Grafing bekommt Praktika in Saint-Marcellin geschenkt

Grafing · Lohn: unbezahlbar

Grafing · Seit 20 Jahren besteht zwischen Saint-Marcellin, einer Stadt nahe Grenoble im Südosten Frankreichs, und Grafing eine aktive Städtepartnerschaft.

Für die gemeinsame Jubiläumsfeier war am 9. Mai eine etwa 160-köpfige französische Delegation in den Landkreis Ebersberg gereist, im Gepäck nicht nur viele Anekdoten und Ideen für künftige Projekte, sondern auch Geschenke.

Eines davon: ein zweiwöchiges Praktikum während der Sommerferien in der Stadtverwaltung von Saint-Marcellin für vier junge Grafinger ab 18 Jahre. »Es soll der Beginn dafür sein, junge Leute nicht nur wie bisher in ihrer Freizeit, sondern auch in der Arbeitswelt in die Städtepartnerschaft einzubinden«, erklärt Udo Helmholz, Vorsitzender des Grafinger Partnerschaftskomitees. Und es soll ein Teil der Bemühungen sein, die Partnerschaft weiter auszubauen, ganz im Sinne des Europagedankens und der Völkerverständigung. Das Datum, an dem der französische Bürgermeister Jean-Michel Revol sein Geschenk an seinen Grafinger Amtskollegen Rudolf Heiler machte, war bewusst gewählt: Am 9. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg und 2013 jährt sich die Unterzeichnung des Elysée-Vertrages zum 50. Mal, mit der Bundeskanzler Konrad Adenauer und der französische Staatspräsident Charles de Gaulles 1963 die deutsch-französische Zusammenarbeit besiegelt und die Erbfeindschaft zwischen den beiden Ländern beendet hatten. Die Praktika, die nun vergeben werden, sollen jungen Menschen einen Einblick in die französische Berufswelt verschaffen. Die vier jungen Leute werden in der Verwaltung von Saint-Marcellin in verschiedenen Abteilungen eingesetzt. »Damit sie möglichst viel mitbekommen«, so Helmholz. Als Lohn erhalten sie 600 Euro und werden zudem kostenlos privat bei einer Gastfamilie untergebracht. Nur die Reisekosten müssen sie selbst tragen.

Wie wertvoll eine solche Auslandserfahrung sein kann, weiß Tanja Hausmann (Name geändert). Die 18-jährige Gymnasiastin absolvierte vom 13. Mai bis 8. Juni ein Praktikum in einem sogenannten Foyer-Restaurant für Senioren, einer Art Begegnungsstätte. Zu ihren Aufgaben gehörte es, vormittags alles für das Mittagessen herzurichten, nachmittags waren Spiele oder Ausflüge angesagt. »Mein Französisch ist nicht besonders gut, mir fehlen viele Vokabeln und ich musste das, was ich sagen wollte, oft umschreiben, aber alle haben mir geduldig zuge­­­hört«, ­erzählt sie. Auch in der Gastfamilie, bei der sie untergebracht war, fühlte sie sich sofort wohl.

Französisch aufbessern

Zweimal war sie bereits in Saint-Marcellin, einmal mit ihrer Klasse, einmal mit dem Fußballverein. Jetzt, ein Jahr vor ihrem Abitur und nach einem einjährigen Aufenthalt in den USA, wollte sie mit dem Praktikum ihr Französisch aufbessern. »Ich arbeite gerne mit Menschen, deshalb sollte es im sozialen Bereich sein«, erklärt sie. Sie wandte sich an Udo Helmholz und der wiederum vermittelte sie an seinen Kollegen Jean Briselet vom Partnerschaftskomitee in Saint-Marcellin. Dieser half ihr, eine passende Stelle und eine Gastfamilie zu finden. Der Zeitpunkt war für sie perfekt, denn die französische Delegation nahm sie auf der Rückreise am 12. Mai im Bus mit.

Den Senioren brachte sie einige Wörter Deutsch bei: »Auf Wiedersehen«, »Danke«, »Bitte« und andere einfache Begriffe. Die schrieb sie auf ein schön bemaltes Papier, jeden Tag eines, und dazu die Übersetzung. »Das kam gut an. Manchmal wollte jemand wissen, wie man das Wort ausspricht, und mit der Zeit wurde ich auf Deutsch begrüßt oder verabschiedet.« Sie habe viel profitiert von dieser Zeit, resümiert die Schülerin. »Ich habe zum Beispiel eine andere Sichtweise auf manche Dinge erhalten.« Dafür offen zu sein, sei die Voraussetzung für Menschen, die eine Zeit in einem anderen Land verbringen möchten.

Bewerbungen an die Stadt

Für die vier Praktikumsplätze gibt es bis jetzt erst eine Bewerberin. Wer also Interesse hat, zwei Wochen lang in Saint Marcellin zu arbeiten, kann sich noch im Grafinger Rathaus im Büro Saint-Marcellin anmelden. Voraussetzungen sind ein Mindestalter von 18 Jahren und gute Französischkenntnisse. Ansprechpartnerin ist Maximiliane Dierauff, E-Mail: m.dierauff@grafing.bayern.de, Tel. 0 80 92/7 03 58. Sybille Föll

Artikel vom 25.06.2013
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