Impfbereitschaft in München spürbar zurückgegangen

München · Wichtiger Schutz oder Gefahr?

Wie sieht es mit Ihren Impfungen aus? Foto: Archiv

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München · Impfungen sind wichtig und begleiten einen durchs Leben, für viele Menschen aber sind sie zum umstrittenen Thema geworden – sie haben Ängste und Befürchtungen.

„Impfungen sind eine der wirkungsvollsten präventiven Maßnahmen gegen Erkrankungen und Tod", so Dr. Brigitte Dietz, die am Mittwoch, 24. April, im Ehrensaal des Deutschen Museums über „Impfen: Schutz oder Gefahr?“ spricht und unter anderem auch am Programm „Impfex" der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern mitarbeitet.
Der Eintritt für den Vortrag, der im Vorfeld der 3. Nationale Impfkonferenz am 15. und 16. Mai in München stattfindet, kostet 3 Euro, Einlass ist ab 18.30 Uhr, Beginn um 19 Uhr. Karten können Montag, Dienstag und Mittwoch, 9 bis 16 Uhr, unter Tel. 0 89/21 79-2 21 reserviert werden.

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„Das mit der „Gefahr“ ist provokativ gemeint, denn leider ist das Thema mit vielen irrationalen Ängsten verbunden“, erklärt die Kinderärztin, die in Taufkirchen ihre Praxis hat. Impfen sei per se eine „Körperverletzung“, bei der eine chemisch hergestellte Substanz in den Körper gespritzt werde. Manchen sei das suspekt und sie befürchten, dass die Impfung mehr Schaden als Nutzen bringt. Zwar könnten Impfungen Nebenwirkungen und Krankheiten auslösen, „aber in der Regel ist das Impfen das kleinere Übel im Gegensatz zu der drohenden Erkrankung.“

Eine „Gefahr“, so die Medizinerin, die „voll und ganz pro Impfen“ ist, bestehe bei bestimmten Allergien aber durch die verschiedenen Zusätze in den Impfstoffen: Bei einer Hühnereiweiß-Allergie etwa sei die Gelbfieber-Impfung nicht ratsam. Impfen ist freiwillig, daher fehlt es an verlässlichen Zahlen zu den Impfquoten bei Erwachsenen. Bei den meldepflichtigen Erkrankungen, deren Ausbreitung durch eine Impfung vermieden werden könnten, registriert das Münchner Referat für Umwelt und Gesundheit, das den Vortrag mitorganisiert, aber einen Anstieg, etwa bei den Masernzahlen in der Altersgruppe der jungen Erwachsenen. Dies deutet auf eine niedrige Impfquote in der Altersgruppe der nach 1970 geborenen hin. So wurden 2011 ein Viertel aller bayernweiten Masernerkrankungen in München gemeldet, betroffen waren insbesondere die jungen Erwachsenen.

„Masern verlaufen aber gerade im Erwachsenenalter oft wesentlich schwerer als bei Kindern“, rät der Münchner Kinderarzt Dr. Steffen Rabe zur Impfung. Kritisch sieht das Mitglied der Ärzte für individuelle Impfentscheidung e.V. dagegen die jährlichen Empfehlungen für Kleinkinder der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut.
Für ihn wäre es eine „intelligente Strategie“, Masern nur einmal zu impfen statt den empfohlenen zweimal für alle. Das sei meist unnötig und eine große Kostenbelastung für unser Gesundheitssystem: „Denn 95 Prozent der Kinder haben nach der ersten Impfung schon den kompletten Schutz, nur 5 Prozent bräuchten eine zweite Impfung. Die kann man dann nach einem Vierteljahr machen, wenn eine Blutuntersuchung zeigt, dass die Impfung nicht angeschlagen hat."
Die für eine Entscheidung nötigen Informationen zu sammeln, sei schon für Profis schwierig, meint der Mediziner, „aber für Eltern ist es nochmal schwieriger, sich objektiv zu informieren."
Unterstützen will Rabe das mit seiner Internetseite www.impf-info.de.

Ein Dorn im Auge sind ihm die „Hochglanzbroschüren der Pharmakonzerne", die schon in der Geburtsklinik verteilt und die Eltern nur manipulieren würden. „Wir müssen impfen, was unentbehrlich ist, aber die Empfehlung der STIKO, ein neun Wochen altes Baby in Mitteleuropa gegen Hepatitis B zu impfen, die eigentlich nur durch ungeschützten Sexualverkehr übertragen wird, halte ich für unsinnig.“ Die Impfungen gegen Pneumokokken und Windpocken gälten ebenfalls als höchst umstritten: „Windpocken sind in aller Regel eine harmlose Erkrankung, dagegen muss man nicht impfen."

In Deutschland werde generell zu viel und zu früh geimpft, findet Rabe, im Gegensatz zu Ländern mit einem vergleichbar guten Gesundheitssystem: „In Österreich etwa gibt es nur drei Impfungen, die erst später im ersten und dann im zweiten Lebensjahr erfolgen – das sei verträglicher für die Kinder als die bei uns empfohlenen und üblichen vier ab der neunten Woche. Und das österreichische Gesundheitssystem spart dabei noch 25 Prozent der Impfkosten."
Rabe kennt auch einen der Gründe für die unterschiedlichen Empfehlungen: „Einige Experten unserer Impfkommission sind doch sehr eng mit den Impfstoffherstellern verbunden, da sind Interessenkonflikte bei der Impfempfehlung unvermeidlich.“ Von Michaela Schmid

„Wann haben Sie sich das letzte Mal impfen lassen?" Stimmen Sie ab unter www.samstagsblatt.de.

Artikel vom 18.04.2013
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