Münchens Amateurfußball stagniert

In der Bezirksliga ist Schluss

Münchner Amateurfußball in der Krise? Foto: A. Wild

Münchner Amateurfußball in der Krise? Foto: A. Wild

München · Innerhalb des Münchner Stadtgebiets spielen die sportlich besten Amateur-Fußballvereine maximal in der Bezirksliga und auch dort sind insgesamt nur sieben Vertreter aus der Landeshauptstadt zu finden. In der Bezirksliga Oberbayern Nord sind das der SV Nord-Lerchenau, die SpVgg Feldmoching, der SV Türkgücü Ataspor München und der TSV Allach sowie in der Bezirksliga Oberbayern Süd der FC Phönix München, der SV Aubing und die DJK Pasing.

Immerhin klopfen aktuell in der Kreisliga 2 noch der TSV Großhadern und der FC Hertha München ans Tor zur Bezirksliga. In den Kreisligen 1 und 3 haben Münchner Klubs hingegen nichts mit dem Aufstieg zu tun.

Alle anderen Vereine in den Bezirksligen, Landesligen oder gar in der Bayernliga Süd stammen aus dem Landkreis München oder den angrenzenden Landkreisen. Sportliche Vertreter der Stadt München sucht man in den höheren bayerischen Amateurligen vergeblich. Das war in früheren Jahrzehnten noch ganz anders. Wir haben uns auf Spurensuche begeben, um dem Phänomen auf den Grund zu gehen. Warum ist für Münchner Amateur-Klubs sportlich spätestens in der Bezirksliga Schluss? Sind es die eingeschränkten Trainingsmöglichkeiten auf den Städtischen Sportanlagen? Fehlender Nachwuchs? Das hohe Freizeitangebot der Landeshauptstadt? Finanzielle Einschränkungen?

Peter Schmid, seit über 10 Jahren Fußball-Funktionär und Kreis-Vorsitzender München im Bayerischen Fußballverband, sagt: „Das ist ein städtisches Strukturproblem.“ Der Bedarf an Trainingsmöglichkeiten könne innerhalb der Stadtgrenzen nicht mehr gedeckt werden. „Wenn ein Amateurverein auf Dauer sportlich erfolgreich sein will, geht das nicht ohne eine gut organisierte Nachwuchsarbeit. Die ist aber in der Stadt auf den überlaufenen Bezirkssportanlagen nur unter stark erschwerten Bedingungen möglich.“

Genügend Fußballbegeisterte ließen sich in einer Millionenstadt wohl finden, aber das Bevölkerungswachstum Münchens ist deutlich größer als die sportliche Infrastruktur, die damit nicht Schritt hält. Je mehr Zuzug in München stattfindet, umso mehr Auseinandersetzungen gibt es auch mit Anwohnern, die sich am Abend und am Wochenende durch die spielbedingte Lärmkulisse und Flutlicht gestört fühlen. In vielen Fällen führt das zu einem eingeschränkten Sportbetrieb auf den städtischen Anlagen und zu einer frühzeitigen automatischen Abschaltung der Beleuchtung. „Solche Probleme haben Vereine auf dem Land in der Regel einfach nicht“, weiß Schmid.

Ein weiteres Hemmnis sei es, für die Vereine im städtischen Umfeld geeignete Sponsoren zu finden. Im „Speckgürtel“ um München herum engagieren sich Unternehmen für die lokalen Vereine. Im Stadtgebiet fehle es dafür an der Identifikation. Das würde sich nicht nur bei Sponsoren, sondern auch bei den Sporttreibenden selbst bemerkbar machen: „Vereinstreue, wie sie frühere Generationen noch kannten, spielt eine immer geringere Rolle. Heute wechseln ambitionierte Spieler dorthin, wo sie die angenehmeren Rahmenbedingungen vorfinden – das ist ein Mentalitätswandel.“ Die Vereine im Umfeld von München bieten mit ihren zum Teil prächtigen Anlagen einfach ein besseres Angebot. „Zwischen Stadt und Land findet auf sportlichem Gebiet ein harter Verdrängungswettbewerb statt, der sich in Zukunft noch verschärfen wird.“

Selbst bei den Zuschauerzahlen macht sich ein starkes Stadt-Land-Gefälle bemerkbar. Zuschauerkrösus im Münchner Lokalfußball sind die Amateure des TSV 1860 München III, die vergangene Saison zu ihren Heimspielen in der A-Klasse Gruppe 4 durchschnittlich 170 Besucher begrüßen durften. Ein Wert, der von keinem anderen Verein innerhalb des Stadtgebiets auch nur annähernd erreicht wurde. Auf dem Land ist eine solche Zahl hingegen normal und liegt vielerorts sogar deutlich darüber. Ohne regelmäßige Einnahmen durch Eintrittsgelder ist es für die Vereine zusätzlich schwierig, einen vernünftigen Spielbetrieb zu finanzieren. Platzmieten, Ausrüstungsgegenstände, Schiedsrichterkosten – da kommt schnell eine fünfstellige Summe im Jahr zusammen.

Andere Probleme sind hingegen hausgemacht, berichtet Peter Schmid aus der Praxis. Bei den Stadtvereinen sei ein permanenter Zu- und Abgang unter den Funktionären feststellbar. „Dass jemand – wie auf dem Land – über Jahrzehnte verlässlich die Vereinsgeschicke bestimmt, ist in der Stadt die Ausnahme.“ Das Ehrenamt steht in der heutigen Zeit nicht mehr hoch im Kurs. Die typische Bewohnerfluktuation in einer Großstadt wie München tut ihr Übriges.

Alfons Seeler

(Anmerkung: In einer früheren Version des Artikels fehlten in der Aufzählung zwei Bezirksligateilnehmer aus dem Münchner Stadtgebiet, der SV Aubing und die DJK Pasing. Vielen Dank für den Hinweis unseres Lesers Davide Musso.)

Artikel vom 01.05.2013
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