Brigitte Hobmeier über Diskount-Dialekt und gute Brezn

München/Schwabing · „Ich bin da ein wenig stur“

Brigitte Hobmeier in „Was machen Frauen morgens um halb Vier“. Foto: VA

Brigitte Hobmeier in „Was machen Frauen morgens um halb Vier“. Foto: VA

München/Schwabing · Als Kind stand sie in den Ferien oft in der Backstube der Großeltern in Niederbayern und „hat Tortenbodenteig abgeschleckt“, erzählt die Münchner Schauspielerin Brigitte Hobmeier.

Für ihren neuen Film „Was machen Frauen morgens um halb Vier“ kehrte sie in die Backstube zurück, zu sehen beim 30. „Münchner Filmfest“, das seit 29. Juni bis 7. Juli läuft. „Weltpremiere“ ist Mittwoch, 4. Juli, 17 Uhr, im Arri Kino in der Türkenstraße, eines der sieben Festspielkinos. Die Schwabingerin, Ensemblemitglied der Kammerspiele und 1976 in München geboren, spielt darin: eine Bäckerin, der die Dumping-Preise einer Filialkette zu schaffen macht.

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Münchner SamstagsBlatt: Für Ihren neuen Film durften Sie Ihre Arbeitsstätte in eine Backstube verlegen. Weckte das Erinnerungen an die eigene Zeit als kleines Mädel?

Brigitte Hobmeier: Beim Geruch von frischem Brot in der Backstube kam so richtig die Kindheit hoch, wie ich damals im Sommer in der Bäckerei stand. Das ist ein richtiger Heimatgeruch für mich.

Münchner SamstagsBlatt: Heimat kann auch Dialekt bedeuten. Manche fürchten, das Bairische stirbt bald aus, genauso wie die einzigartige Brezn einer kleinen Bäckerei. Andere feiern große Erfolge mit einer neuen Art von Heimatfilm. Wie sehen Sie die Entwicklung?

Brigitte Hobmeier: Es geht in Richtung Discount-Dialekt (lacht herzlich). Ich denke mir beim Drehen oft: Warum macht ihr einen bayerischen Film, wenn man gar nicht richtig bairisch sprechen kann? Wo nach jeder Szene gesagt wird: „Nein, nicht so bairisch, ein bisschen weniger wäre besser.“ Das nimmt so eine künstliche Gestalt an, die mir gar nicht gut gefällt. Da wird viel abgeschabt. Die Angst ist da groß, dass die Leute das nicht mehr verstehen. Österreichische Filme werden teils untertitelt, wieso machen wir es nicht auch so? Da ginge sicher weniger verloren.

Münchner SamstagsBlatt: Ist es denn wirklich so schlimm?

Brigitte Hobmeier: Es gibt schon beide Seiten. Beim Radio-Tatort für den BR sagt der Regisseur: „Am besten ist es, ihr redet so bairisch, dass ich euch nicht mehr verstehe.“ Ich habe zwar keine Lust, zu lästern, aber wenn ich manchmal im Fernsehen etwas sehe, frage ich mich schon: Wie redet ihr da jetzt? Ihr redet doch da kein Bairisch, hat man's euch verboten, oder könnt ihr es gar nicht, versucht aber, bairisch zu reden?

Münchner SamstagsBlatt: Eine Art zu sprechen, wie wir sie mittlerweile häufig auch in München zu hören bekommen.

Brigitte Hobmeier: Der Dialekt in der Stadt wird weniger, das ist so. Dadurch, dass wir in der Stadt wohnen, habe ich zum Beispiel Schwierigkeiten, dass mein Sohn es akzeptiert, bairisch zu sprechen. Er versteht mein Bairisch zwar, spricht es aber kaum. Es erscheint mir gerade in der Stadt schon schwer, einen Dialekt zu erhalten. Ich bin da ein wenig stur und benütze ihn erst recht. Zum Glück lebt der Dialekt wenigstens auf dem Land weiter. Wenn meinem Sohn ein bairischer Satz rausrutscht, dann bin ich schon ganz glücklich.

Münchner SamstagsBlatt: Ist das denn wirklich ein Problem, dass viele Filialen ihre gefrorenen Brezn ins Rohr schieben?

Brigitte Hobmeier: Sie müssen sich doch nur mal in München umschauen: Wo gibt’s denn da noch einen Handwerker, einen Bäckermeister? Ich glaube das ist ein Riesenproblem. Ich weiß hier in der Stadt keine einzige Bäckerei, die so gute Semmeln macht, wie mein Onkel in Niederbayern – die er dann auch gleich noch ausfährt und die Einödhöfe beliefert. Das ist wahrscheinlich sein großes Glück. Der Unterschied zwischen selbstgemachten Semmeln und Brezn ist immens, nur kennen ihn die Leute kaum noch.

Von Florian Falterer

Was bedeutet „selbstgemacht“ in Zeiten des Internets? Im Rahmen des Filmfests diskutiert „James Bond“-Bösewicht Götz Otto, Mitglied der Förderpreis-Jury Neues Deutsches Kino beim Münchner Filmfest 2012, Schauspieler und Drehbuchautor, mit Prof. Dr. Fred Breinersdorfer (Autor, Regisseur und Produzent) und Michael Fitz (Schauspieler, Musiker) und Vertretern der „Piratenpartei“ wie Julia Schramm über das Urheberrecht: am Sonntag, 1. Juli, 11 Uhr (ab 10 Uhr Frühstück), im Monopol-Kino, Schleißheimer Straße 127.

Sagen Sie uns Ihre Meinung unter www.samstagsblatt.de: Ist die Kinokultur bedroht?

Artikel vom 28.06.2012
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