Tag der Muttersprache am 21. Februar: Regionaltypisches fördern

München · Dialekte stärker positionieren

München · Zum Tag der Muttersprache am 21. Februar fordert der Vorsitzende des Fördervereins Bairische Sprache und Dialekte e. V. (FBSD), Horst Münzinger, eine erheblich stärkere Positionierung der Dialekte in der Spracherziehung in Bayern als bisher.

So selbstverständlich und richtig es sei, die deutsche Standardsprache und Fremdsprachen zu erlernen, so unverzichtbar sei es auch, gleichrangig den Zugang zur bairischen Sprache, ihren Dialekten und Besonderheiten zu ermöglichen. Das Lernen und Kennen regionaltypischer Ausdrücke und Redewendungen fördere das individuelle und gemeinschaftliche Selbstverständnis, eröffne den Zugang zu vielen Sparten der reichhaltigen bayerischen Kultur und gebe heimatliche Orientierung.

Defizithypothese widerlegt

Vernachlässigung, Ignoranz und Ablehnung der in Bayern üblichen Mundarten führten hörbar zum Verlust der Sprachenvielfalt und ebneten der Reduzierung auf ein nordisch geprägtes Einheitsdeutsch in Bayern weiter den Weg. Um die Dringlichkeit begreifbar zu machen und unter Hinweis auf den Kulturschutz-Artikel 3 der bayerischen Verfassung, fordert Münzinger deshalb von der bayerischen Staatsregierung, analog anderer Bestandsaufnahmen regelmäßig auch Kulturzustandsberichte mit der Rubrik Heimatsprache zu veröffentlichen. »Schwindsucht allerorten, Zukunft stark gefährdet, wäre der gegenwärtig zutreffende Befund über die Mundartkompetenz, besonders bei Kindern und Schülern«, so Münzinger. Die Hypothese aus den 1960er Jahren, wonach Mundart sprechende Kinder und Schüler mit Lernschwierigkeiten, Sprachproblemen und beruflichen Nachteilen belastet würden, halte sich in manchen Köpfen hartnäckig, doch sei diese Behauptung seit langer Zeit, sowohl wissenschaftlich wie auch durch Schulleistungsvergleiche, mehrfach widerlegt. Die Forderung, der Mundart mehr Raum zu geben, richte sich deshalb an die gesamte Öffentlichkeit, besonders aber an die Verantwortlichen in der bayerischen Staatsregierung und in den Fernseh- Radio- und Zeitungsredaktionen.

Staatliche Maßnahmen prüfen

Die bayerische Erziehungs- und Schulpolitik müsse die Wirksamkeit ihrer Maßnahmen zur Mundartförderung regelmäßig und konsequent prüfen und Mängel beseitigen. Zudem müssten das für die Kindergärten zuständige Sozialministerium und das für die Schulen zuständige Kultusministerium im Intranet Plattformen mit Lernmaterial schaffen, das Erzieher und Lehrer jederzeit abrufen können.

Initiierte Schulhandreichung

Vorbild könnte die im Internet abrufbare, 2005 vom Förderverein Bairische Sprache und Dialekte initiierte Schulhandreichung »Dialekte in Bayern« sein. Auch ein offenes Forum für die Präsentation einfallsreicher Kindergarten- und Schulprojekte zur Mundartförderung sei hilfreich und ermögliche den Erfahrungsaustausch zwischen den Erziehungseinrichtungen und zwischen den Schulen. Beide Maßnahmen seien eine wichtige und sinnvolle Ergänzung zu den in Verordnungen und Lehrplänen enthaltenden Empfehlungen und Vorgaben zur Mundartförderung.

Mut zur heimischen Sprachfärbung

Von den Verantwortlichen der Fernseh- und Radioredaktionen in Bayern fordert Münzinger mehr Mut zum Gebrauch heimischer Sprachfärbung und Dialekte durch Schauspieler und Sprecher anstelle der Verwendung theaterdeutscher Kunstsprache. Die bisherigen Erfahrungen zeigten, dass vermehrt mundartlich getragene Sendungen und Beiträge breite Zustimmung auch außerhalb Bayerns erlangen. Auch Textbeiträge in Zeitungen und Zeitschriften mit Mundartthemen und unter Verwendung heimischer Begriffe und Wörter würden gern gelesen und förderten den Dialektgebrauch in Bayern.

Selbstbewusste Eltern als Vorbild

Die Mundart sprechende Bevölkerung insbesondere Eltern und Großeltern forderte Münzinger auf, selbstbewusst Dialekt zu sprechen und an die nachfolgende Generation weiterzugeben. Bitten von Schülern, Studenten und Privatleuten an den Förderverein Bairische Sprache und Dialekte zur Unterstützung von Projekten und Seminararbeiten offenbarten teilweise erschreckend geringes Wissen zur bairischen Sprache, gleichzeitig aber auch großes Interesse an Sprachherkunft, Verbreitungsgebiet und Wortkunde. »Wer Kindern den Gebrauch der Mundart und das Wissen um Herkunft und Bedeutung der heimischen Sprache vorenthält, macht sich mitschuldig am Verlust eines der wertvollsten Kulturgüter Bayerns«, so Münzinger.

UNESCO für Sprachpflege

Der 21. Februar wird weltweit als »Internationaler Tag der Muttersprache« begangen, basierend auf einem Beschluss der Generalversammlung der UNESCO vom November 1999. Die Idee für diesen Ehrentag entstammt der Überzeugung, dass die Sprache eine der höchsten Kulturleistungen des Menschen ist. Zudem trägt sie in ihren vielfältigen Ausprägungen wesentlich zur individuellen und gemeinschaftlichen Identitätsbildung bei. Ihr sorgfältiger Gebrauch und ihre behutsame Pflege stellen eine ebenso anspruchsvolle wie unverzichtbare Aufgabe dar. In einer Welt, in der die Sprache durch Verkürzungen, formelhafte Wendungen und falsche Vorbilder zu verarmen droht, ist Sprachpflege noch bedeutender geworden. Der Förderverein Bairische Sprache und Dialekte e. V. mit seinen über 3.300 Mitgliedern größter Sprachverein in Bayern, stellt sich dieser Aufgabe und wirkt in den Regionen Altbayerns. Neben der Unterstützungsleistung für Projekt-, Seminar- und Magisterarbeiten initiieren und fördern Mitglieder des Vereins Maßnahmen zur Mundartförderung in der Öffentlichkeit, in Kindergärten und in Schulen. Dabei übersteigt die Nachfrage das Angebot an ehrenamtlicher Unterstützungsmöglichkeit bei weitem.

Artikel vom 19.02.2013
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