Isarkuscheln: Über Flöße sollen die Münchner zusammenrücken

Isarvorstadt · Übers Wasser gehen

Befürworter Jörg Hoffmann auf einem der Testflöße, die noch am Kulturstrand liegen, da sie noch nicht ins Isarwasser dürfen. Foto: scy

Befürworter Jörg Hoffmann auf einem der Testflöße, die noch am Kulturstrand liegen, da sie noch nicht ins Isarwasser dürfen. Foto: scy

Isarvorstadt · Die Münchner und ihr großer Fluss sollen noch enger zusammenrücken. Das ist die Idee. Konkret: Sechs miteinander vertäute und verankerte Flöße sollen am Hauptarm der Isar, Höhe Corneliusbrücke, ins Wasser gelassen werden. Ein schwimmendes Ufer sozusagen. Wenn die Sache klappt, dann wäre es das erste Mal seit 150 Jahren, dass Flöße innerstädtisch genutzt werden. Doch noch steht das Projekt auf wackeligen Füßen. Dass aus der Idee nichts wird, will die FDP-Fraktion des Stadtrats jedoch nicht gelten lassen.

Mit einem entsprechenden Antrag signalisieren sie ihre Unterstützung. »Wir finden es wichtig, dass Städter wieder mehr Zugang zur Natur bekommen, und die Flöße bieten da eine großartige Möglichkeit«, sagt FDP-Mitglied Jörg Hoffmann. Das finden auch andere Politiker. Siegfried Benker von den Grünen beispielsweise trägt sich seit Jahren schon mit dem Gedanken, begehbare Flöße für die Münchner zu installieren. Doch so richtig spruchreif wurde die Angelegenheit erst seit dem Stadtrats-Workshop zum »Innerstädtischen Isarraum« im Jahr 2010. Hier wurden allerlei Ideen gesammelt zur »Überwindung der denkmalgeschützten, aber trennenden Kaimauern mit kreativen Balkon- und Floß-Architekturen an der Inneren Isar«. Eine 17-köpfige Jury, allen voran Stadtbaurätin Elisabeth Merk, zeichneten dabei das Konzept »Isarflöße« mit einem Sonderpreis aus und empfahlen es zu testen. Die Kulturstrand-Aktivisten »Die Urbanauten« nahmen sich der Umsetzung an, unter anderem in Absprache mit dem Kreisverwaltungsreferat, dem Wasserwirtschaftsamt und dem Technischen Hilfswerk (THW). Mehrere Architekturstudenten von der Akademie der bildenden Künste packten außerdem mit an, um die sogenannten Testflöße nach den Vorgaben des THW zu bauen.

Gut 26.000 Euro investierten die Urbanauten bisher in das Pilotprojekt. Wäre es so gelaufen, wie sie es ursprünglich geplant hatten, so würden die sechs Flöße mit einer Gesamtfläche von rund 90 Quadratmetern längst schon an Ort und Stelle sein. Sind sie aber nicht. Denn die Vollversammlung des Stadtrats am 2. Mai lehnte das Vorhaben einstimmig ab. Und das aufgrund eines erst später festgestellten Irrtums, der in einem Dringlichkeitsantrag der Bürgerlichen Mitte, bestehend aus ÖDP, Freien Wählern und Bayernpartei, behauptet wurde. Dort wurde fälschlicherweise angegeben, die Flöße würden nicht in der Großen, sondern in der Kleinen Isar installiert, also in einem schützenswerten Biotop, wo auch Münchens einzige Biberkolonie ihr Zuhause gefunden hat. »Da ist richtig Panik gemacht worden«, so Hoffmann. Zudem wurde unterstellt, es solle auf den Flößen eine Veranstaltung mit Gastro-nomie und Kulturprogramm stattfinden. »Nichts davon ist wahr. Es geht lediglich um ein technisches Experiment und darum, die Menschen näher an die Isar zu bringen, und zwar an die Große Isar«, so Urbanaut Benjamin David. Er bekräftigt, die Sachbearbeiter hätten stets ihre volle Unterstützung signalisiert. Deshalb hofft er, dass der Stadtrat in seiner nächsten Vollversammlung alle Fakten noch einmal prüft und letztlich sein Okay gibt. Der Prüfantrag der FDP verfolgt dasselbe Ziel. Die Zeit sei zwar knapp, aber »wir setzen uns dafür ein, dass das Projekt möglichst noch in diesem Sommer an den Start gehen kann«, sagt Hoffmann. Vom Projekt würde nicht nur der Mensch profitieren. Durch die Schaffung einer neuen Aufenthaltsfläche würden auch die Ufer der Kleinen Isar von der teils starken Nutzung entlastet werden.

Eine Floß-Gaudi mag lustig sein, aber ohne Genehmigungen läuft nichts. Joachim Lorenz, Referent für Umwelt und Gesundheit bei der Stadt München, weist darauf hin, dass die Sicherheit für die Menschen auf den Flößen unbedingt gewährleistet sein müsse. Geklärt werden müsse außerdem, so Lorenz, ob es, ausgelöst durch die manifestierten Pontons, zu einem sogenannten Kehrwasser (Umkehr oder Verlangsamung der Fließrichtung des Wassers) kommen oder womöglich die Brückenkonstruktion beschädigt werden könnte. Immerhin: Für den Fall eines Hochwassers hat das THW bereits ein Evakuierungskonzept erstellt. Das THW wird die Flöße dann laut dem THW-Ortsbeauftragten Max Berthold binnen der vorgeschriebenen Frist von vier Stunden per Kran aus dem Wasser heben. Die auf der Ostseite der Isar verankerten Flöße würden dann nacheinander zur Westseite gezogen und herausgehoben werden. Bis zum Abfließen des Hochwassers blieben diese am Ufer liegen und würden schließlich wieder in umgekehrter Reihenfolge zurückverfrachtet. Allerdings könnte, so Berthold, das Evakuierungskonzept noch modifiziert werden. Das hänge von einer Testphase ab, die etwa drei bis vier Tage laufen würde. »Dann erst können die Flöße für die Öffentlichkeit freigegeben werden.« Auch Berthold zählt übrigens zu denen, die dem Projekt die Daumen drücken: »Ich finde die Idee nach wie vor unterstützenswert.«

Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 28.05.2013
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