Professor Hengsbach gab den Zuhörern zu denken

Garching · Plädoyer für humanes Zeitmaß

»Widerstand gegen das Regime der Beschleunigung« empfiehlt der Redner.	Foto: VA

»Widerstand gegen das Regime der Beschleunigung« empfiehlt der Redner. Foto: VA

Garching · Im Rahmen einer Kooperationsveranstaltung mit der vhs-Nord war Professor Friedhelm Hengsbach zu Gast in der Stadtbücherei Garching. Vor voll besetztem Saal erläuterte er seine Thesen zum »Widerstand gegen das Regime der Beschleunigung«.

Sein Buch zum Thema erscheint am 6. Dezember. In der Geschichte der Menschheit macht der Experte mehrere große Entwicklungs- und Temposchübe aus. Den letzten Temposchub stelle das Computerzeitalter dar. Hengsbach spannte einen großen Bogen über die immer größer werdenden Informationsmengen, die immer schneller aufgenommen werden müssen, bis hin zu den »luftigen Erzählungen« der Finanzwirtschaft und den Hochfrequenzhandel der Börse, wo auf elektronischem Wege Abermillionen Aufträge pro Tag abgewickelt würden – eine Anzahl, die keiner mehr überschauen könne. Die Auswirkungen auf Arbeit und Alltag seien immens: Die Menschen würden an Termindruck und Eile dermaßen gewöhnt, dass Muße oder Zeit für die Familie ins Abseits geraten. Anhand vieler Beispiele zeigte Hengsbach eine Ursachenkette auf, zeigte, wie die rasante Beschleunigung des Alltags alle Lebensbereiche erobert hat. Zu wenig Zeit zum Entspannen und zum Feiern, darüber klagen nicht nur Hausfrauen, Manager und Arbeitnehmer, sondern auch schon Schüler.

Wie kommt es, dass die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts durch einen maßlosen Temposchub gepuscht wurde? Wo sind die Ursachen? Und auf wen werden die Folgen abgeladen? In seinem abwechslungsreichen Vortrag plädierte er für ein humanes und gesellschaftliches Zeitmaß, das als Wohlstandsindikator das wirtschaftliche Wachstum ablösen solle. Friedhelm Hengsbach, Mitglied des Jesuitenordens, war bis 2006 Professor für Christliche Gesellschaftsethik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main und Leiter des Oswald von Nell-Breuning-Instituts für Wirtschafts- und Gesellschaftsethik. Er lebt und arbeitet in der Katholischen Akademie Rhein-Neckar in Ludwigshafen. Publikationen von ihm sind unter anderem »Ein anderer Kapitalismus ist möglich«, oder »Das Kreuz mit der Arbeit«.

Artikel vom 27.11.2012
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