Felix Neuenhoff aus dem Glockenbachviertel ist ein Klinikclown

Glockenbachviertel · Visite bei »Dr. Pipo«

Klinikclown Felix Neuenhoff, alias »Dr. Pipo«, hier im Einsatz mit Claudia Schmitz-Esser, alias Klinikclownin »Dr. Rosine«. 	Foto: Thomas Victor

Klinikclown Felix Neuenhoff, alias »Dr. Pipo«, hier im Einsatz mit Claudia Schmitz-Esser, alias Klinikclownin »Dr. Rosine«. Foto: Thomas Victor

Isarvorstadt · Die Mundwinkel gehen ruckzuck nach oben, sobald Doktor Pipo auf der Bildfläche erscheint. Niemand muss sich sorgen, dass dieser »Arzt« bohrt oder piekst.

Denn seine Medizin ist der Humor und Lachen die einzige Nebenwirkung. Doktor Pipo, alias Felix Neuenhoff, ist als Klinikclown im Einsatz. Seit rund acht Jahren ist der 37-Jährige aus dem Glockenbachviertel münchenweit in mehreren Krankenhäusern und Seniorenheimen im Einsatz. Gut sechs Stunden pro Woche. Und hat selbst seinen Spaß dabei. »Es tut immer wieder gut, zu spüren, dass sich die Stimmung sofort hebt, wenn die Leute mich sehen«, sagt Neuenhoff.

Mit weißem Arztkittel und roter Nase ausgerüstet tritt Felix Neuenhoff zu seiner Besuchertour an. An seiner Seite ist Claudia Schmitz-Esser, alias »Dr. Rosine«. Was hinter den Türen auf die Clowns wartet, können sie nie sagen. »Das ist immer wieder spannend«, berichtet der freischaffende Künstler. Mal treffen sie putzmuntere Patienten an, ein anderes Mal sind die Patienten eher zurückhaltend, manche sind frisch operiert, andere haben gerade Besuch. Jede Situation ist neu. »Also müssen wir improvisieren«, so Neuenhoff. Doch gerade die Lust am Improvisieren sei das, was ihn überhaupt erst zu diesem Job gebracht habe. Der Schauspieler meldete sich spontan zu einem Cas­ting an. Es gibt viele Menschen, die sich als Klinikclown ausprobieren wollen. »Wir verlangen gewisse Vorkenntnisse, deshalb das Cas­ting«, sagt Karin Platzer, Sprecherin des Vereins Klinikclowns Bayern. Gute Chancen haben beispielsweise Bewerber mit künstlerischer oder zirkuspädagogischer Ausbildung.

Überraschungen gehören bei Felix Neuenhoff zum Programm. Besonders die Kinder machen große Augen, wenn plötzlich ein Rülpsen zu hören ist oder lauter Applaus: Nanu? Woher kommt das denn? »Dr. Pipo« verrät seinen Trick: Einfach nur auf die Tasten der Soundmaschine drücken, die er stets mit im Gepäck hat. Die Kinder kichern und probieren es selbst aus. Auch Seifenblasen und Herzluftballons bringen gute Laune. Und ganz schnell kann es gehen, da wird aus langen Luftballons plötzlich eine Trompete. »Es ist natürlich schön, wenn die kleinen Patienten lachen, doch darauf legen wir es nicht um jeden Preis an«, sagt Neuenhoff. Kinder im Krankenhaus seien eben auch mal traurig. »Und da wollen wir auf keinen Fall drüberbügeln, sondern schnäuzen uns auch mal kräftig mit.« Das Mitgefühl stehe im Vordergrund. Nur in Sachen Blutabnahme, da ticken »Dr. Pipo« und »Dr. Rosine« ganz anders als die Kinder. Oft haben die kleinen Patienten Angst vor der Nadel. Ist die Angst besonders groß, holen die Schwestern die Klinikclowns. Und dann können die Kinder nur noch staunen, wie die beiden Clowns plötzlich anfangen zu streiten, denn jeder will der erste sein, der gestochen werden will. »Kaum ein Kind, das dann nicht lacht«, so der Münchner.

Patienten und Heimbewohnern Gutes tun, das ist der Grundgedanke, der dem Konzept »Klinikclowns« zugrunde liegt. »Der Nutzen der Clownsvisiten für die Gesundheit und zur Unterstützung von Heilungsprozessen hat sich langjährig bewährt«, sagt Karin Platzer. Der Verein Klinikclowns Bayern feiert heuer sein 15-jähriges Bestehen. »Sie bringen Patienten Freude und Erleichterung in ihre Situation.« Los ging es im Jahr 1998 mit »Dr. Piccolo« und »Dr. Tapsel«. Die beiden Clowns waren im Dr. von Hauner’schen Kinderspital in der Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt im Einsatz und die ersten in Bayern, die junge Krankenhauspatienten zum Lachen brachten.

Inzwischen sind 54 Proficlowns in 25 bayerischen Kinderkliniken, 36 Einrichtungen für Senioren und vier Einrichtungen für behinderte und schwerkranke Menschen unterwegs. Insgesamt wurden in den vergangenen 15 Jahren in 16.604 »Visiten« über 332.000 Menschen erreicht.

Die Einsätze werden damals wie heute durch Spenden

finanziert. Seit 2012 wird der Verein Klinikclowns von einem wissenschaftlichen Beirat unterstützt, in dem sich neben vielen Fachkräften aus Medizin und Pflege unter anderem auch die Münchner Filmemacherin Doris Dörrie engagiert.

Wer Lust hat, Klinikclowns mal die Hand zu schütteln, der kann das auch ohne Krankenhausaufenthalt tun. In seinem Jubiläumsjahr feiert der Verein Klinikclowns unter anderem mit einem großen Geburtstagsfest auf dem Münchner Odeonsplatz am Samstag, 27. Juli, von 11.30 Uhr bis 18.00 Uhr. Auf dem Programm stehen beispielsweise Mitmachaktionen, die Bühnenshow »In besten Händen« und ein Konzert der Klinikclowns. Bereits am Mittwoch, 5. Juni, findet um 13.30 Uhr im Dr. von Hauner’schen Kinderspital an der Lindwurmstraße 4 eine Vernissage der bayernweiten Wander-Fotoausstellung »Ein Lachen schenken – Begegnungen mit den KlinikClowns« statt. Die Ausstellung läuft bis Sonntag, 30. Juni, von 8.00 bis 18.00 Uhr. Zu sehen sind die Impressionen des Fotografen Manfred Lehner, der Klinikclowns bei ihren »Visiten« begleitet hat. Weitere Informationen gibt es unter www.klinikclowns.de.

Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 04.06.2013
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