»Der Weg in die Zukunft« kostet Hallbergmoos insgesamt 3,6 Millionen Euro

Hallbergmoos · Stromautarke Kläranlage

Markus Wiester (links) und Stefan Hermansdorfer sind die Fachkräfte für Abwassertechnik in der Kläranlage. 	Foto: bb

Markus Wiester (links) und Stefan Hermansdorfer sind die Fachkräfte für Abwassertechnik in der Kläranlage. Foto: bb

Hallbergmoos · Schon im Juni 2011 hatte der Gemeinderat beschlossen, die derzeit belüftete (aerobe) Kläranlage auf einen Faulturm (anaerob) umzustellen, damit Methan zu gewinnen und dieses durch Verbrennung in Strom umzuwandeln.

Die Kosten für den »Weg in die Zukunft« belaufen sich auf 2,4 Millionen Euro, hinzu kommen jetzt 528.000 Euro für die Erweiterung der Betriebsgebäude und 60.000 Euro für ein Notstromaggregat, das man bislang einfach vergessen hatte. Nun wurde auch eine »Co-Vergärung« von Flüssigfett beschlossen, die weitere 573.000 Euro kostet. Insgesamt 3,6 Millionen Euro, die sich aber schon nach rund fünf Jahren amortisiert haben, und dann der Gemeinde jedes Jahr einen Gewinn von mindestens 130.000 Euro bescheren sollen. Die Kapazität der Hallbergmooser Kläranlage ist heute auf 15.000 »Einwohnergleichwerte« (EGW) ausgelegt.

Die rund 10.000 Einwohner des Ortes plus das Gewerbegebiet und die Landwirtschaft belasten die Anlage schon mit mehr als 13.000 EGW, »die müsste also sowieso von der Kapazität her erweitert werden«, berichtet Markus Wiester, der in der Hallbergmooser Kläranlage gelernt hat und dort seit 2004 arbeitet. Maximal 4300 Kubikmeter Abwasser können die zahlreichen Becken und Bakterien am Tag verarbeiten, »normal sind aber höchstens 1300 Kubikmeter täglich«, führt die zweite »Fachkraft für Abwassertechnik«, Stefan Hermansdorfer, aus. Nach dem Rechenhaus, wo die groben Bestandteile herausgefischt werden, fließt die trübe Brühe zum Sandfang, wei-ter geht es zum »Deni-Bio-P«. Hier werden auf biologische Art Phosphate abgebaut.

Es folgen die Belebung, wo es brodelt und wabert, das Nachklärbecken und der Sandfilter, bevor das »gereinigte« Abwasser nach etwa zwei Tagen in den Ludwigskanal geleitet wird, der dann nach vielen geschlängelten Kilometern in die Isar mündet. »Der entstehende Schlamm wird von uns getrocknet und gepresst, dann hat er noch einen Restwassergehalt von 80 Prozent. Alle zwei Wochen werden über 50 Kubikmeter davon abgeholt und verbrannt«, erläutert Wiester. Die Kläranlage ist allerdings ein echter »Stromfresser« mit einem Verbrauch von 48 Kilowattstunden (kWh) pro Einwohner im Jahr – das liegt laut einer Energiestudie der Gemeinde weit über dem Richtwert von 40 kWh, wobei 31 kWh als ideal gelten.

Helmut Aigner vom Münchner Ingenieurbüro Dünser und Aigner schilderte den Sachverhalt: »Die aktuelle Situation in der Kläranlage ist beim Energieverbrauch und der Wirtschaftlichkeit nicht zufriedenstellend. Daher stellen wir die Trocknung und Pressung des Klärschlamms auf eine anaerobe Faulung um. Der Klärschlamm wird eingedickt, die dabei entstehende Wärme können wir in einem Wärmetauscher nutzen. Rund 21 Tage lang gärt dann der Schlamm unter Luftabschluss.« Dabei entstehen laut Aigner zunächst 80.000 Kubikmeter Faulgas (Methan) im Jahr, was 125.000 kWh Stromenergie entspricht. »Im Endausbau erreichen wir 125.000 Kubikmeter Gas oder 225.000 kWh und sparen so 42.000 Euro im Jahr an Strom ein.« Notwendig dafür ist ein Faulbehälter mit 800 Kubikmeter Nutzvolumen sowie ein Gasbehälter. Die Kapazität der Anlage wird ebenfalls auf 20.000 Einwohnergleichwerte erweitert.

Experte Aigner schlug weiter vor, den Faulturm auch noch mit anderen Stoffen, wie etwa Speiseresten und vor allem flüssigen Fetten zu »füttern«, die man kostenlos aus der Gastronomie angeliefert bekäme. »Das sind zwar Mehrkosten für Pumpen und ein größeres Blockheizkraftwerk (BHKW) von rund 573.000 Euro – doch das Fett ist so enorm energiereich, das ergibt 620.000 Kubikmeter Gas oder 800.000 kWh Strom mehr im Jahr. Die Kläranlage wird dadurch völlig stromautark, ist kein Stromfresser mehr, was uns im Jahr knapp 100.000 Euro spart. Können wir die Wärme, die wir erzeugen, auch noch komplett nutzen, erhalten wir im Jahr zusätzliche 28.000 Euro Vergütung. Das ist im Winter kein Problem, im Sommer schon, da müssen wir die Schlammtrocknungsanlage damit heizen. Damit amortisiert sich diese große Investition schon in 4,5 bis 6,5 Jahren und die Gemeinde verdient im Jahr rund 130.000 Euro«, versprach Aigner.

Auf Nachfragen einiger Gemeinderäte präzisierte er, dass für die zusätzliche Fettanlieferung (ein Lkw mit rund sieben Kubikmeter am Tag) kein zusätzliches Personal notwendig sei. Umweltreferent Dr. Georg Schu (Freie Wähler) war sehr zufrieden mit Aigners Ausführungen, »aber die Berechnungen sind sehr vorsichtig und konservativ, der Wirkungsgrad und die Erträge werden wesentlich höher sein, denke ich.« Rudi Zeilhofer (CSU) und Bernhard Neumüller (Freie Wähler) regten an, dass man bei der konkreten Planung die direkt neben der Kläranlage befindliche Holz-Hackschnitzeltrocknung und Grünabfall-Aufbereitung mit einbeziehen solle bei der Wärme-Nutzung. »Hier können wir Wärme sinnvoll verbrauchen«, so Zeilhofer. bb

Artikel vom 15.05.2012
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