„Da schau her!“ Albrecht Ackerland im Münchner SamstagsBlatt über den Wahnsinn im Wahlkampf

München · Thema der Woche: Wahlkampf in USA

München · Jammerschade ist das, dass wir hier in unserem schönen beautiful Munich so gar nichts mitbekommen von dem Wahnsinn in Amerika. Keine Show, keine Parade, keine bunte Gaudi, nicht mal für einen Anstecker oder ein Hustenguatl vom Infostand in der Fußgängerzone reicht's.

Ja sind wir den Amis denn wirklich so egal? Good Old Europe, im Speziellen Bayern als altes amerikanisches Besatzungsgebiet nach der Befreiung hätte es doch wirklich verdient, zumindest symbolisch an der Gaudi teilzunehmen. Die beiden großen Parteien in den USA buttern jeweils so viel Geld in ihren Wahlkampf, da könnte Berlin zehn neue Flughäfen bauen und sie auch fertigstellen, oder die Menschen in Österreich bräuchten wahrscheinlich ein ganzes Jahr nicht mehr zu arbeiten. Oder wir in München könnten die Mieten auf ein Niveau senken, das nicht vollkommen durchgeknallt ist, zehn Euro für den Quadratmeter vielleicht, und den Rest Richtung Wucher übernimmt die Stadt. Aber was soll's, die Parteien dort müssen buttern, das hat sich so hochgeschaukelt in der letzten Zeit – nur wir sollen da so gar nichts davon abbekommen? Also ein paar Dollars für schöne Hustenguatl werden doch grad noch drin sein.

Weitere Artikel zum Thema

Die US-Amerikaner, die in München leben, dürften sich dafür wahrscheinlich herzlich wenig interessieren, ich vermute sie bilden ihre Meinung über die Medien, es müssen nicht mal amerikanische sein. Kaum eine Tageszeitung, die nicht jeden Tag ein großes Stück zum Thema hat. Dazu Sondermagazine, -sendungen, -beilagen. Ich habe meine Meinung schon gebildet, wen ich wähle, was allerdings herzlich wenig bringt, weil wir hier erstens nicht das Prinzip der Wahlmänner in unserer Demokratie pflegen, zweitens ich überhaupt gar kein so ein Wahlmann werden könnte, weil ich ja ein Bayer bin, also Deutscher mit Pass. In mir mag sehr viel Amerikanisches stecken, ich liebe Teile der Kultur, des Essens, der Musik, der Architektur. Die Landschaft und sehr viele Menschen dort sind fantastisch. Aber das reicht noch lange nicht für eine Wahlberechtigung.

Aber lernen können wir für München trotzdem etwas aus den Themen im US-Wahlkampf: Zum Beispiel, dass sich auch hier der einfache Bürger kaum mehr ein Leben leisten kann. Das berühmte Fortune Magazin hatte neulich die schöne Frage auf dem Titelblatt: „Is it still ok to be rich in America?“ In München stellt seltsamerweise keiner diese Frage, ob es überhaupt noch ok ist, in dieser Stadt reich zu sein. Traurig eigentlich.

Artikel vom 31.10.2012
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...