Fröttmaning: Verantwortliche sprechen über Pflege- und Entwicklungskonzept

Fröttmaning · Was passiert in der Heide?

Sie präsentierten am Montagabend in der Bayern-Kaserne das Besucherkonzept für die Fröttmaninger Heide: Heidehaus-Geschäftsführerin Christine Joas und der Vorsitzende des Heideflächenvereins Rolf Zeitler.	Foto: ws

Sie präsentierten am Montagabend in der Bayern-Kaserne das Besucherkonzept für die Fröttmaninger Heide: Heidehaus-Geschäftsführerin Christine Joas und der Vorsitzende des Heideflächenvereins Rolf Zeitler. Foto: ws

Fröttmaning · Rund 13 Hektar der Fröttmaninger Heide hat der Heideflächenverein Münchner Norden e. V. als Eigentümer des ehemaligen Militärgeländes inzwischen entmunitioniert.

Die Hauptwege mit einer Länge von 13 Kilometern seien nun sicher. Entfernt wurden sechs Granaten, eine Tellergranate, fünf Kilogramm Munitionsteile 45 Kilogramm Granat- und Bombensplitter sowie sieben Tonnen allgemeiner Schrott. 180.000 Euro kostete diese erste Teilräumung der Fröttmaninger Heide, die die Regierung von Oberbayern Anfang Mai einstweilig als Naturschutzgebiet sicherstellte. Bislang muss der Heideflächenverein aus Sicherheitsgründen den Bürgern fast für das gesamte Gelände den Zutritt verbieten – viele Anwohner aus Freimann betreten die Heide trotzdem, verbotswidrig, was neuerdings mit Bußgeldern geahndet werden könnte. Nach und nach will der Verein nun das Areal für die Besucher öffnen.

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Im Juni würden die bestehenden Wege durch bunte Pfähle am Wegesrand markiert und damit als sicher ausgewiesen sowie ein neuer in Ost-West-Richtung ganz im Süden des Areals angelegt. Das kündigte Heideflächenvereinschef Rolf Zeitler bei einer Info-Veranstaltung in der Bayern-Kaserne am vergangenen Montag an. Zugleich solle nun der Dialog mit den Bürgern beginnen.

Die mehr als 50 Anwesenden in der Bayern-Kaserne nahmen den Dialog sehr an. Neben etlichen Hundehaltern, die in der Heide zeitnah Hundewiesen zum Freilaufen ihrer Vierbeiner forderten, äußerten mehrere Redner Kritik an dem geplanten Pflege- und Entwicklungskonzept. Dabei beabsichtigt der Verein, einen Teil der rund 30 Kilometer langen Trampelpfade zurückzubauen oder diese zu Kieswegen auszubauen. »Sie können die Bürger nicht auf einen einzigen Weg zwingen. Die Leute gehen auf den Trampelpfaden«, protestierte eine Anwohnerin. Ein Bürger stellte voller Empörung fest: »Wenn die paar Leute, die da auf den Trampelpfaden gehen, bestraft werden sollen, dann kann man die Heide gleich zubetonieren.« Was die Anwesenden mit Applaus quittierten.

Für eine Bürgerin machen gerade »die Trampelpfade den Charme der Fröttmaninger Heide aus und dass es da wild ist.« Das veranlasste schließlich eine andere Anwohnerin dazu, die Verantwortlichen zu fragen, »warum lässt man es nicht so wie es ist?« Wieder applaudierten die Anwesenden. Eine Bewohnerin vom Carl-Orff-Bogen berichtete, dass ihre Kinder 13 Jahre lang in der Heide gespielt hätten – »und es ist nie etwas passiert«, betonte die Freimannerin. Heideflächenvereinschef Rolf Zeitler, zugleich Bürgermeister von Unterschleißheim, widersprach vehement und stellte fest: »Die Heidelandschaft ist kein Abenteuerspielplatz.«

Das Kreisverwaltungsreferat der Stadt sei »sehr, sehr streng« und würde zu Recht die gesamte Heide sperren, wenn der Verein nicht mit der Räumung begonnen hätte. Als Entgegnung auf die Kritik der Bürger stellte Zeitler fest: »Wenn da etwas passiert, dann sagen Sie, wo ist der Verantwortliche. Dann ist der Vereinsvorsitzende haftbar.« Und das sei schließlich er selbst. Der Verein setzt sich seit 20 Jahren für die Aufwertung der Heidelandschaft ein und dehnte sein Gebiet mit dem Ankauf der 334 Hektar großen Fröttmaninger Heide aus. Zwei Millionen Euro verlangte der Bund dafür, die offizielle Übergabe war am 27. Juli 2007. Mitglieder des Vereins sind die Landeshauptstadt München, die Stadt Unterschleißheim, die Stadt Garching, die Gemeinden Eching, Neufahrn und Oberschleißheim sowie die Landkreise Freising und München.

Am Ende der Diskussion meldeten sich auch Bürger zu Wort, die die stufenweise Umsetzung des geplanten Wegekonzeptes ausdrücklich begrüßten – und insbesondere den Ankauf der Fröttmaninger Heide durch den Heideflächenverein. »Ich bin sehr froh, dass es den Verein gibt. Sonst wäre die Heide in 20, 30 Jahren zugebaut«, sagte ein Anwohner. Ein anderer ergänzte: »Wir sind alle froh, dass die Heide nicht einem Neubaugebiet weicht oder einem Gewerbegebiet wie in Freiham-Süd.« Vereinschef Zeitler freute sich über dieses Lob und merkte an, dass die Mitglieds-Kommunen des Vereins für den Erwerb des Areals vor ein paar Jahren zwei Millionen Euro aufgebracht hätten. Andernfalls hätte der Bund das Areal an jemand anderen verkauft und es wäre unter Umständen anstatt des kleinen Heidehauses auf der Fröttmaninger Heide eine neue Siedlung mit 2000 bis 5000 Bewohnern an der U-Bahn-Station Fröttmaning entstanden, glaubt Zeitler.

Im Juli solle der Bürgerdialog beginnen, die Ergebnisse wolle man im Januar 2013 präsentieren. Dazu findet am Donnerstag, 5. Juli, um 19 Uhr ein Infoabend im Heidehaus statt. Es ist gleich auf der Westseite des U-Bahnhofs Fröttmaning gelegen, am Rande der Fröttmaninger Heide. Im Juli 2011 eröffnet, ist es ein Informations- und Umweltbildungszentrum für Besucher, Schulklassen und Kindergärten und inzwischen vom bayerischen Umweltministerium als Umweltbildungsstation staatlich anerkannt. Die Besucher können sich jeden Sonntagnachmittag (von 13 bis 17 Uhr) sowie dienstags und donnerstags (jeweils von 14 bis 18 Uhr) über die Fröttmaninger Heide informieren sowie über das Besucherprogramm des Heidehauses für Kinder und Erwachsene.

Die Heiden sind Relikte einer Steppen-Landschaft. Mit mehr als 200 Pflanzenarten sowie einer Vielzahl seltener Tierarten gehören sie bei uns zu den artenreichsten, aber auch mit am meisten gefährdeten Lebensgemeinschaften. Deshalb wurde nun von der Regierung von Oberbayern in der Fröttmaninger Heide eine zweijährige Erprobungsphase für eine Unterschutzstellung gestartet. Dabei können beim Heideflächenverein Vorschläge zum Beispiel für ein geändertes Wegekonzept oder für Hundefreilaufflächen eingereicht werden. »Die Fröttmaninger Heide vereint künftig Umweltbildung, Naturschutz und naturschonende Freizeitnutzung.« Das betonten Bayerns Umweltminister Dr. Marcel Huber und Bayerns Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle beim Besuch des Heidehauses am vergangenen Donnerstag.

Zur Fortführung von Umweltbildungsmaßnahmen übergab Umweltminister Dr. Huber dem Heideflächenverein zwei Förderbescheide über insgesamt 43.000 Euro. Gefördert werden unter anderem das Modellprojekt »Heide schmecken und entdecken« sowie die bewährten Naturerlebnistage. »Unser gemeinsames Ziel ist es, die Flächen im Münchner Norden zu schützen und gleichzeitig eine naturnahe Erholung für die Bürger zu ermöglichen. Ein unmittelbares Naturerlebnis schärft die Sinne für den Wert der Natur«, erklärte Huber. Die Regierung von Oberbayern hatte die Heideflächen am 9. Mai durch Verordnung vorläufig unter Schutz gestellt. Dies sei ein wichtiger Schritt für das »erste Stadtnaturschutzgebiet Bayerns mit U-Bahn-Anschluss«, so Huber. Es werde nun vor Ort ein Dialog eröffnet, der den Brückenschlag zwischen Naturschutz und Naherholung ermöglichen solle.

Die Heidelandschaft erstreckt sich im Norden von München. Es ist kaum zu glauben: Noch im 19. Jahrhundert dehnten sich hier riesige Heideflächen aus. Heute ist gerade einmal ein Zehntel davon erhalten geblieben, doch sie haben es in sich: Auf kaum einem Flecken Bayerns drängen sich nach Angaben des Heideflächenvereins mehr botanische Kostbarkeiten als auf der Fröttmaninger Heide: darunter viele Pflanzen, die in Deutschland fast ausgestorben sind, zum Beispiel die Finger-Küchenschelle, die Filz-Flockenblume, die Bunte Schwertlilie oder der Stauden-Lein. Wechselkröte und Heidelerche sind Beispiele für Tierarten, die hier ein Refugium gefunden haben. Wally Schmidt

Artikel vom 15.05.2012
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