Christoph Well über Hausmusik und „sauschöne“ Weihnachten: Treffen zu gewinnen

München/Haidhausen · Praktizieren statt nur pflegen

Christoph Well war Solotrompeter bei den Münchner Philharmonikern und auch Konzertharfenist. Foto: Privat

Christoph Well war Solotrompeter bei den Münchner Philharmonikern und auch Konzertharfenist. Foto: Privat

München/Haidhausen · Auf Münchner Weihnachtsmärkten trifft man ihn eher nicht, obwohl er in Haidhausen wohnt, aber an Heiligabend auf dem Kirchturm – nach der Christmette in Günzlhofen im Landkreis Fürstenfeldbruck.

Dort ist Christoph ,Stofferl’ Well aufgewachsen und war als Kind Teil der „Bethlehem-Rallye“, wie er es nennt: An die 30 Veranstaltungen, vom Altersheim bis zum Gartenbauverein, absolvierte er damals mit seiner legendären 17-köpfigen Musikerfamilie zur Adventszeit. Das war anstrengend, erinnert er sich, aber vor allem ein „ganz arg schönes, zusammenschweißendes Gemeinschaftserlebnis – unsere Volkslieder sind ja kein Kitsch, den man irgendwann über hat, sondern zeitlose Kunstwerke, eigentlich wie Mozart“. Wir sprachen mit Christoph Well, der am 3. Dezember seinen 53. Geburtstag feierte, über Hausmusik, Weihnachtslieder – und Mozart.

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Münchner SamstagsBlatt: Hausmusik ist ja gerade zum Advent aktuell: Wie wichtig finden Sie das gemeinsame Musizieren in der Familie?

Christoph Well: Ach, jede Familie macht das so, wie’s ihr passt. Ich selber musiziere mit meinen Kindern und Geschwistern wirklich gerne, auch außerhalb der Bühnenauftritte. Es entsteht dabei so ein wohliges Gemeinschaftsgefühl und man ist quasi von Kindheit an zusammengespielt.

Sehen Sie einen Trend zu mehr Hausmusik oder muss das mehr gefördert werden?

Christoph Well: Wenn ich sehe, wie gut frequentiert die Musikschulen sind, bin ich ganz optimistisch. In meiner Kindheit war Musikunterricht eher die Ausnahme. Meinen Trompetenunterricht hab ich mir mit Blockflötenstunden selber verdienen müssen, weil mit 15 Kindern ist es für meine Eltern praktisch nicht möglich gewesen, allen Kindern Musikunterricht zu finanzieren. Wir haben uns auch sehr viel gegenseitig gelernt und abgeschaut. Im Übrigen, wenn ein Staat so viel Geld für Straßenbau, Militär oder Griechenland ausgibt, dann ist doch der kleine Etat für Musikschulförderung eigentlich eine Selbstverständlichkeit!

Wie wird bei Ihnen in der Familie die Hausmusik heute gepflegt?

Christoph Well: Wir pflegen sie nicht, sondern wir praktizieren sie. Es ist unglaublich praktisch, weil wir für jeden Anlass musikalisch gewappnet sind. Von Kindstaufen bis zu Beerdigungen, wir haben immer die richtige Haus- bzw. Gebrauchsmusik zur Hand.

Wie verbringen Sie die Festtage?

Christoph Well: Weihnachten selber verbringe ich natürlich in der Familie, die ist ja groß genug. Ein Großteil meiner Geschwister kommt mit ihren Kindern und Enkeln am Heiligen Abend zu unserer Mutter. Das ist ein riesiges Gewusel und Chaos, aber Mutti hat mit ihren 93 Jahren noch immer alles und alle im Griff. Da wird gesungen, dann gibt’s was zu essen, zu trinken sowieso und anschließend spielen wir Well-Brüder nach der Mette vom Kirchturm in Günzlhofen.

Können Sie sich an weihnachtliche Familien-„Katastrophen" im Hause Well erinnern?

Christoph Well: Da fällt mir sofort ein, wie es einmal so kalt war, am Heiligen Abend, dass uns die Instrumente auf dem Kirchturm eingefroren sind. Das hat dann zum Teil schon sehr ,modern’ geklungen.

Viele Eltern sehen es ja gern, wenn ihre Kinder ein Instrument lernen: Wie bringt man das Kind mit Spaß, ohne Zwang ans Instrument? Mit welchem Instrument sollte man anfangen?

Christoph Well: Mir wurde gesagt: Wenn du brav bist, darfst du ein Instrument lernen. So war und ist das Üben für mich immer Luxus gewesen. Als erstes Instrument, glaube ich, ist Blockflöte sehr geeignet. Da lernt man als Kind wunderbar Atmung, Fingerkoordination und auch Notenlesen. Aber wichtig ist nicht die Qualität der Musik, sondern die Gaudi und der Spaß dabei. Fatal ist, wenn die Kinder von ihren Eltern dazu benutzt werden, ihre eigenen Wünsche, Versäumnisse und Versagen zu kompensieren. Das merken die Kinder irgendwie und dann werden sie bockig, weil sie das Instrument eigentlich nicht für sich lernen.

Warum sollten Kinder ein Instrument lernen?

Christoph Well: Wenn ein Kind ein Instrument lernt, dann ist das zunächst einmal ein unglaublich gutes Gehirntraining. Es lernt Koordination, Intonation, aber vor allem sich zu disziplinieren und auf den Punkt zu konzentrieren.

Wie war das mit ihren eigenen Kindern?

Christoph Well: Ich hab einen Buben und ein Madl und beide spielen Gott sei Dank ganz gerne, auch mit mir. Wie sie fünf, bzw. drei Jahre alt waren, hab ich mit ihnen die CD „Sepp Depp Hennadreck“ aufgenommen, und ich glaub, man hört heute noch den Spaß, den wir dabei gehabt haben. Es ist übrigens unser am meisten verkaufter Tonträger geworden. Im Advent habe ich mit ihnen wirklich jeden freien Tag unser Familienweihnachtsspiel mit den ganzen bairischen Adventsliedern gespielt und gesungen. Es war für uns alle eine sauschöne Zeit.

Welches weihnachtliche Lied mögen Sie am liebsten?

Christoph Well: Am liebsten mag ich ganz viele! Am Heiligen Abend ,Stille Nacht’, aber nur am Heiligen Abend! Ansonsten vermeide ich es zurzeit, auf Weihnachtsmärkte zu gehen, weil ich diese Dauerbeschallung mit Weihnachtsdezibels zur Umsatzsteigerung nicht aushalte und Angst habe vor der Kaufhausweihnachtsmannhisbollah!

Mit Ihrem Mozart-Abend zeigen Sie sich von einer neuen Seite: Warum haben Sie Mozart und seine Bäsle-Briefe als Thema gewählt?

Christoph Well: Weil Mozart für mich der liebe Gott der Musik ist und in den Bäsle-Briefen wird er zum Menschen, mit allem, was dazu gehört. Zudem ist er in dem Briefwechsel einer der ersten Dadaisten in der Literaturgeschichte und manchmal valentinesk komisch.

Ganz ehrlich: Wie haben Sie als Kind das gemeinsame Musizieren, Liedersingen, etwa zu Weihnachten, im Kreise der Geschwister erlebt? Immer schön oder war’s auch mal nervig?

Christoph Well: Wenn wir mit unserer Großfamilie auf Bethlehem-Rallye unterwegs waren, also im Advent so 30 Veranstaltungen vom Altersheim bis zum Gartenbauverein absolvierten, war es schon manchmal anstrengend, wir mussten ja auch noch zur Schule gehen. Andererseits war es auch ein ganz arg schönes, zusammenschweißendes Gemeinschaftserlebnis. Und am Heiligen Abend diese Lieder schließlich nur für uns und das Christkind zu singen war dann umso schöner und ergreifender. Unsere Volkslieder sind ja kein Kitsch, den man irgendwann über hat, sondern zeitlose Kunstwerke, eigentlich wie Mozart.

Was sind Ihre Projekte für 2013?

Christoph Well: Ach, ich werd des Öfteren Mozart lesen, zum Beispiel am 22. Februar, da spiele ich das Programm mit dem Bäsle-Quartett im Bürgersaal Milbertshofen, dann bin ich mit meinen Wellkürenschwestern, dem Karli, Michael und unserer Mutter, öfter mal in den Kammerspielen bei „Fein sein, beinander bleibn“, ich mache eine Fernsehsendung (Stofferl Well’s Bayern) für den BR, die am 4. Januar zum ersten Mal läuft, für Gerhard Polts neuen Film nehme ich die Filmmusik auf, für das Philharmonische Kammerorchester moderiere ich zwei Abende, und so weiter und so fort, was mir halt Spaß macht.

Wie steht's mit dem Kapitel „Biermösl Blosn"?

Christoph Well: Das ist abgeschlossen! Diese Tür ist zu, aber eine andere ist aufgegangen. Der Michael, Karli und ich haben Anfang Dezember als „Wellbrüder aus dem Biermoos“ Premiere mit einem neuen Programm gehabt, in dem wir und das Publikum voll auf unsere Biermösl-Kosten gekommen sind. Es war eine Riesengaudi! Man muss sich halt im Leben immer wieder mal verändern, so bleibt man am Leben!
Von Michaela Schmid

Interessierte Leser können bei der aktuellen Umfrage zum „Thema Weihnachtslieder“ abstimmen.

Sie haben noch mehr Fragen an Christoph Well?
Treffen Sie ihn ganz persönlich bei seinem vergnüglichen Mozart-Abend am 22. Februar im Kulturhaus Milbertshofen. Zwischen den einzelnen Briefen erklingen Mozarts berühmte Flötenquartette, gespielt vom Bäsle-Quartett (Karten gibt es bei Schreibwaren Hausleiter, Illungshofstr. 19/Eingang Knorrstraße, Toto-Lotto Schützenberger, Keferloherstraße 103/Ecke Knorrstraße sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen.

Artikel vom 13.12.2012
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