Filmprojekt von Jugendlichen verschiedener Religionen

München · Was glauben die anderen?

Vor dem Dreh vermittelte Michael Graber den Teilnehmern das theoretische Rüstzeug für das Projekt. Foto: js

Vor dem Dreh vermittelte Michael Graber den Teilnehmern das theoretische Rüstzeug für das Projekt. Foto: js

München · „Jetzt sehe ich alles mit anderen Augen“, sagt Sezer. Beim interkulturellen Workshop, der vor Kurzem im Kreisjugendring (KJR) in der Paul-Heyse-Straße stattfand, habe er „viel mitnehmen können“, lobt der 16-jährige Moslem.

Entstehen soll daraus nun ein Film über die drei Weltreligionen, den christliche, jüdische und islamische Jugendliche derzeit gemeinsam drehen. Initiiert hat das Projekt das Jugendinformationszentrum (JIZ) in der Herzogspitalstraße.

Weitere Artikel zum Thema

Als „streng gläubig“ bezeichne er sich nicht, räumt Sezer ein. Traditionen wie etwa der Ramadan, bei dem Moslems einen Monat lang nur nach Anbruch der Dunkelheit und bis zum Morgengrauen essen und trinken dürfen, würden in seiner Familie jedoch praktiziert. Bei dem Filmprojekt wird Sezer allerdings nicht seine eigene Religion, sondern die der jüdischen und christlichen Teilnehmer vorstellen. „Jeder soll in die Religiosität des anderen eintauchen“, erklärt Michael Graber vom JIZ, der das Projekt leitet. Das theoretische Rüstzeug dazu hat der Sozialpädagoge Ernest Hodzic den Jugendlichen beim interkulturellen Workshop vermittelt. Gut gefallen habe ihr vor allem, dass Begriffe wie Kultur und Tradition anhand von Beispielen verständlich gemacht worden seien, sagt Ayse.

Wichtig sei auch zu wissen, dass es gegenüber jeder Kultur Vorurteile gebe: „Das lässt sich nicht vermeiden.“ Ausschlaggebend sei jedoch, wie man mit den Vorurteilen umgehe, betont die 20-jährige Muslima. Wie unterschiedlich die öffentliche Wahrnehmung von Religion und gelebtem Glauben sein können, erfahren die Jugendlichen oft in ihrem eigenen Alltag. „Viele Leute denken, die Orthodoxen wären besonders streng, aber das stimmt gar nicht“, sagt Kristina, 15: „Wir sind ganz normal, wie die anderen Christen.“ Ähnliche Erfahrungen hat die Muslima Deni, ebenfalls 15, gemacht. Zwar sei „der Glaube zuhause immer da“, sagt sie. Aber ihre Mutter sei „ganz locker“. Verbote, mit Jungs zu sprechen oder auszugehen, gebe es in ihrer Familie nicht.

Interessant ist das Thema allerdings auch für christliche Jugendliche. „Ich will wissen, wie Juden und Moslems in München leben“, sagt Michael aus Bogenhausen. Dies sei der Grund gewesen, weshalb er sich für das Projekt angemeldet habe, so der 20-Jährige, der an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) das Fach „Mittlerer und naher Osten“ studiert und katholisch getauft ist. Eine ähnliche Motivation hat Charis dazu bewogen, an der Aktion teilzunehmen. „Ich möchte fremde Kulturen kennenlernen“, sagt die 17-Jährige aus Taufkirchen, die in der evangelischen Jugend aktiv ist und dort kürzlich die Befähigung als Jugendleiterin erworben hat.

Kennenlernen werden die Jugendlichen bei dem Projekt aber noch ein anderes Metier: das Filmemachen. Shareef Ghareeb, Kameramann und Kulturschaffender aus dem Irak, und der Medienpädagoge Jens Heiner unterstützen und begleiten den Dreh. In weiteren Workshops lernen die Teilnehmer, wie man ein Drehbuch dramaturgisch gestaltet und erhalten eine Einführung in die Grundlagen der Kameraführung und Schnittechnik. Thematisiert werden außerdem rechtliche Aspekte, etwa, welche Musik man verwenden darf, ohne GEMA-Gebühren entrichten zu müssen.

Film-Premiere mit rotem Teppich wie in Hollywood

Spannend ist das vor allem für Ayse. Die Abiturientin hat nämlich vor, Film zu studieren und möchte sich bei der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) in der Gabelsbergerstraße bewerben. Als Filmemacher präsentieren können sich die Teilnehmer bei der Premiere des Films. „Das wird mit rotem Teppich und Klamotten wie Jennifer Lopez gefeiert“, kündigt Graber an. Wo und wann die Aufführung stattfindet, wird in Kürze auf der Internetseite des JIZ unter www.jiz-muenchen.de bekanntgegeben. Die Veranstaltung ist öffentlich, der Eintritt ist frei. Von Julia Stark

Wie groß ist Ihr Interesse für andere Religionen? Stimmen Sie ab unter www.samstagsblatt.de!

Artikel vom 25.10.2012
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...