Satzungsreform beim TSV 1860 München

Historischer Schritt für den Verein

Otto Steiner, Aufsichtsratsvorsitzender des TSV München von 1860 e.V.. Foto: A. Wild

Otto Steiner, Aufsichtsratsvorsitzender des TSV München von 1860 e.V.. Foto: A. Wild

München · Die Münchner Wochenanzeiger sprachen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden des TSV München von 1860 e.V. Otto Steiner über die bevorstehende Satzungsreform des Vereins.

Herr Steiner, der TSV München von 1860 e.V. soll eine neue Vereinssatzung erhalten. Sie waren als Vorsitzender des Aufsichtsrates bei einigen Arbeitstreffen der Satzungskommission dabei. Wie ist Ihr persönlicher Eindruck?

Ich war sehr positiv überrascht, in was für einer sachlichen Atmosphäre, mit welchem Engagement und mit welcher Fachkunde die Sitzungen geführt wurden. Allen Beteiligten gebührt höchster Respekt für ihr ehrenamtliches Wirken. Auch umstrittene Punkte wurden sehr differenziert diskutiert. Entsprechend positiv ist das Ergebnis – ein historischer Schritt für unseren Verein. Schon seit Jahren gab es immer wieder Versuche, eine neue Satzung auf die Beine zu stellen, jetzt ist es endlich gelungen. Jeder, der wollte, war eingeladen an der Diskussion teilzunehmen. Das ist ein respektabler Zug der Delegierten. Eine starke Leistung, die viel Zeit und Arbeit gekostet hat.

Haben weitere Aufsichtsräte teilgenommen?

Ja, neben mir haben mein Stellvertreter Klaus Hagl, Dr. Klaus Leipold, und Beatrix Zurek an verschiedenen Sitzungen teilgenommen. Für das Präsidium waren die Vizepräsidenten Wolfgang Hauner und Franz Maget involviert.

Wie steht der Aufsichtsrat des Vereins in seiner Gesamtheit zum vorliegenden Entwurf?

Der Aufsichtsrat hat sich ausführlich mit den Vorschlägen der Satzungskommission beschäftigt, eigene Anregungen eingebracht und die Reform nahezu einstimmig für gut befunden. Wir empfehlen der Delegiertenversammlung, die neue Satzung zu verabschieden.

Wie sieht der Fahrplan bis zur geplanten Verabschiedung aus?

Im letzten Schritt wird der Satzungsentwurf noch mit der DFL und dem Finanzamt abgestimmt. Zu Beginn des Jahres 2013 wird eine Außerordentliche Delegiertenversammlung zur Verabschiedung der neuen Satzung stattfinden.

Ziel der Reform sei eine Demokratisierung der verworrenen Satzung aus Wildmoser-Zeiten, versprechen die Macher. Was soll sich ändern?

Die Rechte des einzelnen Mitglieds werden durch die Wiedereinführung der Mitgliederversammlung für den Gesamtverein gestärkt. Künftig sollen Präsidium und Aufsichtsrat – der dann Verwaltungsrat heißt – von den Mitgliedern in einer Direktwahl gewählt werden. Darüber hinaus wurden eine Fülle an Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten der alten Satzung bereinigt.

Die Satzungskommission hat sich juristischen Rat eingeholt – von wem?

Die Arbeit an der Satzung wurde auf Wunsch des Präsidiums an den notwendigen Stellen fachlich begleitet vom Münchner Rechtsanwalt Roland Weber, der spezialisiert ist auf die Beratung von Vereinen im Vereinsrecht und Gemeinnützigkeitsrecht. Die Satzungskommission hat zusätzlich Professor Dr. Peter Heermann vom Lehrstuhl für Sportrecht an der Universität Bayreuth um eine Begutachtung des Satzungsentwurfs gebeten.

Der strittigste Punkt dürfte die Reform der sogenannten „Fernmitgliedschaft“ sein. Wie ist hier der Stand?

Eine ermäßigte Fernmitgliedschaft, die alleine auf der Kilometerentfernung zum Vereinssitz basiert, entfällt künftig. Für alle bisherigen Fernmitglieder gibt es einen Bestandsschutz, allerdings darf nach neuer Satzung die Ermäßigung auf den Beitrag ab dem 30.06.2015 nur noch maximal 10% betragen. Es wird aber auch künftig ein stark ermäßigter Beitragssatz angeboten, den dann aber jedes neue und alte Mitglied in Anspruch nehmen kann – eine Art Fördermitgliedschaft ohne Stimmrecht. Die Satzung regelt nur die Arten der möglichen Mitgliedschaft im Verein. Die Höhe des Beitrags wird in der Gebührenordnung festgelegt.

Was soll sich konkret für das einzelne Mitglied ändern?

Es wird unterschiedliche Gebührenmodelle geben, die jedem die Möglichkeit bieten, nach seinen individuellen Bedürfnissen und Interessen Teil der Löwenfamilie zu sein. Ein ermäßigter Beitragssatz ist dann für alle Mitglieder unabhängig von ihrem Wohnort möglich – auch für Münchner. Mit dem neuen ermäßigten Beitragssatz erhält das Mitglied weiter alle bisher gültigen Vergünstigungen beim Ticketkauf, bei Jahreskarten und in den Fanartikelshops, nur eben ohne Stimmrecht auf Versammlungen. Teilnehmen an Versammlungen darf natürlich jedes Mitglied, aber die Möglichkeit der Abstimmung ist denjenigen vorbehalten, die den regulären Beitragssatz entrichten oder historisch als „Fernmitglieder“ geführt werden. Für bestehende Mitglieder gilt eine Übergangszeit bis 2015, in der zunächst alles beim Alten bleibt – danach haben sie die Möglichkeit sich für eine Mitgliedsart zu entscheiden. Neue Mitglieder, die ab Inkrafttreten der Satzung zum Verein stoßen, wählen bereits bei ihrem Eintritt die gewünschte Form. Ein Wechsel ist jederzeit zum Beginn eines Geschäftsjahres möglich.

Präsident Dieter Schneider ist jüngst in der Presse mit Äußerungen aufgefallen, die suggerieren, PRO1860 würde seine Delegiertenmehrheit ausnutzen, um mit der Abschaffung der Fernmitgliedschaft Rache an der ARGE zu üben und deren Mitglieder aus dem Verein zu vertreiben. Teilen Sie diese Ansicht?

Ich denke, dass Dieter Schneider in dieser Frage von einigen missverstanden wurde. Nach meiner Kenntnis unterstützt er als Präsident die Ergebnisse der neuen Satzung vollkommen! Hätten die PRO1860-Delegierten vorgehabt, über die Mehrheitsverhältnisse in der Delegiertenversammlung ihre Macht auszuspielen, würden sie diese über die Einführung eines Mitgliedersystems nicht wieder hergeben. Die Satzungskommission hat es sich nicht leicht gemacht. Im Gegenteil, auch Vertreter von PRO1860 haben sich bei Arbeitssitzungen in meinem Beisein sogar für einen lebenslangen Bestandsschutz für Altmitglieder ausgesprochen, die unter die bisherige Regelung der Fernmitgliedschaft fallen und alternativ über eine langjährige Übergangsfrist diskutiert. Auch die Fußballabteilungsleitung hat sich dafür eingesetzt. Erst als durch externe juristische Expertisen klar wurde, dass ein solches Modell für die Zukunft nicht tragfähig sein würde, hat man sich für eine komplette Neuregelung entschieden.

Rechnen Sie mit einer Austrittswelle unter den bisherigen Fernmitgliedern?

Nein! Wichtig ist nur, dass unsere Mitglieder die Fakten kennen und keine Legendenbildung stattfindet. Niemand wird etwas weggenommen. Betrachten wir die Motivlage: Mitglied beim TSV 1860 München bin ich doch, weil ich mich zu meinem Verein bekennen möchte – ein Löwe sein! – und mit meinem Beitrag gezielt die erfolgreiche Nachwuchsarbeit und die einzelnen Abteilungen unterstütze. Die Frage, ob und in welcher Höhe mir für meine Mitgliedschaft ein wie auch immer geartetes Sparmodell angeboten wird, ist nachrangig. Es ist das Herz, das zählt! Wir reden hier schließlich nicht von einer Versicherungsprämie. Es hätte in der Vergangenheit vereinspolitisch weiß Gott triftigere Gründe für Austritte gegeben und doch sind unsere Mitglieder auch in schweren Zeiten immer treu zum TSV gestanden. Das werden sie auch weiterhin tun. Wer den Löwen im Herzen trägt, ist Vereinsmitglied!

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Artikel vom 27.11.2012
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