Geistlicher hat in 13 Jahren viel getan für eine »richtig tolle« Gemeinde

Harthof · Pfarrer Schroeder geht

Gemeindepfarrer Hans Martin Schroeder verlässt Ende Mai die Versöhnungskirche an der Hugo-Wolf-Straße. Foto: ws

Gemeindepfarrer Hans Martin Schroeder verlässt Ende Mai die Versöhnungskirche an der Hugo-Wolf-Straße. Foto: ws

Harthof · »Ich finde den Harthof richtig toll.« Mit einem großen Kompliment an die Bewohner des Stadtteils hat sich Gemeindepfarrer Hans Martin Schroeder von der evangelisch-lutherischen Versöhnungskirche an der Hugo-Wolf-Straße nach fast 13-jähriger Tätigkeit offiziell verabschiedet. Dazu fand am Himmelfahrtstag ein feierlicher Gottesdienst mit anschließendem Empfang im Gemeindesaal statt.

Als der Theologe im Jahr 1999 die Pfarrstelle antrat, da war ihm der Harthof unbekannt. Nach und nach lernte der Pfarrer, passionierter Radler, den Stadtteil kennen und lieben. »Ich finde schön, dass der Harthof so bunt ist. Hier leben Menschen aus aller Herren Länder mit vielen Religionen.« Das habe Begegnungen ermöglicht, die schön und faszinierend gewesen seien. Und außerdem »ist hier ganz viel los. Und es gibt kaum einen so grünen Stadtteil in München.« So liege das Naturschutzgebiet Panzerwiese in nächster Nähe. »Warum verlässt der Pfarrer dann die Versöhnungskirche?«, mag sich der eine oder andere fragen. »Die Zeit hier war toll. Aber nach zehn bis 15 Jahren ist der Wechsel zu einer anderen Pfarrstelle üblich«, begründet Schroeder seine Entscheidung. Deshalb habe er sich um eine neue beworben. Ende Mai verlässt er, zugleich stellvertretender Dekan im Prodekanat München-Nord, die Versöhnungskirche und tritt am 1. Juni die erste Pfarrstelle der evangelischen Kirchengemeinde Starnberg an: »Der See ist ein schönes Plus.« Und wie im Münchner Norden gebe es da viel Grün. Die protestantischen Bewohner des auf der Panzerwiese gelegenen Neubauviertels Nordhaide gehören ebenso zum Einzugsgebiet der Versöhnungskirche wie die Stadtteile Harthof und Am Hart.

Die Kirchengemeinde ist für rund 2.600 Gläubige zuständig – und hat viele Ehrenamtliche, sage und schreibe 200 an der Zahl. Ohne sie wäre das vielfältige Angebot gar nicht möglich, betont der Seelsorger. Die Ehrenamtlichen sind in der Kirchenküche aktiv, in der »Leseinsel«, helfen beim Kinderfasching und bei der Jugendarbeit, tragen den Gemeindebrief aus und vieles mehr. Die Kirche hat einen Gospelchor, regelmäßig gibt es Gottesdienste für Familien und für »Minis«, sprich für die Kleinsten bis zum Kindergartenalter. Für die Erwachsenen finden außerdem Lyrik-Gottesdienste statt. Da werden während der Messe klassische Gedichte vorgetragen, meist bei der Predigt, berichtet Schroe­der. Und alle vier Jahre hält die Kunst Einzug in die Kirche. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe »Artionale« im gesamten Dekanat München öffneten sich die evangelischen Kirchen und ließen dort einen Monat lang Ausstellungen von moderner Gegenwartskunst zu, wie etwa Bilder, Installationen und auch Klang-Installationen. Ganz speziell in der Versöhnungskirche gibt es die »Kirchenküche«, die der Gemeindepfarrer und seine Frau Elke Schroeder initiierten. »Eine warme Mahlzeit, miteinander reden, essen«, unter diesem Motto versorgt das ehrenamtliche Helferteam dreimal pro Woche Bedürftige aus dem Harthof und Umgebung mit Mittagessen – das ganze Jahr über am Montag, Mittwoch und Freitag im Gemeinderaum. Es gibt immer drei Gänge, Vorspeise, Hauptgericht und ein Dessert.

Das Essen wird den Gästen auch serviert. Das biete keine der reinen Essensausgaben, wie es sie anderswo in München gibt, verkündet Elke Schroeder von der Teamleitung voller Stolz. Die Kirchenküche der Versöhnungskirche konnte im vergangenen Herbst ihr zehnjähriges Bestehen feiern. Aus Anlass des Jubiläums erscheint der »Wochenkalender 2012«, der unter dem Leitthema »Kalendergeschichten« aus dem Kirchenküchenalltag erzählt. Gäste, Mitarbeiter und Prominenten kommen jede Woche zu Wort und schildern ihre ganz persönliche Sicht. Eine Seniorin lobt zum Beispiel die angenehme und familiäre Atmosphäre – und das kostengünstige Angebot. »Dreimal in der Woche ein Essen für 1 Euro. Das ist eine kolossale Hilfe und Entlastung für Kleinrentner wie mich. Man geht gesättigt und in der Seele befreit nach Hause.« Ebenfalls seit zehn Jahren gibt es die Lese-Insel in der Versöhnungskirche. Kinder mit Lese- und Schreibschwierigkeiten werden hier ganz persönlich und individuell betreut. Jedes Kind bekommt einen Lesepaten oder eine Lesepatin. Einmal in der Woche treffen sie sich für 60 bis 90 Minuten in der Bücherei der Kirchengemeinde. Es seien überwiegend Erst- und Zweitklässler, weiß Gemeindepfarrer Schroeder zu berichten. »Die Paten vermitteln den Kindern Freude am Lesen.« Die Erwachsenen machen mit den Mädchen und Buben zum Beispiel Lese- und Schreibspiele. Und was wünscht der scheidende Pfarrer der Gemeinde zu seinem Abschied? »Dass das diakonische Profil, also für andere Menschen da zu sein, und zwar für alle, erhalten bleibt. Denn das macht die Versöhnungskirche aus, und zwar in allen Bereichen. Das ist das Charakteristikum.« Ein Nachfolger steht noch nicht fest. Bis ein neuer Pfarrer gefunden ist, gebe es eine Vakanzvertretung in der Versöhnungskirche. Wally Schmidt

Artikel vom 22.05.2012
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