Oberföhringer Wehr kein Hindernis mehr bei der Wanderschaft

Oberföhring · Fische auf der Treppe

Alfons Blank, Präsident des oberbayerischen Fischerverbands, freut sich über die Fischtreppe am Oberföhringer Wehr. Die Anlage soll es Fischen jetzt möglich machen, die Staustufe zu umschwimmen. F: hgb, Fischerverband Oberbayern

Alfons Blank, Präsident des oberbayerischen Fischerverbands, freut sich über die Fischtreppe am Oberföhringer Wehr. Die Anlage soll es Fischen jetzt möglich machen, die Staustufe zu umschwimmen. F: hgb, Fischerverband Oberbayern

Oberföhring · Sie ist knapp 200 Meter lang, mehr als sechs Meter hoch, gleicht von oben gesehen, vom Oberföhringer Wehr, einer Treppe: Die 1,5 Millionen Euro teure »Fischaufstiegsanlage«, kurz Fischtreppe genannte Verbindung.

100 Jahre war den Wanderfischen wegen der Staustufe der Aufstieg zur oberen Isar verwehrt, jetzt ist vor allem zur Paarungszeit die Reise in den Süden, zu den Laichgewässern, möglich, weil die Tiere das Stauwehr sicher umschwimmen können.

Die Umsetzung der seit 2002 vereinbarten Einrichtung hatte Angelika Pilz-Strasser, Vorsitzende des Bogenhauser Bezirksausschusses von den Grünen, im vergangenen August im Kommunalparlament per einstimmig verabschiedetem Antrag angemahnt: »Die Stadt und das Landratsamt München werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass der Eigentümer des Oberföhringer Wehrs, die E.ON Wasserkraft GmbH, dort die Durchlässigkeit für Wasserorganismen sicherstellt, insbesondere die Fischtreppe erstellt. Die Errichtung einer Fischtreppe war Bestandteil der Baugenehmigung.« So sollte die Isar-Renaturierung durch Beseitigung der Sackgasse auch an dieser Stelle konsequent fortgesetzt werden. Jetzt ist das Bauwerk fertig, und Huchen, Nasen und Äschen haben endlich freie Bahn.

Die Fischtreppe längs des Wehrs ist ein technisches Meisterstück, beeindruckt Experten genauso wie Spaziergänger. Die versetzt angebrachten Eichenholzbohlen unterbrechen die Wasserströmung. Die Abschnitte sind wie kleine Becken angelegt, über die die Fische – eine so genannte lockende Strömung führt sie zur Aufstiegsanlage – Zone um Zone nach oben kommen können, wobei sie die sechs Meter Höhenunterschied der Stauanlage überwinden.

»Wir sind begeistert von der Fischtreppe, hoffen nun natürlich, dass alles funktioniert, dass die Fische aufsteigen und auch runterkommen«, so Alfons Blank, Präsident des 35.000 Mitglieder starken Fischerverbands Oberbayern. Und fügt an: »Schließlich hat die Umsetzung lange genug gedauert. Vor zehn Jahren gab es ja bereits die ersten Verhandlungen.« Blank freut sich, blickt optimistisch nach vorn, denn am Isarwehr bei Ismaning haben jetzt die Vorarbeiten zum Umbau des Wehrs in eine fischdurchlässige Sohlrampe begonnen. Sohlrampe ist ein wasserbautechnischer Begriff. Grundsätzlich handelt es sich dabei um die Überwindung eines Höhenunterschieds im Verlauf eines Gewässers. Blank: »Ist die fertig, dann ist ein langes Stück für die Fische durchgängig.« Ist der rund eine Million teure Umbau der Betonschwelle beendet, dann ist eine der letzten großen Barrieren zwischen Oberföhring und Moosburg beseitigt.

Nicht ganz so positiv und optimistisch sieht Christian Hierneis, Vorsitzender der Kreisgruppe München im Bund Naturschutz, die Aufstiegsanlage. Er bezeichnet sie als eine längst überfällige Wiedergutmachung an der Natur durch von Menschen verursachte Schäden. »Es ist allerhöchste Zeit gewesen, dass das Projekt realisiert wurde. Und ich habe Bedenken, dass wegen der Länge des Aufstiegs die Fische das annehmen.«

Wird die Anlage auch angenommen?

Die Grundlage für das Projekt Fischtreppe ist die EU-Wasserrahmenrichtlinie, die sich am natürlichen Zustand eines Gewässers orientiert. Die Artenvielfalt in Flüssen, darunter der Fischbestände, soll durch eine »komplette Durchgängigkeit« ermöglicht werden. Die gestaute Isar verhinderte bislang die Wanderschaft der Fische Isar-aufwärts. Das Wasser wird größtenteils in den Mittleren-Isar-Kanal umgeleitet und dort von den Kraftwerken zur regenerativen Energiegewinnung genutzt. Fachleute sehen darin einen schweren Eingriff in die Natur. Die Steighilfe am Wehr verbessert nun das ökologische Gleichgewicht des Flusses. Trotzdem kann die Situation in diesem Abschnitt nicht mit der Naturbelassenheit von vor 100 Jahren verglichen werden. Damals stand das Wehr noch nicht, die Fische hatten freie Bahn und die Bestände gediehen üppig. Das Projekt »Fischaufstiegsanlage« hat insgesamt 1,5 Millionen Euro gekostet, wobei drei Viertel, also mehr als 1,1 Millionen Euro, von der E.ON Wasserkraft GmbH getragen wurden; die restliche Summe finanzierte der Freistaat Bayern. Helmut G. Blessing

Artikel vom 20.11.2012
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