Projekt „Neue Chance“ sucht jugendliche Mentoren

München · Alltagshilfe beim Ankommen

Um die Mentoren optimal auf ihre Arbeit mit den Jugendlichen vorzubereiten, werden sie in einem Jugendkulturhaus im Chiemgau geschult. Foto: Verein

Um die Mentoren optimal auf ihre Arbeit mit den Jugendlichen vorzubereiten, werden sie in einem Jugendkulturhaus im Chiemgau geschult. Foto: Verein

München · Über Integration wird viel geredet, aber was bedeutet es konkret, im Alltag, in einer fremden Stadt, in einem fremden Land mit seinen ganzen Eigenheiten? Oft sind es scheinbar banale Kleinigkeiten, über die Integration funktioniert.

Wie bei Helen. „Ich hatte Glück und habe Menschen getroffen, die mir geholfen haben“, sagt Helen Bornemann. Und diese Hilfe gibt die 30-Jährige heute selbst gern weiter. Sie unterstützt beim Projekt „Neue Chance“, in Trägerschaft des Münchner Vereins „Hilfe von Mensch zu Mensch“ (HVMZM), Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 16 bis 25 Jahren. Sie sind aus Familien mit und ohne Migrationshintergrund, die in schwierigen persönlichen Umständen sind und Unterstützung brauchen.

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Ziel ist es, die eigene Lebensplanung in die Hand zu nehmen. Dabei helfen Mentoren im gleichen Alter als eine Art Vorbild, die meist bereits selbst die Erfahrung einer erfolgreichen Integration in die Gesellschaft erfahren haben. So wie Helen. Sie kam zum Studieren aus ihrer Heimat Armenien nach München, macht gerade ihren Master in Politik, Deutsche Literaturwissenschaft und Deutsch als Fremdsprache und ist frisch verheiratet. Am Anfang des Studiums hat sie im Rahmen eines Programms des Studentenwerks bei einer älteren Dame gewohnt und ihr im Gegenzug im Alltag geholfen. „Seit ich diese Frau kenne, bin ich in Deutschland zu Hause“, erzählt sie. Seit 2006 lebt sie in Bayern, zunächst als Au pair bei einer Familie auf dem Land. Die war sehr nett, betont Helen, aber der Anfang sei trotzdem alles andere als leicht gewesen. „Der Alltag in Deutschland ist einfach ganz anders.“ Nicht nur die Mentalität. Wie man etwa mit einer falschen Telefonrechnung umgeht und sie reklamiert, das müssen die Jugendlichen erst lernen, so wie Helen.

Die Unterstützung der Mentoren besteht oft darin, die Schützlinge etwa bei der Bewerbungsmappe zu unterstützen, bei einer Behörde anzurufen oder die Jugendlichen ins Kreisverwaltungsreferat zu begleiten. „Vor Ämtergängen haben die Jugendlichen am meisten Angst“, weiß Bornemann, weil sie die Sprache nicht beherrschen. „Die Sprachbarriere ist das größte Problem.“ Die Jugendlichen, die teilweise aus Krisengebieten wie dem Kongo oder Afghanistan stammen, seien intelligent, hochmotiviert, beherrschen aber die deutsche Sprache kaum. „Sprechen ist aber der einzige Weg anzukommen“, weiß Helen Bornemann aus eigener Erfahrung. Sie selbst hat Deutsch in der Volkshochschule gelernt.

Das Projekt sucht derzeit Leute wie Helen, die die Jugendlichen unterstützen: „Wir haben 20 Mentoren, bräuchten aber 40, sagt Nora Niesel von „Hilfe von Mensch zu Mensch“ der heuer 20-jähriges Jubiläum feiert und das Projekt „Neue Chance“ seit zwei Jahren anbietet. Was 1992 mit Hilfstransporten nach Bosnien während des Krieges dort begann, ist heute ein weit verzweigtes Netzwerk mit Angeboten wie frühkindliche Sprachförderung, drei Migrationsberatungsstellen in München, Dachau und Freising oder eben „Neue Chance“. Erklärtes Ziel ist letztendlich bei allen Projekten eine Anleitung für die Ankömmlinge aus den Krisengebieten aus Europa, Asien und Afrika, das Leben selbst in die Hand zu nehmen, die deutsche Sprache zu lernen und einen neuen Anfang in der neuen Lebenswelt zu machen. Die Gründerin des Vereins, die Bosnierin Sadija Klepo, kam 1992 selbst als Flüchtling mit drei minderjährigen Kindern nach Deutschland.

Die Mentoren von „Neue Chance“ sind in der Regel Schüler und Studenten, meist der Pädagogik und Deutsch als Fremdsprache, die den Jugendlichen mit Rat und Tat zu Seite zu stehen, etwa drei Stunden pro Monat, bei freier Zeiteinteilung.

Auch Jugendliche, mit oder ohne Migrationshintergrund, die Unterstützung brauchen im Alltag, können sich bei „Neue Chance“ melden. Die Teilnahme ist für die Jugendlichen kostenlos. Die Mentoren bekommen 5 Euro pro Stunde sowie eine ausführliche Praktikums- oder Teilnahmebestätigung. Bei Interesse oder Fragen kann man sich mit einem kurzen Anschreiben und Lebenslauf unter der E-Mail neue.chance@hvmzm.de bewerben. Fragen werden unter Tel. 089/1891798-54 beantwortet. Beim Aktionstag „Zusammenwachsen“, der am 26. September, von 12 bis 17 Uhr, in der Seidlstraße 20, im ersten Stock stattfindet, werden alle Projekte von HVMZM, auch „Neue Chance“ vorgestellt. Alle, die, die sich für das Thema Integration interessieren, sind dazu herzlich eingeladen. Von Michaela Schmid

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Artikel vom 06.09.2012
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