Erding will Stadt für Radler attraktiver machen

Erding · Rauf aufs Fahrrad!

Das Ziel des neuen Radkonzeptes Erding ist, dass mehr Menschen Rad fahren – alle Altersgruppen, Einheimische und Touristen.	Foto: bb

Das Ziel des neuen Radkonzeptes Erding ist, dass mehr Menschen Rad fahren – alle Altersgruppen, Einheimische und Touristen. Foto: bb

Erding · „Erding fährt Rad, fahren Sie mit“ lautete das Motto der sehr gut besuchten Ausstellung rund um den modernen Drahtesel im Foyer der Stadthalle. Sie bildete den Auftakt zum neuen Radkonzept der Stadt, mit dem man nicht nur die Erdinger auf zwei Räder locken will, sondern auch touristisch punkten möchte.

„Wir werden dafür richtig Geld in die Hand nehmen und haben eine Stelle im Rathaus geschaffen. Wir bauen durchgehende Radwege, entfernen Sperren, verbessern Markierungen deutlich, dehnen Tempo 30-Zonen in der Innenstadt aus und sorgen so für mehr Sicherheit, möbeln die Fahrradabstell-Flächen auf, überlegen uns die Möglichkeit eines Bike-Towers an der S-Bahn als Attraktion. Wir wollen viele Erdinger mitreißen, denken dabei mit an Touristen, aber natürlich auch an unsere Senioren sowie die steigende Zahl der Elektrorad-Fahrer“, versprach Bürgermeister Max Gotz.

„Wir wollen, dass durch das neue Konzept der Radverkehr in und um Erding wahrnehmbar zunimmt.“ Das bisherige Konzept ist beinahe 30 Jahre alt, dieses soll nun fortgeschrieben und ergänzt werden, wie es Städteplanerin Karin Hatt aus dem Bauamt zusammenfasst. „Unser Ziel dabei ist: Es sollen viel mehr Menschen als bisher Rad fahren – dazu müssen die Wege in und um Erding besser und sicherer werden, das richtige Material bereitgestellt und die Kommunikation über die Wege verbessert werden“, sagte Hatt. Die notwendige Bestandsaufnahme hat das spezialisierte Planungsbüro Kaulen aus Aachen, das auch ein Büro in München hat, jetzt erledigt. Gemeinsam mit zahlreichen Vereinen und Verbänden, dem Jugendparlament, der Polizei sowie der Stadt wurde ein Fahrradkonzept entworfen, das Ralf Kaulen erstmals öffentlich vorstellte: „Der Radverkehr boomt – auch in Erding. In Deutschland generiert der Fahrradtourismus im Jahr einen Umsatz von 9,2 Milliarden Euro – je mehr fremde Radler neben den 26.000 Erdinger Pedalrittern fahren, umso mehr Einnahmen für die Stadt.

Darum müssen wir Erding attraktiv machen für Fahrradfahrer, aber auch für die steigende Zahl der E-Bikes“, so Kaulen. Wichtig ­seien dafür Radwege, die mindestens 1,5 bis zwei Meter breit sind, bei gemischten Rad-/Fußwegen sollten es 2,5 Meter sein, das sei nicht überall in Erding so. „Bis vor zehn Jahren hat man in Städten eigene Radwege oder Radfahrstreifen gebaut, da gab es beim Abbiegen viele Unfälle. Daher gibt es heute Schutzstreifen auf der Fahrbahn, da ist die Sicherheit viel höher. In Tempo 30-Zonen, die ja innerstädtisch immer mehr zunehmen, braucht man gar keine Markierung für Radler, da werden sie durch die Maximalgeschwindigkeit geschützt.“ An Kreuzungen sollte man vorgezogene Aufstellbereiche für die Zweiräder bauen, das schütze sie am besten, um einen Kreisverkehr fahre ein Radler nicht mehr außen, sondern innen. Heute gelte in Städten der Grundsatz „Sicherheit vor Flüssigkeit“, das setze eine Gleichrangigkeit von Autos, Fußgängern und Fahrradfahrern voraus. Ebenso wichtig, so Kaulen, sei eine gute Infrastruktur, also Service mit Werkstätten, Luftpumpenstationen, E-Bike-Ladestationen, Haltegriffe an Ampeln und Schildern, viel Information durch klare Wegweisungen sowie Kommunikation durch Aktionstage. „In Erding ist man hier schon weit – aber es gibt auch noch zahlreiche Mängel zu beseitigen! Denn rund 60 Radler-Unfälle im Jahr sind zu viel, die meisten davon im Einbiege- und Kreuzungsbereich.“

Kaulen zählte zahlreiche Straßen, Wege, Kreuzungen, Randsteine, Über- und Unterführungen im gesamten Stadtgebiet auf, die sein Büro akribisch untersucht und fotografiert hatte. „Wir brauchen in und um Erding rund 100 Kilometer Radwege für den Alltagsverkehr, um schnell durch die Stadt zu kommen. Und noch einmal 100 Kilometer für den Freizeitverkehr, wo es um landschaftlich reizvolle Strecken geht. Von diesen 200 Kilometern sind bisher etwa zwei Drittel geschafft. Allerdings sind einige Radwege zu schmal. Etwa an der S-Bahn oder Anton-Bruckner-Straße fehlt eine farbliche Querung wie an der Dachauer Straße. Es gibt viele Beschilderungsmängel, zu hohe Bordsteine wie an der Sigwolfstraße oder die Überleitung wie in die Schlossallee ist ungesichert“, führte Kaulen aus. Ein ganz großes Thema sind Fahrradabstellplätze, von denen es nach seiner Einschätzung viel zu wenig gibt. Er schlug speziell im Großbereich der S-Bahn Radstationen und -boxen, überdachte Abstellorte mit sicheren Bügeln und Halterungen vor. Fünf verschiedene Typen sollen davon demnächst am Schwimmbad getestet werden. Dies alles soll unter Beteiligung der Erdinger stattfinden, so erhielten die Teilnehmer der Bürgerkonferenz Zettel, auf dem sie Wünsche, Kritik oder Lob äußern sollten. „Leider rasen alle Autos viel zu schnell durch die 30er-Zonen. Hielten sich alle an das Höchsttempo, wären das ganz sichere Wege für Radler und Fußgänger. Zudem bauen wir für viel Geld unser Radwegenetz laufend weiter aus - in der Stadt wie auf dem Land. So etwa mit den neuen Trassen in Richtung Aufhausen – Pretzen, Berglern, Walpertskirchen oder Fraunberg.

In der Innenstadt werden wir zwar keine Auto-Parkplätze für die Radler wegnehmen, die brauchen wir dort. Aber die Idee von Tempo 30 in der kompletten Innenstadt wäre zu überlegen.“ Ebenso denke die Stadt konkret über den von Kaulen vorgeschlagenen Bike-Tower, einen mehrstöckigen Fahrradturm an der S-Bahn Altenerding nach, da würde sie dann auch zwei, drei Parkplätze opfern. „Das wäre doch so ein richtig ‚g‘scheiter Waschl‘ für die Stadt, eine Attraktion – auch für die Therme-Gäste!“, meinte Bürgermeister Gotz.

Was denn sein Konzept bisher gekostet hat, das wollte Gotz ebenso wenig verraten wie den Etat für das neue Radwege-Projekt. „Wir werden das nicht alles auf einen Schlag machen können und ein paar Millionen ausgeben. Sondern Schritt für Schritt – und dann wird es am Geld bestimmt nicht scheitern.“ Dafür erntete Gotz und die Stadt auch viel Lob von den zahlreichen Rad-Fans, so auch vom Vorsitzenden des ADFC in Bayern, Markus Schildhauer, wie auch von Horst Weise vom Erdinger ADFC. „Wir dürfen nicht auf die Autos schimpfen, sondern müssen gemeinsam neue Konzepte erarbeiten. Aber die Aufbruchstimmung in der Stadt ist toll“, so die Rad-Funktionäre übereinstimmend. bb

Artikel vom 31.10.2012
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