Erste Schritte auf dem Weg zur »Energievision 2050«

Unterföhring / München · Noch ein weiter Weg

Landrätin Johanna Rumschöttel erörterte Energievisionen mit (v.li.) Stephan Schwarz von den Stadtwerken, Wolfgang Mauch von der Forschungsstelle Energiewirtschaft, Ludwig Karg von B.A.U.M. Consult, Jörg Schindler von der Solarinitiative München-Land und P

Landrätin Johanna Rumschöttel erörterte Energievisionen mit (v.li.) Stephan Schwarz von den Stadtwerken, Wolfgang Mauch von der Forschungsstelle Energiewirtschaft, Ludwig Karg von B.A.U.M. Consult, Jörg Schindler von der Solarinitiative München-Land und P

Unterföhring / München · Anfang 2006 fällte der Landkreis München mit seiner »Energievision 2050« eine zukunftsweisende Entscheidung: Bis zu diesem Jahr sollen 60 Prozent der Energie eingespart und die restlichen 40 Prozent durch regenerative Energien abgedeckt werden. Dem Vorhaben, die Energiewende vor Ort umzusetzen, schlossen sich alle 29 Kommunen des Kreises an.

Sechs von ihnen – Unterföhring, Aschheim, Kirchheim, Baierbrunn, Schäftlarn und Gräfelfing – gaben zusammen mit dem Landkreis ein »integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept« in Auftrag. Letzte Woche wurden im Unterföhringer Bürgerhaus die ersten Ergebnisse des Konzepts präsentiert. Die beauftragte Firma B.A.U.M Consult hat dabei gemeinsam mit der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) seit April die regionalen Daten zu Verbrauch sowie zu Effizienz-, Einspar- und Energiepotenzialen ausgewertet. Ziel folgender Treffen ist, das »Klimaschutzkonzept auf eine möglichst breite Basis zu stellen. Bis zum Frühjahr 2013 sollen gemeinsam mit Bürgern und lokalen Vertretern passende Handlungsansätze und Lösungsvorschläge zur nachhaltigen Entwicklung erarbeitet werden«, erläuterte Landrätin Johanna Rumschöttel.

Mehr als 100 Lokalpolitiker und Interessierte verfolgten die Power-Point-Präsentationen mit folgender Podiumsdiskussion. Der Energieverbrauch von mehr als 13 Millionen Megawattstunden (MWh) pro Jahr auf Basis 2010 im Landkreis verteilt sich zu 49 Prozent auf den Sektor Wirtschaft; auf den Sektor Verkehr entfallen 30 und auf Haushalte 21 Prozent. Die Nutzungsarten sind Wärmeversorgung (51 Prozent entsprechend rund 6,6 Millionen MWh), Treibstoff (30 Prozent oder rund 3,9 Millionen MWh) und Strom (19 Prozent, also knapp 2,5 Millionen MWh), macht zusammen 4,16 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Emissionen, deren Reduktion der Antrieb aller Bemühungen ist.

Das Ziel: 100 Prozent regenerativ

Beim Wärmeverbrauch bis zum Jahr 2050 kalkulieren Ludwig Karg von B.A.U.M. und FfE-Experte Christian Fieger in einem möglichen Stufenszenario kreisweit mit einem Rückgang von einem Drittel auf etwa 4,2 Millionen MWh, wobei das große Ziel »100 Prozent regenerativ abdecken« lautet. Der Sektor Industrie soll dabei rund ein Achtel einsparen, bleibt aber der größte Verbraucher. Für die Rubrik Haushalte errechneten die Fachleute eine Reduzierung um 64 Prozent. Wie diese Ziele erreicht werden sollen, darüber ließen sich die Fachleute allerdings nicht aus. Der heutige Stromverbrauch soll in den kommenden vier Jahrzehnten von 2,5 auf 2,1 Millionen MWh verringert werden. Während für den dominierenden Verbrauchssektor Industrie eine kleine Zunahme erwartet wird, sollen die Sektoren Haushalte 44 und Gewerbe, Handel, Dienstleistungen 55 Prozent einsparen.

Unterföhring ist sparsam mit Wärme

Was den Wärmeverbrauch anbetrifft, ist Unterföhring im Kreis mit am sparsamsten: Weniger als 150 Gigawattstunden (GWh) stehen zu Buche. Dank der inzwischen teilweise bestehenden Geothermie-Versorgung dürfte der rund 9.000 Einwohner zählende Ort bereits heute noch weniger benötigen. Beim Stromverbrauch hingegen rangiert die Kommune lediglich im Mittelfeld mit dem Wert 50 bis 100 GWh. Mit rund 75 Prozent ist dabei der Anteil für Gewerbe, Handel, Dienstleistungen der im Landkreis mit Abstand höchste. Bis zum Jahr 2030 prognostiziert Fieger beim Verkehr im Landkreis einen Energierückgang um 23 Prozent, Die hauptsächlichen Einsparmaßnahmen: 50 Prozent durch E-Motoren, 15 Prozent durch Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel und jeweils zehn Prozent durch bessere Motoren und Biofuel-Zumischung.

»Es ist noch ein hohes Ausbaupotenzial vorhanden«, lautet das Fazit bei Photovoltaik (PV) im Landkreis. Die bundesweite Leistung von Solarzellen je Einwohner beträgt 300 Watt peak (Wp), im Freistaat sind es 500 Wp, im Kreis aber nur 120 Wp. Der Analyse zufolge könnten auf den Dachflächen aller Kommunen PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 650 MW installiert werden, wodurch bis 2050 ein Drittel des jährlichen Stromverbrauchs gedeckt wäre.

Windkraft für die Energieerzeugung zu nutzen ist seit Monaten bei den Tagungen der meisten Gemeindeparlamente im Fokus. Verlockend für die Lokalpolitiker ist dabei vor allem das Kosten-Ertrags-Verhältnis der Anlagen, die jedoch fast überall wohl Wunschträume bleiben werden. Denn die »mittlere Windgeschwindigkeit in 100 Metern Höhe« ist gering und mehr als 90 Prozent der Ortsflächen scheiden als Standorte, unter anderem wegen Einsprüchen der Bürger, aus. Etwa fünf Prozent der Areale sind, so FfE und B.A.U.M., »im Einzelfall mögliche Flächen«, aber nur knapp ein Prozent eignen sich für Windkrafträder. Helmut G. Blessing

Artikel vom 10.07.2012
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