Konzert im eigenen Wohnzimmer: Verein macht’s möglich

Baldham · Klassik buchen

Gerlinde und Murilo Souza lassen sich vom Ensemble »Chordon Blue« Kostproben vorspielen, damit sie die Musiker weiterempfehlen können. 	Foto: sf

Gerlinde und Murilo Souza lassen sich vom Ensemble »Chordon Blue« Kostproben vorspielen, damit sie die Musiker weiterempfehlen können. Foto: sf

Baldham · Ein klassisches Konzert in den eigenen vier Wänden genießen und damit noch junge Künstler fördern: Mit diesem Gedanken begann der Verein »Deutsch-Österreichische Gesellschaft der Musikfreunde« vor 15 Jahren seine Reihe »Wohnzimmerkonzerte« in Baldham.

Neu ist, dass der Künstlernachwuchs in Sachen Klassik jetzt auch an Musikbegeisterte weitervermittelt wird und dass sich die jungen Musiker mit einem eigenen Porträt kostenlos auf der Vereinshomepage vorstellen können. Eine der ersten Künstlerinnen, die im Wintergarten der Vereinsvorsitzenden Gerlinde und Murilo Souza auftraten, war Silke Aichhorn, heute eine bekannte Harfenistin. Doch nun sind die Stühle für die Zuhörer beiseitegeschoben. »Wir werden nicht jünger und die Organisation einer solchen Veranstaltung ist aufwendig«, erklärt der 70-jährige Hausherr. Seine Frau, 69, die seit einem Autounfall in den Neunzigern im Rollstuhl sitzt, kann ihm bei der Vorbereitung nur eingeschränkt zur Seite stehen. Trotzdem sollen die »Wohnzimmerkonzerte« weiterleben. »Wir vermitteln die jungen Künstler jetzt an andere Musikbegeisterte«, sagt Souza, »aber nicht, ohne sie vorher kennengelernt zu haben«.

An diesem Nachmittag ist das Trio »Chordon Blue« zu Gast bei den Souzas in der Verdistraße. Die Videokamera steht bereit, die drei Studenten der Münchner Musikhochschule, die seit Anfang 2012 gemeinsam musizieren, wollen das Vorspielen gleich dazu nutzen, einen Film für das Internet-Portal Youtube aufzunehmen. Den Link dazu veröffentlichen sie dann auf der Website der »Deutsch-Österreichischen Gesellschaft der Musikfreunde«, wo auch das komplette Porträt des Ensembles zu finden ist. Dies ist Teil des Förderprogramms Junge Künstler, das der Verein anbietet, genauso wie Pressemitteilungen verfassen und Hilfe beim Verkauf von CDs. Patrick Hollnberger steigt mit seinem Kontrabass auf die von üppigem Grün umrahmte Bühne, Lisa Schöttl folgt ihm mit ihrem Hackbrett. Anna Vob bleibt mit ihrer großen Harfe lieber unten vor der Bühne. »Ihr solltet die Stücke nicht ausspielen, sondern kurze Sequenzen eures gesamten Repertoires aufnehmen«, rät Souza, bevor er sich mit seiner Frau an die Seite stellt und lauscht. Was er hört, gefällt ihm.

Nicht nur die Musiker nimmt er unter die Lupe, auch diejenigen, die Musiker engagieren möchten, werden nach Art der Veranstaltung, Dauer und gewünschtem Programm befragt und umfassend informiert: Dass der Nachwuchs eine Gage bekommt, dass bei einem öffentlichen Konzert Gema-Gebühren anfallen und die Konzerte daher nur in privatem Rahmen stattfinden sollten. Und dass die Nachbarn in Kenntnis gesetzt werden sollten, damit keine Beschwerden über ­Lärmbelästigung eingehen. »Wir ­haben schon einige Interessenten«, freut sich Souza.

Die Künstlerförderung ist nur ein Baustein in der Vereinsarbeit der »Deutsch-Österreichischen Gesellschaft der Musikfreunde«. Weitere Schwerpunkte sind die Organisation von Musikreisen sowie ein Karten- und Festspielservice. Die rund 300 Mitglieder werden in regelmäßigen Rundschreiben dar­über informiert, welche Kartenkontingente zur Verfügung stehen, vornehmlich für Aufführungen bei den Salzburger und Bregenzer Festspielen, der Wiener Oper sowie in den Opernhäusern in Berlin und München – daher kommt auch der Name des Vereins. »Am Anfang hieß er ›Dachauer Musikkreis‹, da wohnten wir, bevor wir nach dem Unfall meiner Frau nach Baldham zogen«, erklärt Murilo Souza, der aus Brasilien stammt. In Mannheim studierte er Volkswirtschaft, ging in die Marktforschung, dann in die Pharmaindustrie, bis er seine Liebe für die Musik entdeckte und sich mit einem Vermittlungsbüro für Kulturreisen selbstständig machte. In dieser Zeit hat er viele Kontakte geknüpft. »Daher bekommt unser Verein tolle Angebote«, sagt er verschmitzt.

Bedauerlicherweise seien die Mitgliederzahlen in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgegangen. »Wir werden alle älter und junge Leute kommen nicht hinzu«, sagt Souza. Außerdem seien die 130 Euro Mitgliedsbeitrag pro Jahr nicht gerade wenig. Sollte sich der Verein irgendwann auflösen, gebe es eine wichtige lokale Plattform weniger für den Nachwuchs im Bereich Klassik. Weitere Informationen zum Verein und zu den Künstlern gibt es im Internet unter www.musikunst.de. Sybille Föll

Artikel vom 05.03.2013
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