Glonnerin erhält das Bundesverdienstkreuz

Glonn · Die Donnerstagsdamen

Die Auszeichnung gehört allen Frauen: Brigitte Lehmann (vorne l.) „teilt“ das Bundesverdienstkreuz mit „ihren“ Donnerstagsdamen. 	Foto: Sybille Föll

Die Auszeichnung gehört allen Frauen: Brigitte Lehmann (vorne l.) „teilt“ das Bundesverdienstkreuz mit „ihren“ Donnerstagsdamen. Foto: Sybille Föll

Glonn · Seit fast 40 Jahren organisiert Brigitte Lehmann die „Donnerstagsdamen“, rund 30 Frauen, die einmal im Monat ins Glonner Caritas Alten- und Pflegeheim gehen und den Bewohnern Gesellschaft leisten.

Sie bringen ihnen Kaffee und Kuchen, hören ihnen zu und singen mit ihnen. Für dieses Engagement überreichte Staatsministerin Christine Haderthauer in Vertretung des Bundespräsidenten vergangene Woche Brigitte Lehmann das Bundesverdienstkreuz.

Die 80-Jährige nahm es bescheiden an. „Für mich gehört die Auszeichnung allen Frauen“, sagt sie. Genauso wie die Europäische Ehrenmedaille für Ehrenamtliche, die ihr im Dezember 2011 verliehen wurde – ebenfalls für ihren Einsatz im Marienheim. Schließlich gäbe es ohne die Frauen die „Donnerstagsdamen“ nicht. Und auch nicht ohne den mittlerweile verstorbenen Arzt Peter Kreutzer, der die Gruppe 1975 initiierte. Er stellte fest, dass viele Bewohner des Heims ehemalige Kriegsflüchtlinge waren, die keine Angehörigen hatten. Damit sie sich nicht so einsam fühlten, schlug der Arzt freiwillige Besuchsdienste vor. Brigitte Lehmann übernahm dafür die Koordination. Die Glonner Damen kamen einmal im Monat mit selbst gebackenem Kuchen, man saß zusammen und erzählte oder sie unternahmen Ausflüge mit den Heimbewohnern.

Seitdem hat sich vieles verändert. Damals waren es etwa 170 Bewohner, von denen 20 bettlägerig waren. „Heute ist es umgekehrt“, sagt Lehmann. Viele seien dement, eine normale Unterhaltung sei da gar nicht mehr möglich. „Dann singen wir mit ihnen, das können alle. Sogar die Texte von alten Kinderliedern oder Gedichten können sie auswendig. Nur mit der Gegenwart haben sie Probleme“, sagt Anneliese Endisch, 70. Sie gehört wie Bernadette Estendorfer, 63, zu den „Frauen der ersten Stunde“. Die meisten „Donnerstagsdamen“ sind schon sehr lange dabei – und kommen nicht nur einmal im Monat. „Man hat schließlich Beziehungen zu den Menschen aufgebaut, sagt Helga Berninger, 66, die seit über 35 Jahren dazu gehört. Wenn sie Krapfen bäckt, dann geht sie schnell hoch ins Heim und bringt ein paar vorbei. „Das habe ich früher auch gemacht, aber inzwischen geht mir das zu nah“, gesteht Rosmarie Trowe, 68. Einmal hatte sie jemanden, den sie öfters besucht hat. Eines Tages kam sie mit ihrem Erdbeerkuchen und da sagte ihr eine Schwester, dass der wohl nicht mehr gegessen wird, der Mann läge im Sterben.

„Ja, man erlebt schöne und weniger schöne Geschichten dort“, so Lehmann. Ein schönes Erlebnis von ihr: Sie hat sich mit einem Mann unterhalten, der früher Vermesser bei der deutschen Reichsbahn gewesen ist. „Ach, dann kennen Sie vielleicht einen Herrn Wagner“, hat Brigitte Lehmann ihn gefragt. „Ja, der hatte doch eine Tochter, die jetzt im Ausland ist“, meinte er. Woraufhin Lehmann antwortete „die Tochter sitzt neben Ihnen“. Es sei nett gewesen, jemanden zu treffen, der ihren Vater kannte, so Lehmann, die aus Hinterpommern stammt und 1939 nach München kam. Im Ausland war sie tatsächlich: 1959 traf sie einen alten Jugendfreund wieder, der mittlerweile in Afrika eine Seifenfabrik leitete und auf Heimaturlaub war. Sie folgte ihm und sie heirateten im Busch, wo auch die Tochter geboren wurde. Es folgten zwei Söhne und ein neues Leben im damaligen Persien. Erst 1972 zog die Familie nach Glonn. Jetzt, mit 80 Jahren, möchte sich Brigitte Lehmann langsam von ihren Aufgaben zurückziehen. Sie sucht daher dringend eine Nachfolgerin für die Organisation der „Donnerstagsdamen“.

Auch die anderen Damen wünschen sich Nachwuchs, der in ihre Fußstapfen tritt. „Noch sind wir fit. Aber wie lange noch?“, meint Berninger. Am 28. März treffen sich die Donnerstagsdamen um 14 Uhr im Marienheim, um sich der neuen Heimleitung vorzustellen. Wer Interesse hat dazuzukommen, kann sich bei Brigitte Lehmann melden unter Telefon 0 80 93/14 25. Von Sybille Föll

Artikel vom 14.03.2013
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...