„Da schau her!“ - Albrecht Ackerland über Münchner SamstagsBlatt

München · Thema der Woche: Taschen für Männer

München · So eine Tasche ist schon eine große Erleichterung. Alles dabei, auf jede Situation vorbereitet, für alles Eventuelle gesorgt. Allein das Wissen darum baut Stress ab. Theoretisch.

Ich habe es neulich mal mit einer Tasche probiert. Und ich habe sie prompt in der Trambahn liegen lassen. Abgelegt hinter einem Sitz, so eine baumelnde Tasche kann auch wirklich nerven an der Schulter und im Gedränge. Ich hatte meinen Neffen vom Kindergarten abgeholt, er hatte – Gastfreund alter Schule – zwei Damen zu sich geladen zum casual dinner, „fannkuchenessen“, wie er sagte. Wir waren also zu viert, drei emsige aufgeregte, wasserfallartig redende Sechsjährige und eine Art Spätkind mit Tasche. Zuhause angekommen, musste mich mein Neffe aufmerksam machen, dass an meiner Schulter doch etwas fehle. Sie hatte so vielversprechend in meinen Träumen begonnen, nun war meine Karriere als Taschist schon wieder beendet.

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Kajal und Lippenstift wären erst noch zu besorgen gewesen, andere liebe Dinge meiner Habe fehlen nun tatsächlich sehr. Mein nagelneuer Führerschein samt Carsharing-Wapperl, dazu Ausweis, Bank- und Versicherungskarten, Notizen, ein kleines Musikabspielgerät und anderer teurer Tand, den ich zwar längst vergessen habe, der mir aber trotzdem fehlt. So seelisch gesehen. Es ist so, dass Stücke und Güter, die in Fahrzeugen der MVG gefunden werden, mindestens eine Woche bis zum städtischen Fundbüro brauchen. Der Fall Herrenhandtasche ist nun zwar einige Tage alt, mein österliches Suchen bleibt in diesem Jahr auf jeden Fall erfolglos, das ist jetzt schon sicher. Da wird auch das eine oder andere Ei nichts mehr retten.

Gefunden habe ich durch den Fall Herrenhandtasche aber etwas anderes, eine Erkenntnis nämlich. Herrenhandtaschen ergeben einen Sinn, also vor allem diese schlichte Schlaufe, um sie lässig am Handgelenk baumeln zu lassen. Wäre meine Herrenhandtasche tatsächlich eine gewesen, ich hätte sie selbstverständlich nicht abgelegt, da sie ja mittels Handgelenkverbindung eine Art Körperteil geworden wäre. Ich hatte aber eine Umhängetasche. Da lag der Fehler. Trotzdem halte ich mich künftig an eine zweite Erkenntnis: Ausgebeulte Hosentaschen sind gut, denn sie sind gefüllt und lassen sich nicht verlieren. Und auf Lippenstift verzichte ich einfach. Bescheidenheit muss sein.

Artikel vom 28.03.2013
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