Poinger wünschen sich mehr Natur und weniger Verkehrsrowdys

Poing · »Zu dicht bebaut«

Knapp 50 Poinger kamen zur Bürgerversammlung, um sich von Bürgermeister Albert Hingerl informieren zu lassen.	Foto: cs

Knapp 50 Poinger kamen zur Bürgerversammlung, um sich von Bürgermeister Albert Hingerl informieren zu lassen. Foto: cs

Poing · Seinen 59-seitigen Rechenschaftsbericht hat Bürgermeister Albert Hingerl den knapp 50 Besuchern der Bürgerversammlung in der Mehrzweckhalle an der Karl-Sittler-Straße erspart.

Die wichtigsten Eckdaten der Gemeindepolitik konnten die Poinger in einer vorab veröffentlichten Sonderbeilage der Ortsnachrichten nachlesen. Dort waren alle aktuellen örtlichen Themen von Abfallwirtschaft bis Umweltschutz ausführlich dargestellt.

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Dennoch mussten die Anwesenden nicht auf Informationen aus erster Hand verzichten. Anhand von 40 Folien zeigte Hingerl die wichtigsten »Baustellen« – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne – der Gemeinderatsarbeit auf. Die anschließende Diskussion drehte sich vor allem um das Thema Verkehr. Dabei wurde die verbreitete Missachtung der Verkehrsregeln auf den örtlichen Straßen beklagt und – an die Adresse des anwesenden Inspektionsleiters Helmut Hintereder gerichtet – eine schärfere Überwachung durch die Polizei gefordert.

Eines der anstehenden Projekte ist der Neubau oder die Generalsanierung der Grundschule an der Karl-Sittler-Straße. Über dieses Dauerthema wird der Gemeinderat demnächst in einem Workshop diskutieren und entscheiden, sagte Hingerl. Dabei gehe es auch um die Frage, wie die rund zwei Millionen Euro eingespart werden können, die für die Unterbringung der Grundschüler während der Bauzeit fällig werden. Beraten werde das Gremium auch über Raumprogramm, Kosten und das zu beauftragende Planungsbüro. Wesentlich weiter ist man dagegen mit dem Neubau der Realschule. Dieser werde definitiv zum Schuljahresbeginn am 13. September von den 580 Schüler bezogen werden, versprach Hingerl.

Neu gebaut werden soll auch die Gruber Brücke für Fußgänger und Radfahrer. Dafür sind 320.000 Euro veranschlagt, »es kann aber auch teurer werden«, prophezeite Hingerl. Das Bauwerk sei in einem schlechten Zustand. Es bestehe allerdings keine akute Gefährdung für die Benutzer. Das könne sich durch Frostschäden im kommenden Winter allerdings rasch ändern. Der Bürgermeister plädierte deshalb für den sofortigen Abriss. Dann müsse jedoch ein Provisorium her.

Auch eine neue Eisenbahnüberführung in der Ortsmitte kommt auf die Gemeinde zu, nachdem die Bahn den viergleisigen Ausbau vorerst ad acta gelegt hat. »Wir planen jetzt zweigleisig, mit Erweiterungsmöglichkeiten auf viergleisig, falls man es sich eines Tages dort anders überlegt.« Aufreger in Poing sind außerdem der Bebauungsplan W 6 »Am Bergfeld« und der geplante Gewerbepark Parsdorf in der Nachbargemeinde Vaterstetten. Das neue Wohnquartier sei mit 53.000 Quadratmetern noch größer als W 5, der »Zauberwinkel«. Zehn Prozent davon sei als Bauland für Einheimische vorgesehen. Das neue Sondergebiet in Parsdorf gefährde die Nahversorgung Poings, warnte Hingerl. Darauf habe man in der Stellungnahme des Gemeinderates ebenso hingewiesen wie auf die ungenügende Verkehrserschließung.

Machtlos gegen lästigen Fluglärm

In der anschließenden Diskussion übten mehrere Besucher Kritik an der massiven Baulandausweisung, durch die der letzte Rest Natur zerstört werde. Der »Zauberwinkel« sei zu dicht bebaut, kritisierte eine Besucherin. Sie hätte sich mehr Spielplätze und Parkanlagen gewünscht, auch wenn das die Preise in die Höhe getrieben hätte. Hingerl entgegnete: »Viele können sich einen Abstand von 20 oder 40 Meter zum Nachbarn einfach nicht leisten.« Der Bauboom bringe Geld in die Gemeindekasse, das den Bürgern zugute komme.

Ein Neubürger beklagte sich über Fluglärm. Dieser sei »extrem lästig« und beeinträchtige die Lebensqualität. Auch hier konnte der Rathauschef nur mit den Achseln zucken. »Wir haben rechtlich keine Stimme und werden wegen der großen Entfernung vom Erdinger Moos nicht ernst genommen.« Vom früheren Riemer Flugplatz hätten Alt-Poinger im übrigen sehr viel mehr Krach ertragen müssen. Nicht helfen konnte Hingerl auch einer Besucherin, die sich mehr Angebote zum Ausgehen in ihrer Heimatgemeinde ersehnte. »Das kann ich nur unterstützen, aber es liegt nicht in unserer Hand.« Weniger Nachtleben für Jugendliche wünschte sich dagegen der Leiter der Poinger Polizeiinspektion, Helmut Hintereder. Er sprach in seinem Bericht zur Bürgerversammlung angesichts des steigenden Alkoholmissbrauchs von Heranwachsenden von einer »besorgniserregenden Entwicklung«.

Alkoholverbot in Grünanlagen?

Jeder Zehnte zwischen 12 und 17 Jahren sei in Gefahr. Alkoholbedingte Unfälle und Gewalttaten hätten in den vergangenen Jahren sprunghaft zugenommen. Bier- und Schnapsflaschen im Kofferraum seien kein Tabu mehr. Frühere Sperrstunden in den Gaststätten und ein Alkoholverbot in Grünanlagen könnten helfen, das Problem in den Griff zu bekommen.

Sicherer geworden ist nach Aussage des Polizeihauptkommissars dagegen der Schulweg. Dank Jugendverkehrsschule und den 28 Schulweghelfern hätte sich dort in den vergangenen zwölf Monaten nur ein einziger Unfall ereignet. Mehrere Besucher beklagten, dass in Poing zu schnell gefahren und häufig das Rotlicht an der Ampel missachtet werde. Zur Überwachung habe die Polizei zu wenig Personal, beklagte der Beamte und forderte die Besucher auf, beobachtete Verstöße selbst bei der Polizei anzuzeigen, »am besten mit Autonummer und Personenbeschreibung«. Dies sei keine Aufforderung zum Denunzieren, ergänzte Hingerl. »Aber ohne Bürger geht es nicht. Oder wollt Ihr eine kommunale Verkehrsüberwachung?«, fragte er die Anwesenden. Dann müsse man allerdings damit rechnen, dass 60 bis 70 Prozent der Ertappten Einheimische seien. Da hoben sich nur drei, vier, fünf zaghafte Finger aus der Versammlung. Claudia Schmohl

Artikel vom 16.05.2012
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