Hoamat Bayern: Die Kolumne von Markus Wasmeier

München · Altweibersommer

Auch im Wasmeier Museum zu erleben: Die zauberhafte  Poesie des Altweibersommers.	Foto: © Xaver Klaußner

Auch im Wasmeier Museum zu erleben: Die zauberhafte Poesie des Altweibersommers. Foto: © Xaver Klaußner

München · Warum heißt der Altweibersommer eigentlich so? Ist das ein Wetter speziell für ältere Frauen? Nein. Kommt diese Bezeichnung daher, weil ältere Damen durchaus auch etwas warmes, schön Anzuschauendes haben?

Hoamat Bayern – Die Kolumne von Markus Wasmeier

Dann wären aber die jungen Damen beleidigt, wenn nach ihnen nichts benannt wird. Aber auch damit hat diese Bezeichnung nichts zu tun. Generell hat er mit der Damenwelt nix am Hut. Sogar das Landgericht Darmstadt musste sich im Jahr 1989 bemühen und feststellen, dass die Verwendung des Ausdrucks durch die Medien keinen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte von älteren Damen darstellt, weil sich einige „angegriffen“ fühlten. Ich würde ja nix sagen, wenn man extremes Sauwetter so bezeichnen würde, aber da geht’s ja um was wirklich Traumhaftes! Ja, spinnen die denn? Apropos spinnen. Das Knüpfen von Spinnweben hat man früher, also schon richtig früher, als „weiben“ bezeichnet. Millionen von Spinnen, wie zum Beispiel die Baldachinspinnen, oder die Zwergspinnen, produzieren diese Fäden, die durch die Luft schweben. Das ist irgendwie Sport für diese kleinen Viecherl. Sie suchen sich einen hohen Punkt, lassen dann die Spinnfäden austreten, um sich damit selbst durch die Luft tragen zu lassen. Sie werden so in höhere Luftschichten getragen und fliegen ungesteuert davon. Das funktioniert aber nur, wenn eine entsprechende Thermik herrscht. Von Mitte bis Ende September gibt es fast jedes Jahr eine der schönsten und beständigsten Hochdruckwetterlagen über Mitteleuropa.

Dieses schöne Wetter kann von mehreren Tagen bis Wochen dauern. In Wetterstatistiken ist diese Schönwetterperiode seit etwa zweihundert Jahren nachweisbar und in Bauernregeln sogar seit mehreren Jahrhunderten. Dann wird’s ja wohl dieses Jahr auch so sein, gell? Und in diesen Septembertagen mit sonnigem Wetter kühlt es in klaren Nächten stark ab, so dass in der Früh durch den Tau diese Spinnweben, nach erfolgreicher „Landung“, deutlich zu erkennen sind. Diese glänzenden Fäden glitzern im Sonnenlicht wie lange, silbergraue Haare. Sagen erzählen, dass alte Weiber diese „Haare“ beim Kämmen verloren hätten.

Das sollen die Schicksals-Göttinnen bewirkt und aus diesen Haaren Lebensfäden gesponnen haben. Wenn also so ein „Haar“ mal an Ihnen hängen bleibt, und Sie sind schon ein bisserl älter, dann sollte es Ihnen nicht grausen, sondern nehmen Sie es als Glücksbringer für ein langes Leben. Sind Sie ein junges Mädchen und ein solcher Faden bleibt in Ihren Haaren hängen, dann steht angeblich eine baldige Hochzeit ins Haus! Es ist doch nett, es so zu sehen, oder? Im Christentum gibt es die Legende, dass die Silberfäden des Altweibersommers aus dem Mantel Marias stammen, den sie bei ihrer Himmelfahrt angehabt hat. Deshalb heißen im Volksmund diese Spinnfäden auch „Marienfäden“ oder „Marienseide“. Diese Spinnennetze zwischen Gräsern, Blumen, Zweigerl, Büschen, an Dachrinnen und Fensterläden, Zäunen und Mauern sieht man jetzt vielleicht gleich ganz anders, wenn man sie entdeckt. Aber nicht nur diese Weben sieht man besonders gut im Altweibersommer. Bei diesem Wetter hat man eine extrem gute Fernsicht und das Laub färbt sich intensiver.

Da muss man gar keine extrige Veranstaltung planen und machen, um dieses Naturschauspiel zu erleben. Die Natur hat ihre eigenen Darsteller und Bühnen. Und ich bin froh, dass mein Museum eine solche ist. Wir haben genügend Wiesen, Dachrinnen, Fensterläden und was weiß ich noch, wo die „Weben“ hängen bleiben können, damit Sie sie anschauen können. Die Fernsicht gibt’s dazu und Laub, durch das Sie auf dem Weg zu uns „rascheln“ können, haben wir auch genügend. Genießen Sie so einen wunderbaren „Altweiber-Sommertag“, in dem Sie vor unserem „Wofen“ sitzen, bei einer guten Brotzeit und einem Schluck Bier, oder einem Haferl Kaffee zur hausgemachten Nachspeis’.

Ich freu mich auf Sie!

Ihr Markus Wasmeier

Artikel vom 20.09.2012
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