Gericht verurteilt Architekt zur Zahlung von 755.000 Euro

Bogenhausen · Pfusch in Öko-Oase

2001 eröffnet und schon 2006 gab es Ärger mit dem Dach: Dem ÖBZ in der Englschalkinger Straße ging es nass rein. MVHS-Pressesprecherin Susanne Lößl zeigte sich zufrieden mit dem OLG-Urteil gegen den Architekten. Fotos: hgb, MVHS

2001 eröffnet und schon 2006 gab es Ärger mit dem Dach: Dem ÖBZ in der Englschalkinger Straße ging es nass rein. MVHS-Pressesprecherin Susanne Lößl zeigte sich zufrieden mit dem OLG-Urteil gegen den Architekten. Fotos: hgb, MVHS

Bogenhausen · Zur Zahlung von 755.000 Euro hat das Oberlandesgericht München (OLG) das »werkbureau_Architekten + Stadtplaner« für den nun gerichtlich festgestellten Pfusch am Bau des Ökologischen Bildungszentrums (ÖBZ) an der Englschalkinger Straße verurteilt. Die Auseinandersetzung war durch zwei Instanzen gegangen. Eine geforderte Revision hat der 28. Senat abgelehnt. Doch juristisch »repariert« sind die Mängel trotzdem nicht: Architekt Kohwagner wehrt sich, will nun gegen die Firma klagen, die die bauphysikalische Fachplanung für das Dach am ÖBZ-Gebäude seiner Auffassung nach falsch berechnet hat.

Im Juli 2001 wurde das ÖBZ eröffnet, das vom Münchner Umwelt-Zentrum und der Münchner Volkshochschule (MVHS) betrieben wird. Das 6,5 Hektar große Areal umfasst Naturspielgelände, Gärten, Wiesen und Feuchtbiotope. Im schneckenförmigen Haus aus Holz mit großen Glaselementen finden jährlich rund 800 Veranstaltungen mit fast 20.000 Besuchern statt. Der Rundbau, dessen Segmente sich spiralförmig um das Treppenhaus winden, gilt als ein ökologisches Vorzeigeprojekt, denn es verbindet eine flächen- und energiesparende Bauweise. Für Treffen gibt es einen Kinder-, einen Werk- und einen Seminarraum, der bis zu 100 Personen fasst, sowie eine Lehrküche. Das Foyer wird für Ausstellungen genutzt. Eine verglaste Galerie im ersten Stock bietet einen Rundblick über Kollektoren und das Dach.

Und genau beim Dach traten die Probleme auf. Nur fünf Jahre nach der Übergabe war Wasser in die Räume eingedrungen. Das Leck, ein immer größer werdender Riss in der Abdeckung, war zwar schnell abgedichtet worden, die Öko-Oase blieb aber ein Jahr lang geschlossen. Denn bei der Ursachensuche hatten die Architekten eine nicht geeignete Folie entdeckt, die zur Abdeckung des Flachdachs verwendet worden war. Zudem hatte sich Feuchtigkeit aus den Räumen im Hohlraum der Deckenkonstruktion gesammelt, die nicht entweichen konnte. Kurzum: Das Dach war derart beschädigt, dass es fast komplett erneuert werden musste. Das Haus war damals rundum eingerüstet und mit Abdeckplanen eingehüllt. Zwecks Klärung der Schuld hatte nach einem Beweissicherungsverfahren – empfohlen von Architekt Kohwagner, der auch die Sanierung betreute – die MVHS geklagt, und zwar gegen die Architekten. Das OLG machte für die Mängel nun das »werkbureau« verantwortlich. Dazu Kohwagner: »Wir sind wie jedes Architekturbüro versichert, leider reicht die Höhe der Versicherungssumme nicht aus.« Und weiter: »Dem Hersteller der Folien und dem Ersteller der bauphysikalischen Berechnungen wurde schon vor langer Zeit der Streit erklärt.« Zum Hintergrund: »Die Firma, die die fachplanerischen Leistungen der Bauphysik erbracht und auch die Folien festgelegt, geliefert und deren Einbau überwacht sowie abgenommen hat, war als Sponsor für die MVHS tätig. Die nachgewiesenen Fehlleistungen dieser Firma wurden laut Urteil mir zugerechnet anstatt der MVHS, für die diese Firma die Leistungen erbracht hat. Dies ist mir unverständlich.«

Das Statement von MVHS-Pressesprecherin Susanne Lößl dazu: »Die Schadensbegleichung zum aufgetretenen Dachschaden am ÖBZ war Gegenstand einer mehrjährigen rechtlichen Klärung. In der zweiten Instanz hat das Oberlandesgericht München im März 2013 das Urteil aus der ersten Instanz weitgehend bestätigt. Der MVHS wurde die Schadenssumme von etwa 755.000 Euro nebst Zinsen zugesprochen.«

Helmut G. Blessing

Artikel vom 28.05.2013
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