Die Bogenhauserin Malalai Hamidi ist unser Engel 2012

Bogenhausen · Mutige Kämpferin

Malalai Hamidi freute sich sehr über den Engel und die Gutscheine. Deren Einlösung wird aber noch warten müssen. Erst wird sie wieder einmal nach Kabul reisen, um ihren Landsleuten zu helfen.	Foto: hgb

Malalai Hamidi freute sich sehr über den Engel und die Gutscheine. Deren Einlösung wird aber noch warten müssen. Erst wird sie wieder einmal nach Kabul reisen, um ihren Landsleuten zu helfen. Foto: hgb

Bogenhausen · »Wenn man will, geht alles, schafft man alles. Ich kämpfe, ich kämpfe immer weiter, ich bin immer da, auch für meine Kinder.« Eine starke Frau, diese Malalai Hamidi, die aus Kabul stammt und seit 15 Jahren in Bogenhausen lebt.

Obwohl sie Schlimmes erleben und ertragen musste, bringt sie die Kraft auf, für andere zu kämpfen: für Frauen und Familien aus ihrem Heimatland, die jetzt in München leben, für Waisen- und Straßenkinder in Afghanistan, für Senioren im 13. Stadtbezirk. Für ihren steten Einsatz für andere hat der »Bogenhausener Anzeiger« sie zum »Weihnachtsengel 2012« erkoren. Ziel dieser alljährlichen Weihnachtsaktion ist es, Menschen zu ehren, die anpacken, helfen, wo Hilfe nötig ist, die da sind, wenn man sie braucht. Als kleine Anerkennung erhielt Hamidi eine Engelsfigur von Pflanzen Kölle und zwei Gutscheine für die Therme in Erding.

Das Schicksal hat ihr oft übel mitgespielt, sie hat auch Dramatisches, Erschütterndes erleben müssen. Ende 1992 erlitt die Stewardess bei einem Flug in ihrer afghanischen Heimat schwerste Brandverletzungen am Arm und an der Schulter – das Flugzeug mit dem Präsidenten an Bord war beim Start auf dem Kabuler Flughafen mit einer Rakete beschossen worden. Der Pilot konnte die Maschine zwar notlanden, sein Co-Pilot wurde jedoch getötet. Es begann eine schreckliche Zeit für afghanische Frauen im Vorfeld der Machtübernahme durch die Taliban 1994: Unterdrückung, Gängelung, ja Bedrohung. Frauen wurde vieles verboten, und Hamidi durfte nicht mehr fliegen. Sie sah keinen anderen Weg und verließ 1993 ihre Heimat Richtung Deutschland. Eine Woche nach ihrer Ankunft in Bayern wurde sie als Asylbewerberin anerkannt. In München heiratete sie im Jahr darauf, ihre beiden Söhne Hamed und Maiwand, heute 18 und 15 Jahre, kamen zur Welt.

2004 der nächste Schicksalsschlag: Ihr Mann erlag einem Herzinfarkt. Und in den vergangenen Monaten starben dann ihre Mutter und ihre Schwiegermutter. Dank der Witwenrente und staatlicher Unterstützung konnte Malalai Hamidi sich und ihre beiden kleinen Buben über Wasser halten. Sie kämpfte, lernte Deutsch, wurde mit vielen bürokratischen Schwierigkeiten fertig, machte bei den Maltesern eine Ausbildung zur Seniorenbetreuerin und arbeitet heute bei einem ambulanten Pflegedienst in Bogenhausen.

Aber trotz ihres anstrengenden Berufs, ihrer Belastung als alleinerziehende Mutter, hatte die agile Frau noch Energie, anderen zu helfen, kümmerte sie sich doch um ihre mehr als 5.000 in der Landeshauptstadt wohnenden Landsleute. Jeden Donnerstag ist sie beim Verein AFM, Afghanische Frauen in München (Sedanstraße 37 beim Ostbahnhof, Telefon 0 89 / 48 05 86 97), im Einsatz. »Wir wollen uns hier gegenseitig helfen und unsere Familien, unser Land und die Menschen, die durch den Krieg so sehr gelitten haben, unterstützen. Wir fördern Toleranz und Völkerverständigung und streben die Gleichberechtigung von Mann und Frau an«, betont die 40-Jährige. Im Verein versucht sie, Kontakte zu knüpfen zwischen Afghaninnen, deutschen Frauen und Frauen aus anderen Ländern. Beratungen zum hiesigen Kindergarten- und Schulsystem und zur Kindererziehung werden angeboten, Sprachkurse vermittelt, in Eigenregie Kurse für Kinder in deren Muttersprache Persisch und Paschtu ebenso wie Nachhilfestunden in Schulfächern organisiert.

Mitte Januar fliegt sie wieder einmal für zwei Wochen nach Kabul. »Ich unterstütze dort im Verein Avicenna Waisen- und Straßenkinder.« Hat sie Angst? »Ja, es ist gefährlich, es ist sogar möglich, dass ich verhaftet werde. Ich muss versteckt wohnen und vorsichtig sein, aber bisher habe ich es immer geschafft. Man muss helfen – ich will helfen«, bekräftigt sie. Wie finanziert sie die Hilfeleistungen für die Menschen? »Das schaffen wir mit Spenden und mit 20-Euro-Monats-Patenschaften. Mit 1.300 Euro haben wir letztes Jahr 45 Familien über die drei, vier harten Wintermonate geholfen. Viele, auch elternlose Kinder, leben auf der Straße oder in Zelten. Wir besorgen Kohle zum Heizen, wärmende Decken und Lebensmittel.« Man spürt: Diese Frau wird nicht nachlassen, sondern weiter kämpfen.Helmut G. Blessing

Artikel vom 18.12.2012
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