Der Rechtsanspruch rückt näher: Was fehlt ist Personal

München · Die große Krippen-Offensive

Susanne Hermann, Christine Strobl und Rainer Schweppe (v. l.) nahmen diese Woche Stellung zu Planungen und Problemen des Kitaausbaus. Foto: la

Susanne Hermann, Christine Strobl und Rainer Schweppe (v. l.) nahmen diese Woche Stellung zu Planungen und Problemen des Kitaausbaus. Foto: la

München · Die magische Zahl lautet 70 Prozent. Sie muss in München bis zum 1. August 2013 erreicht werden, wenn der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für ein- bis dreijährige Kinder eintritt.

Oberbürgermeister Christian Ude ist überzeugt, diesen Versorgungsgrad, der in deutschen Großstädten ein Spitzenwert wäre, pünktlich zu erreichen. 70 Prozent? Der Bedarf wurde per Befragung vom Bildungsreferat ermittelt – sieben von zehn Eltern wollen ihre Sprösslinge künftig betreuen lassen.

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Aktuell liegt der Versorgungsgrad in der Weltstadt mit Herz für die Ein- bis Dreijährigen bei rund 51 Prozent. Doch während Viertel wie die Maxvorstadt mit 64 Prozent oder Schwabing-Freimann mit 52 Prozent gut dastehen, gibt es in Milbertshofen-Am Hart mit 31 Prozent noch einigen Nachholbedarf. Erst diese Woche wurden zwei neue Kitas eröffnet: in Moosach und in der Isarvorstadt. Knapp 15.000 Plätze gibt’s bereits, bis 2013 sollen an 32 Standorten rund 2.500 weitere Kinderbetreuungsplätze entstehen. Für die Ausbau-Offensive haben die Politiker im Etatplan 2011 bis 2015 rund 300 Millionen Euro bereitgestellt. Ein Kinderkrippenplatz erfordert durchschnittlich rund 38.000 Euro an Investitionskosten. Der Freistaat gibt im Rahmen eines Sonderförderprogramms 20.500 Euro pro Krippenplatz dazu.

Die Planungen für die Verwaltung im Rathaus sind äußerst schwierig. So gab es im Vorjahr 7.398 Vormerkungen für einen Betreuungsplatz in den städtischen Krippen – eine Zahl, die klar macht, dass sehr viele Eltern ihren Nachwuchs gleich in mehreren Einrichtungen angemeldet hatten. Wohlgemerkt nur in städtischen Krippen. Denn von sonstigen Trägern erhält die Stadt nur selten Zahlen – eine zentrale Erfassungsstelle gibt es nicht. In einem Fall ließ eine Frau ihre Tochter gleich in einem Dutzend Kitas registrieren.

Ein Problem beim Ausbau der Kindertagesstätten ist der fehlende Raum. Zwar gibt es grundsätzlich in der Stadt ausreichend Platz, um neue Einrichtungen zu bauen, allerdings liegt der vor allem in Neubaugebieten und ist nicht zwingend in der Nähe der Haushalte. „Ein Rechtsanspruch auf eine bestimmte Kita besteht nicht“, erklärte Bürgermeisterin Christine Strobl auf einer Pressekonferenz zur „Herausforderung Rechtsanspruch“ diesen Dienstag, 25. September. Es droht also das Problem, dass Eltern eine nicht-städtische und damit um einiges teurere Einrichtung zugewiesen wird.

Die größte Hürde stelle aber die Personalfrage dar, meinte Stadtschulrat Rainer Schweppe. 1.400 neue Stellen müssten besetzt werden. Seit 2008 werde versucht, neue Kräfte anzuwerben. „Der Erzieherinnenmarkt ist leer“, so Susanne Hermann, Leiterin der Abteilung Kita im Referat für Bildung und Sport. Eine Ursache hierfür sei, laut Strobl, die in Bayern vergleichsweise lange Ausbildungsdauer von fünf Jahren. Daran kann man zwar momentan nichts ändern, dennoch versucht die Stadt durch andere Maßnahmen neue Kräfte für die Kinderbetreuung zu gewinnen: Ausgebildete Erziehungskräfte, die sich momentan in anderen Berufen befinden, sollen zurückgewonnen und durch eine Nachschulung neu qualifiziert werden. Die vorhandenen Erziehungskräfte sollen durch zusätzliches Personal, zum Beispiel im hauswirtschaftlichen Bereich, entlastet werden, wodurch sie dann mehr Zeit für die Kinder aufbringen können. Auch durch Werbekampagnen, verstärkt in Online-Portalen, sollen neue Kräfte angesprochen werden. Dabei bleibt eines aber wichtig: Die Qualität der Kinderbetreuung dürfe nicht leiden, stellt Schweppe klar.

Die Stadt will jedenfalls alle Hindernisse aus dem Weg räumen und Strobl versichert: „An den Finanzen wird der Ausbau nicht scheitern.“ Eine zeitlich flexible Betreuungsalternative bietet die Stadt durch die Kindertagespflege in Familien. „Aktuell sind in München 396 qualifizierte und geprüfte Tagesmütter und Tagesväter tätig“, erklärt Ottmar Schader vom Sozialreferat, „die die Kinder im eigenen Haushalt betreuen und erziehen“. Insgesamt gibt’s rund 1.300 Plätze. Dazu kommt die „Münchner Großtagespflege“ mit 18 Pflegestellen, die zusammen 160 Plätze bieten. „Tagesmütter und -väter sind selbstständig tätig und arbeiten ab zehn Stunden wöchentlich bis zu Vollzeit, maximal fünf fremde Kinder werden betreut, die Kosten liegen zwischen 3.50 und sieben Euro pro Stunde“, so Schader.

Und: Eine aktuelle schriftliche Befragung von Münchner Eltern hat „eine hohe Zufriedenheit bei der Betreuung“ ergeben. Wer sich beruflich damit auf eigene Beine stellen will, erhält nähere Informationen unter Telefon 0 89/2 33-4 98 00 oder per E-Mali unter kinderbetreuung.soz@muenchen.de. Von Helmut G. Blessing und Laura Austen

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Artikel vom 27.09.2012
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