Was ist los beim Fußball-Viertligisten Ismaning?

Ismaning · Rebellion beim FCI

Thomas Bachinger (oben) war neun Jahre beim FCI, inzwischen wurde ihm gekündigt. Als Roman Grill (links) neuer Trainer wurde, ging der Stress beim Club los.		Fotos: Sven Leifer

Thomas Bachinger (oben) war neun Jahre beim FCI, inzwischen wurde ihm gekündigt. Als Roman Grill (links) neuer Trainer wurde, ging der Stress beim Club los. Fotos: Sven Leifer

Ismaning · Trainerwechsel, Trainingsboykotte, Suspendierungen, Rücktritte und Gerüchte – ein Fußball-Viertligist in aller Munde. Bundesweit ist in den letzten Wochen über den FC Ismaning berichtet worden.

Doch der Anlass war ein negativer, die Verantwortlichen hätten sich wohl schönere Schlagzeilen gewünscht. Der Grund: Zum Jahreswechsel war der bisherige Trainer Frank Schmöller von Roman Grill abgelöst worden. Und an dem scheiden sich die Geister. Denn Grill führt eine Sportmarketingagentur, mit der er Profifußballer berät und vertritt. Nachdem Grill zwei langjährige Leistungsträger abgesetzt hatte, rebellierte die Mannschaft. Es hagelte Kündigungen. Über die Leistungsstärke des »neuen« FC Ismaning lässt sich derzeit noch keine Einschätzung treffen.

Was zwischen Grill und den beiden suspendierten Thomas Bachinger und Bernd Häfele vorgefallen ist, lässt sich ebenso wenig auflösen. Kapitän und Mittelfeldspieler Bachinger, seit neun Jahren in der Ersten Mannschaft, und Häfele, seit acht Jahren dabei und ebenfalls im defensiven Mittelfeld unterwegs, sollen von Grill gefordert haben, zu unterschreiben, dass er keinen von ihm beratenen Akteur unter Vertrag nimmt. Zudem bemängelten die Spieler, der neue Trainer habe nach mehreren Tagen Training einige Spielernamen und deren Positionen noch nicht gekannt. Grill hingegen soll moniert haben, einige Spieler hätten bei seinem Vorgänger ein Stein im Brett gehabt, es sei nicht nach Leistung aufgestellt worden. Fakt ist: Als der Verein Bachinger und Häfele rauswarf, boykottierten einige weitere Stammspieler das Training – und das führte zu Rauswürfen.

Mijo Stijepic, Maximilian Knauer, Uli Fries, Fabian Negele, Franz Hübl, Florian Wolf und Alexander Weiser werden nicht mehr für den FCI auflaufen dürfen. Da der Boykott einer Arbeitsverweigerung gleichzusetzen ist, kann der Klub die Verträge kündigen. Wären die Spieler in einen offiziellen Streik getreten, hätte das Kündigungsschutzrecht gegolten. Die Kündigungen seien noch nicht endgültig vollzogen, erklärte der sportliche Leiter Manfred Rauscher am Wochenende: »Das sind arbeitsrechtliche Dinge, die zum Teil noch im Prozess sind.« Nur Torhüter Andreas Rössl machte einen Rückzieher, er gehört mittlerweile wieder zum Kader.

Rauschers Auftrag ist es nun, den Kader aufzufüllen. Aus der U23 und U19 wurden bisher Anthony Butge, Torsten Walfort und Samed Aladdinoglu hochgezogen, dazu kommen der neue zweite Keeper Stefan Marinovic und Merdim Süleyman, der lange verletzt war, nun aber wieder fit ist und einen Vertrag unterschrieben hat – genauso wie Nico Reisenauer, der zuletzt für die U19 der SpVgg Unterhaching aktiv war. »Wir haben Vertrauen in den Kader. Jetzt müssen halt die Neuen und die, die bisher noch nicht so viel gespielt haben, schnell auf das Niveau kommen«, fordert Rauscher, der sicher ist: »Es wird schwer, aber 16 Spiele sind genug, um Punkte zu holen.« Aktuell rangiert der FCI auf Rang 13, die ersten beiden Punktspiele 2013 gegen Eltersdorf und in Memmingen wurden witterungsbedingt abgesagt. In einem Testspiel gegen den zwei Klassen tiefer spielenden FC Pipinsried setzte es eine herbe 1:2-Niederlage.

Auch ein Sportjournalist soll beteiligt sein

So weit, so schlecht. Als hätte das Ansehen des Vereins unter den Veränderungen im Kader nicht schon genug gelitten, haben die Geschehnisse seltsame Ausmaße angenommen. In der lokalen Presse wurde sogar ein vereinsnaher Journalist interviewt, weil ihm eine Mitschuld am Chaos eingeräumt wurde. Der Team-Betreuer Sven Leifer, sieben Jahre lang »Mädchen für alles« beim FCI, trat verärgert zurück. Und nun soll sogar Stadionsprecherin Alexandra Schebel über denselben Schritt nachdenken. Der Image-Schaden ist riesig, nur der Klassenerhalt mit dem geschwächten Kader könnte wieder für Positiv-Schlagzeilen sorgen.

Der geschasste Ex-Kapitän Thomas Bachinger, der Roman Grill »soziale Inkompetenz und keine Spur Menschlichkeit« vorwarf, hat derweil bereits eine neue Beschäftigung ab dem kommenden Sommer gefunden. Er wird Spielertrainer beim SC Grüne Heide Ismaning, wo deshalb der aktuelle Coach Christian Grüll seine Koffer packen muss. Für den Kreisklasseklub Grüne Heide ist die Verpflichtung freilich ein Glücksfall – allerdings einer, über den nicht bundesweit berichtet worden ist. Jan Lüdeke

Artikel aktualisiert am 06.03.2013.

Artikel vom 05.03.2013
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