Was macht denn der gelbe Hubschrauber am Elisabethmarkt?

Schwabing · Ein Heli im Viertel

Die Schüler Sebastian Fottner und Ines Eckstein (vorne), Robert Mair (l. im Heli), und Schulleiter Wolfgang Keil.	Foto: scy

Die Schüler Sebastian Fottner und Ines Eckstein (vorne), Robert Mair (l. im Heli), und Schulleiter Wolfgang Keil. Foto: scy

Schwabing · Vor allem Kinder bleiben stehen, um mit großen Augen zu staunen und auch Männer, die fachlich-interessierte Blicke wagen. Kein Wunder, denn einen Hubschrauber mitten in Schwabing, so etwas sieht man nun wirklich nicht alle Tage. Die Rede ist von einer knallgelben Alouette II, die seit wenigen Wochen auf dem Innenhof der Berufsschule für Fahrzeug- und Luftfahrttechnik steht. Also in unmittelbarer Nähe zum Elisabethmarkt.

»Man kann schon sagen, dass sich unser Heli zu einem richtigen Eyecatcher entwickelt hat«, sagt Robert Mair, Leiter der Abteilung Luftfahrt. Doch eigentlich wurde der Helikopter nicht aufgestellt als eine weitere Sehenswürdigkeit in Schwabing, sondern er dient Unterrichtszwecken: Wer sich zum Fluggerätmechaniker ausbilden lässt, bei dem steht das Thema »Helikopter« rund zwei Wochen auf dem Lehrplan. Doch wie kommt der Heli eigentlich hierher? Der Hubschrauber wurde der Schule von der Bundeswehr als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Schon seit Langem und dringend hätte die Schule ein großes Modell eines Hubschrauber-Rotorkopfes benötigt, sagt Mair. »Dass wir gleich einen ganzen Hubschrauber bekommen, damit haben wir natürlich nicht gerechnet. Noch dazu ist der Heli flugfähig.« Die überlassene Alouette II, Baujahr 1966, stammt aus der Ausbildungsabteilung der Heeresfliegerwaffenschule im niedersächsischen Bückeburg, wo er ebenfalls für die Ausbildung von Fluggerätmechanikern eingesetzt wurde.

Mair selbst hat sich um den Transport gekümmert und ist mit einem 17 Meter langen Anhänger quer durch Deutschland gefahren. »Mich hat immer wieder die Polizei aufgehalten, aber meist nur, weil die Beamten selbst neugierig waren«, berichtet der Lehrer. Die Münchner Berufsschule für Fahrzeug- und Luftfahrttechnik ist mit rund 2000 Schülern eines der größten Kompetenzzentren für Fahrzeugtechnik in Deutschland. Im Gebäude befinden sich drei Schulen: die Berufsschule für Kraftfahrzeugtechnik, die Technikerschule für Fahrzeug- und Elektromobilität und die Berufsschule für Fahrzeug- und Luffahrttechnik. In Letzterer wurden in den vergangenen acht Jahren knapp 400 Zeitsoldaten und rund 160 Fluggerätmechaniker aus der gesamten Bundesrepublik ausgebildet. »Die Nachfrage steigt«, sagt Mair. Auch Ines Eckstein und Sebastian Fottner reizt der Beruf, sie sind im ersten von dreieinhalb Ausbildungsjahren.

»Zu mir passt einfach kein Bürojob und soziale Berufe, auch das können andere besser als ich«, sagt Eckstein. Die 18-Jährige aus Kempten erzählt, dass sie immer schon ein Interesse am Technischen gehabt habe. »Vielmehr Frauen sind technisch begabt, als man glaubt. Nur wird ihnen das leider oft ausgeredet«, so Eckstein. Was zur Konsequenz habe, dass Frauen einen Beruf wie den des Fluggerätmechanikers überhaupt nicht auf dem Schirm hätten. »Das ist schade, es sollen sich ruhig noch mehr trauen«, befindet Eckstein. Immerhin: Zehn Prozent derjenigen, die sich an der Berufsfachschule ausbilden lassen, sind inzwischen Frauen.

Sebastian Fottner, der im Landkreis Dachau zu Hause ist, entstammt einer Familie, in der bereits der Vater als Fluggerätmechaniker gearbeitet hat. »Das Tolle an dem Job ist, dass einem das Tor zur Welt offen steht. Man kann im Prinzip in jedem Land der Welt arbeiten«, so der 18-Jährige, der sich vorstellen kann, unter anderem nach Amerika oder Südafrika zu gehen. Seine Ausbildung wird er, wie inzwischen erforderlich, nicht nur mit einem IHK-Abschluss, sondern auch mit einem Europäischen Zertifikat für Flugzeuginstandhaltungspersonal abschließen. Dass er nach der Ausbildung ohne Job dasteht, muss er nicht befürchten. »Fluggerätmechaniker sind sehr gefragt, die Flugindustrie boomt«, so der Schüler. Natürlich sei auch das Gehalt ausschlaggebend. »Und das ist im Vergleich zu anderen Ausbildungsberufen hoch.« Der Verdienst im ersten Lehrjahr liegt bei etwa 600 Euro netto, im ersten Berufsjahr bei mindestens 2500 netto, Zuschläge unter anderem für Feiertage noch nicht mitgerechnet. Die hohe Verantwortung, die einem bei diesem Job abverlangt wird, empfindet Fottner als besondere Herausforderung. »Konzentration ist das oberste Gebot. Vergisst man nur eine Schraube, hat das schwerwiegende Folgen.« Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 14.05.2013
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