Landratsamt Erding engagiert weitere Biberberater

Landkreis Erding · Plage oder Bereicherung?

Spuren des Bibers: die Nagetiere ernähren sich von der Rinde junger Weiden. 	Foto: Landratsamt Erding

Spuren des Bibers: die Nagetiere ernähren sich von der Rinde junger Weiden. Foto: Landratsamt Erding

Erding · Naturschützer bewundern ihn dafür, wie er neue Lebensräume für Tiere und Pflanzen schafft, manche Landwirte und Kommunen hassen ihn wegen der Schäden, die er verursacht: Die Rede ist vom Biber.

Zwischen den beiden dargestellten Extremen steht Biberberater Peter Sollnberger, seit Ende 2008 ehrenamtlich im Landkreis Erding engagiert. Nun soll er aufgrund der Größe des Landkreises und der Vielzahl an Anfragen Unterstützung von drei weiteren Biberberatern bekommen. „Eine Biberfamilie besteht aus dem Elternpaar und zwei Generationen von Jungtieren, also bis zu acht Tieren, die gesellig in einer perfekt eingerichteten Burg zusammen leben“, erklärt Sollnberger. „Nach zwei Jahren verlässt jeder Jungbiber diese Burg und sucht sich ein neues Revier – das ist auch ein Grund für die Ausbreitung der Art.“

Laut Anton Euringer, oberster Naturschützer im Landkreis, gibt es mittlerweile flächendeckend etwa 50 bis 60 Familien mit rund 250 bis 300 Tieren im Landkreis Erding, in ganz Bayern seien es etwa 14.000 Tiere. „Man findet den Biber vor allem im nördlichen Landkreis, auch am Flughafen gibt es die Nagetiere.“ Doch zwischen den landwirtschaftlichen Interessen und der Eigendynamik der Tiere entstehen Spannungen – dabei könne man mit einfachen ­Präventivmaßnahmen Schaden von vornherein abwenden“, sagt Euringer. Mit einem speziellen Anstrich oder Gitter könnten Bäume geschützt werden. Elektrozäune hielten den aus dem Nassen kommenden Biber davon ab, sich an Feldfrüchten zu ­stärken. 90 Prozent der Biberkonflikte entstünden innerhalb eines zehn Meter breiten Streifens am Gewässer – „den ­müssen die Landwirte eben frei lassen!“ Der Biber sei ein Indikator für eine intakte Umwelt. „Wo er auftaucht, gibt es noch naturnahe Bereiche, und wo man ihm freien Lauf lassen kann, ist er eine Bereicherung für die Landschaft“, so Euringer.

Für Naturschützer ist der Biber ein genialer Zimmermann neuer Lebensräume für andere Tierarten. Er schafft Lebensbedingungen für den Fischotter, den Schwarzstorch und zahlreiche Amphibien- und Libellenarten. Er renaturiert begradigte Flüsse und Bäche – dadurch steigt die Artenzahl sprunghaft an: Laubfrösche und Fische profitieren enorm. Die Reste einer Bibermahlzeit, wie abgenagte Weiden­äste, bieten der Fischbrut Versteckmöglichkeiten.

Auf der anderen Seite stehen die Landwirte, die sich über abgefressene Mais- oder Zuckerrübenfelder, untergrabene Wege und unter Wasser stehende Äcker ärgern. Ebenso schimpfen viele Kommunen über aufgestaute Zuflüsse zur Kläranlage und verstopfte Rohre. Um diese Spannungen abzubauen, wurde in Bayern seit 1998 das Bibermanagement eingerichtet, mittlerweile 200 Biberberater informieren Schulen, aber vor allem Landbesitzer. Sie beraten, vermitteln Hilfen, helfen bei Maßnahmen wie Zäunen, Gittern, Anstrichen – achten gleichzeitig den strengen Schutz des Bibers. „Wer einen Biber selbst tötet oder eine Biberburg zerstört, begeht eine schwere Straftat. Bevor es so weit kommt, müssen wir vermitteln“, sagt Biberberater Sollnberger. „Sobald der Bauer sein Maisfeld abgeerntet hat, gräbt auch der Biber keine Röhren mehr dorthin, um ungesehen zu seiner Nahrungsquelle zu gelangen, denn er geht nicht weiter als 25, 30 Meter von seinem Gewässer weg. Und wenn vom Biber gefällte Bäume sofort wieder ‚aufgeräumt‘ werden und dem Biber so seine Winternahrung entzogen wird, dann ist er gezwungen, neue Bäume zu fällen. Besser ist es, den Baum liegenzulassen, und erst im Frühjahr den vom Biber genutzten Baum zu entfernen. Und wo es gar nicht anders geht, fangen wir außerhalb der Schonzeit von März bis Ende September ‚Problembiber‘ auch weg“, so Sollnberger. 14 Fallen hat der Landkreis dafür, jede der grünen, fast mannshohen Metallkisten kostet 700 Euro, etwa 20 bis 25 Biber sollen damit bis zur nächsten Schonzeit gefangen und getötet werden. „Da die Biber wegen ihrer kurzen Beine außerhalb des Wassers nicht sehr schnell sind, werden viele auf den Straßen überfahren, im vergangenen Jahr zwölf Biber. Zudem beißen sich bei Revierkämpfen einige gegenseitig tot. Die Anzahl im Landkreis wird also kaum noch weiter steigen“, sagt Euringer.

Der Fonds für Biberschäden wurde in Bayern mittlerweile mehrfach aufgestockt und beträgt schon 450.000 Euro, im Landkreis Erding gab es 2011 als echte Schadensfälle 35 Meldungen, dafür wurden 9.500 Euro ausbezahlt. „Bei kleineren Schäden, wie Gräben oder Löchern, versuche ich schnell und unbürokratisch mit Sand und Schaufel oder einem Bagger zu helfen. Größere Schäden der Landwirte nehme ich exakt auf. Ein Problem ist allerdings, dass es keinen generellen Anspruch auf Entschädigung gibt und das Geld des Freistaats erst ein Jahr später ausbezahlt wird – da sind dann viele Landwirte zurecht sauer. Doch generell hat sich das Verständnis und das Wissen um die putzigen und sehr menschenscheuen Nager deutlich erhöht – daran werden wir weiter arbeiten“, verspricht Biberberater Sollnberger. bb

Artikel vom 03.01.2013
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...