Genossenschaft Kulturraum kritisiert Entwurf für VHS-Gebäude

Grafing · Kein Plan für alle

Die Mitglieder der Genossenschaft Kulturraum Grafing möchten ein Kultur- zentrum, kein reines Schulgebäude an der Rotter Straße. 	Foto: Sybille Föll

Die Mitglieder der Genossenschaft Kulturraum Grafing möchten ein Kultur- zentrum, kein reines Schulgebäude an der Rotter Straße. Foto: Sybille Föll

Grafing · Die Aussage von Grafings Bürgermeister Rudolf Heiler (FW), das neue Gebäude der Volkshochschule (VHS) und der Musikschule an der Rotter Straße 8 »nach den ausschließlichen Vorgaben der Stadt« bauen zu lassen, hat bei der Genossenschaft Kulturraum Grafing für Entsetzen gesorgt.

Die Stadt will so schnell wie möglich den Investorenwettbewerb für das neue Gebäude starten, um noch vor der Sommerpause Klarheit über die zu erwartenden Miet- und Nebenkosten zu bekommen. »Bisher hieß es, es sei nur ein Entwurf, an dem noch Änderungen vorgenommen werden können«, so die Pressesprecherin der Genossenschaft, Gabi Sabo. »Die sind auch nötig, denn wir möchten einen Veranstaltungsraum, der von der Öffentlichkeit genutzt werden kann. Das ist aber nach den jetzigen Plänen nicht möglich.«

Somit könne sich die Genossenschaft an dem Investorenwettbewerb nicht beteiligen. Sie sei gegründet worden, um ein Projekt zu finanzieren, das mehr kulturelle Vielfalt bietet und eine Aufwertung der Innenstadt darstellt. Daher hat die Genossenschaft nun einen Antrag auf Tektur des Planungsentwurfs gestellt. Demnach sollen die Vorbereitungen der Ausschreibung gestoppt und die Planungen überarbeitet werden.

Die Genossenschaft möchte einen Veranstaltungsraum mit etwa 200 Sitzplätzen und einer Raumhöhe von mindestens sechs Metern, um eine gute Akustik zu gewährleisten sowie ein angeschlossenes Theatercafé. »Die vorhandenen Auftrittsmöglichkeiten in Grafing decken den kulturellen Bedarf nicht ab«, sagt Sabo. Die Stadthalle sei für einige Theateraufführungen oder Konzerte zu groß, der Saal beim Kastenwirt zu klein, die Technik in der Bücherei nicht ausreichend.

Im neuen VHS-Gebäude, dessen Baukosten mit 4,5 Millionen Euro veranschlagt sind, sei zwar ein Veranstaltungsraum vorgesehen, aber der sei aufgrund der niedrigen Raumhöhe von nicht einmal drei Metern und damit einer schlechten Akustik ungeeignet. »Die 180 Quadratmeter wären verschenkt, weil er nicht genutzt werden würde«, sagt Kulturraum-Aufsichtsrat Heiko Sudar. »Wenn man schon so viel Geld in die Hand nimmt, sollte man es auch richtig machen«, so Sabo. Grafing brauche dringend einen Schub, um für seine Bürger attraktiver zu werden. Ein Kulturzentrum im Herzen der Stadt wäre ein Anziehungspunkt, die Innenstadt würde belebt werden. Im Moment laufe Grafing Gefahr, im Vergleich zu Nachbargemeinden den Anschluss zu verlieren – und auch kaufkräftige Kunden würden abwandern.

»In Grafing werden um 18 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt, danach passiert nichts mehr«, sagt Carlton Bunce. Der Theaterregisseur könnte sich gut vorstellen, in Kooperation mit der Musikschule ein Kinder- und Jugendtheater in dem neuen Gebäude zu gründen. Zu viele Jugendliche würden abends auf der Straße herumhängen, würden randalieren, weil sie sich langweilen. Investition in Kultur sei aktive Prävention gegen sozialen Unfrieden und sorge für die Erhöhung der Wirtschaftskraft.

Um die Pläne der Genossenschaft realisieren zu können, müsste eine Zwischendecke des fünfgeschossigen Hauses herausgenommen werden und eventuell die Jugendinitiative Grafing (JIG), für die bisher Räume im Erdgeschoss vorgesehen sind, auswandern. »Sie brauchen sowieso während der Bauzeit ein anderes Domizil, also wieso nicht gleich eine dauerhafte Lösung suchen«, erklärt Kulturraum-Vorstand Silke Lechner.

Der Antrag soll in der nächsten Stadtratssitzung am 16. April behandelt werden, die Genossenschaftsmitglieder haben um Rederecht gebeten. »Wenn dem Antrag zugestimmt würde, hätte das einschneidende Folgen für die Nutzer«, erklärt Bürgermeister Rudolf Heiler. Er zeigt sich skeptisch: »Wir planen schon seit drei Jahren, jetzt haben wir endlich einen Planungsentwurf, dem sowohl der Stadtrat als auch die Nutzer zugestimmt haben. Eine neuerliche Änderung kostet wieder Zeit und Geld.«

Außerdem befürchtet der Rathauschef, dass sich Grafing kein Kulturzentrum leisten kann. »Wir haben so viele andere Millionen-Projekte, sollen wir die dann einstampfen?« Wieso die unterschiedlichen Interessen erst jetzt zutage treten, ist unklar. Die Genossenschaft gründete sich bereits im November 2012 und laut Heinz Fröhlich, Kulturraum-Mitglied und Stadtrat, fanden im Januar Gespräche mit dem Bürgermeister statt. Heiler dazu: »Bis zur Bauausschusssitzung vor sechs Wochen habe ich nichts von den Kulturraum-Plänen gewusst.« Die Genossenschaft hofft nun, dass dem Antrag stattgegeben und sie als möglicher Investor künftig in die Planungen miteinbezogen wird. Am Mittwoch, 24. April, will sie alle Interessierten über den aktuellen Stand informieren, Beginn der Veranstaltung im Heckerbräu am Marktplatz ist um 20 Uhr. Sybille Föll

Artikel vom 09.04.2013
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