine Nachrichten bis 19. September schicken an: A Space Called Public/Friends Factory, Briennerstraße 11, 80333 München. Mehr Infos auch unter www.muenchnerzeitkapsel.de. Stimmen Sie ab unter www.samstagsblatt.de: München in 100 Jahren: Was wird es nicht mehr geben?

Von Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 11.07.2013
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