„Munich Rolling Rebels": Alles andere als zimperlich

München · Beim Roller-Derby dürfen auch Frauen hart rangehen

München · Wilde Weiber mit Kriegsbemalung auf Rollschuhen, die sich gegenseitig aus dem Weg rammen, das ist „Roller Derby“ – jedenfalls in den Augen der wenigen, die die amerikanische Sportart überhaupt kennen.

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So extrem ist das bei den „Munich Rolling Rebels“, Münchens erster Roller-Derby-Mannschaft zwar nicht, aber immerhin tummeln sich dort Spielerinnen mit den Namen „Pussy Riot“, „Bloodfest at Tiffanys“ oder „Furios Freckle“ oder „Prügel Paula“. Es geht also durchaus etwas härter zu. „Dieser Sport füllt eine Lücke. Es ist ein tougher Teamsport ohne Ball“, sagt „Scarollina“, bürgerlicher Name Nina Thiele.

Thiele ist einer der Gründerinnen der „Munich Rolling Rebels“. 2010 kam ihr die Idee, Roller Derby in München zu starten, im Mai 2011 ging sie mit anderen Interessierten erstmals auf die Rollen. Das Interessante daran: Weder Thiele noch die anderen hatten Vorerfahrung. „Wir mussten alles von der Pike auf lernen.“ Die Initiatorin selbst war zu einem Spiel nach Heilbronn gefahren, und hatte schon in der Halbzeit gemerkt: „Das ist genau mein Sport, ich war echt begeistert.“

Auf einer basketballfeldgroßen, ovalen Bahn treten jeweils fünf Spielerinnen der einen gegen fünf Spielerinnen der anderen Mannschaft an. Vier von ihnen bezeichnet man als „Blocker“, jeweils eine Spielerin pro Mannschaft ist die „Jammer“. Sie sammelt für ihr Team Punkte, indem sie die gegnerischen vier Blocker überholt. Die Aufgabe der Blocker ist es, den gegnerischen Jammer davon abzuhalten, sie zu überholen und gleichzeitig die eigene Jammerin an den gegnerischen Blockern vorbeizubringen. Dies dürfen sie, indem sie die Gegnerinnen mit der Hüfte oder den Schultern „schubsen“. Rempeln, schubsen, drängen: all das ist erlaubt und erwünscht. Unerwünscht sind Ellenbogen, Bein stellen, an den Haaren ziehen oder Schläge gegen den Kopf.

Angefangen hat die Geschichte der „Munich Rolling Rebels“ in der Blumenhalle der Großmarkthalle und auf der Theresienwiese, wo die ersten Trainingssessions stattfanden. Seitdem das Team Teil der Rollhockey-Abteilung des TSV 1860 ist (der Löwe ist auch auf den Outfits der Rebels aufgedruckt), war es leichter, an Hallen zu kommen. Mittlerweile wird an vier verschiedenen Orten trainiert, darunter am Oberwiesenfeld, in Giesing und Aschheim (zu finden auf der Homepage www.munichrollingrebels.de). Etwa 40 Mitglieder zählt das Team bereits.

Die verrückten Namen, die teilweise auch von den selbst wählbaren Rückennummern ergänzt werden – etwa bei Baby Kicks A55, die gerade als erste des Teams in die deutsche Nationalmannschaft aufgenommen wurde – sind für Thiele ein Mittel, die Angst vor dem Vollkontakt zu beseitigen. Bei Thiele trägt der Name „Scarollina“ eine Doppeldeutigkeit in sich. Der erste Part lässt sich entweder vom Englischen „scar“ (Narbe) oder „scare“ (Angst einjagen) ableiten, ihr zweiter Name ist Carolin. Meist laufen die Spielerinnen auch mit knallroten Lippen auf, früher waren ausgefallene Outfits, wie zerrissene Strumpfhosen, gängig, „heute entwickelt sich aber alles in Richtung Funktionalität“, erklärt Thiele, es sei auch wichtig einigermaßen einheitlich und somit als Team aufzutreten.

Scarollina schätzt an ihrem Sport besonders, dass Platz für jeden sei. „Egal ob dick, dünn, langsam, schnell, groß oder klein, jede findet ihre Position.“ Außerdem sei Roller Derby, weil traditionell hauptsächlich von Frauen gespielt, etwas Besonderes: „Hier musst du dich nicht wie beim Fußball oder anderen Sportarten mit den Männern messen lassen. Wenn, ist das andersrum.“ Zudem sei die Taktik „extrem komplex“, man müsse sich auf „mindestens zehn Dinge gleichzeitig konzentrieren“.

In Deutschland gibt es bisher noch keinen geregelten Ligabetrieb. Von den etwa 20 Teams befinden sich viele noch im Aufbau. So finden alle Spiele auf Freundschaftsbasis statt, zuletzt spielten die Münchnerinnen gegen Stuttgart, das älteste deutsche Team. Bevor am 20. Juli Karlsruhe in München spielt (Beginn voraussichtlich 17 Uhr in der Städtischen Sporthalle Eversbuschstraße 124, München-Allach), stehen Ende Juni die Deutschen Meisterschaften in Stuttgart an. Vom 28. bis 30. Juni messen sich dort die zehn besten Derby-Teams Deutschlands. Dort will Thiele „das erste Spiel gewinnen und dann mal schauen“. Denn Siegen steht nicht immer im Vordergrund. „Wir wollen Kampfgeist zeigen und unser Bestes geben, egal wie es steht. Aber wir wollen auch immer sympathisch bleiben.“ Von Jan Lüdeke

Artikel vom 13.06.2013
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