Ein Kommentar von Alfons Seeler

Giesinger Ungeduld

Auf dem Schleudersitz. Foto: A. Wild

Auf dem Schleudersitz. Foto: A. Wild

München · Was in der Öffentlichkeit der hektischen Medienstadt München einfach nicht wahrgenommen wird: der TSV 1860 München hat sich in den vergangenen sechs Zweitliga-Jahren sportlich sukzessive in Zwei-Jahres-Schritten verbessert. Und das trotz notorischer wirtschaftlicher Nöte und damit verbundener politischer Kapriolen in den Funktionärsgremien.

Ein kurzer Rückblick in Zahlen: Zum Abschluss der Saison 2007/2008 belegten die Weiß-Blauen den 11. Rang (Trainer Marco Kurz, Sportdirektor Stefan Reuter). In der folgenden Saison 2008/2009 reichte es unter Kurz, gefolgt von den Trainern Uwe Wolf und Ewald Lienen, am Ende für Platz 12. Das gleiche Bild, nur um zwei Plätze verbessert, zeigt sich in den Folgejahren: 2009/2010 schloss man mit Trainer Ewald Lienen (Sportdirektor Miroslav Stevic) auf dem achten Platz ab. In der anschließenden Runde 2010/2011 sprang unter Nachfolger Reiner Maurer der neunte Rang heraus, wobei dem Klub zwei Punkte abgezogen wurden, wegen eines Verstoßes gegen die Lizenzierungsordnung. 2011/2012 landete man unter Trainer Reiner Maurer (Sportdirektor Florian Hinterberger) am Ende auf dem sechsten Platz. In der laufenden Saison 2012/2013 steht der TSV 1860 München unter den Trainern Reiner Maurer und seinem Nachfolger Alexander Schmidt aktuell auf Rang Fünf.

Was diesem Klub sportlich vor allen Dingen fehlt, etwa im Vergleich mit der gerne neidisch betrachteten Eintracht aus Braunschweig, ist Geduld und ein längerer Atem. Warum können die sportlich Verantwortlichen beim TSV 1860 nie in Ruhe arbeiten und auch mal ein paar Spiele verlieren, ohne dass gleich der typische Münchner Wahnsinn ausbricht? Weil ein völlig überzogenes sportliches Anspruchsdenken im Umfeld und die nach wie vor irre Kostenstruktur in der Allianz Arena eine solide sportliche Entwicklung unmöglich machen. Alles muss in Giesing Ex und Hopp passieren. Dazu kommen wechselnde Funktionäre ohne Standhaftigkeit und Durchhaltevermögen sowie eine Presselandschaft, die sich immer nur für den nächsten Aufreger interessiert.

Die kommenden Opfer der traditionellen Ungeduld beim TSV 1860 München werden Trainer Alexander Schmidt und Sportdirektor Florian Hinterberger sein. Die Vorstellung, dass man mit den beiden und kontinuierlicher Entwicklung innerhalb der nächsten beiden Jahre den ersehnten Aufstieg schaffen kann, ganz einfach, weil der Trend dafür spricht? In solchen Zeiträumen denkt niemand beim Klub. Es zählt immer nur das hektische Hier und Jetzt. Neue Namen, neue falsche Hoffnungen und das alte Leid. Solange dieser Teufelskreislauf nicht durchbrochen wird, bleibt der TSV 1860 mit seiner ersten Herrenmannschaft das was er ist, eine schräge Skandalnudel mit zugegeben hohem Unterhaltungsfaktor, aber ohne sportliche Perspektive.

Alfons Seeler

Artikel vom 27.02.2013
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