Südbayerische Wohn- und Werkstätten präsentieren ihre Künstler

München/Baldham · Kunst kommt von Können

Beherrscht den Ton gleich auf mehrfache Weise, Christina Kaiser. Foto: hw

München/Baldham · Am 23. Mai laden die Südbayerischen Wohn- und Werkstätten für Blinde und Sehbehinderte im Roßtalerweg 2 um 19.30 Uhr ein zu einem Maibockfest mit der »Unverschämten Wirtshausmusik« mit Otto Göttler und Konstanze Kraus. Kultur leben und pflegen ist ein wichtiger Bestandteil der nunmehr 20-jährigen Geschichte der SWW.

Dabei laden die Verantwortlichen aber nicht nur regelmäßig zu kulturellen Veranstaltungen ein, sondern bieten den 115 blinden und sehbehinderten Erwachsenen, die dort leben und arbeiten die Möglichkeit, sich selbst künstlerisch auszudrücken. . In den Werkstätten werden nämlich nicht nur Waren für andere Firmen verpackt und kuvertiert, Akten und Datenträger vernichtet, sondern auch Kunst und Kunsthandwerk produziert. »Die Dinge, die wir herstellen, sollen ästhetisch ansprechend und hochwertig sein. Wir wollen nicht, dass jemand unsere Produkte kauft, weil er Mitleid hat, sondern weil unsere Sachen schön und funktional sind«, betont die Leiterin der Werkstatt Kultur, Kunigunde Frey.

Unter fachmännischer Anleitung werden beispielsweise Artikel wie Obstschalen oder Gartenfiguren aus Ton gefertigt ebenso wie filigrane Holzspielfiguren für Erwachsene erstellt, Teppiche gewebt und sogar Bilder gemalt. Bewundern und kaufen kann man die Exponate im Werkstatt-Shop, der von Montag bis Donnerstag von 8.30 bis 16.30 Uhr und freitags von 8.30 bis 13.00 Uhr geöffnet hat. Zu den besonders talentierten Künstlern im Umgang mit Ton gehört Christina Kaiser aus Holzkirchen. Sie hat schon eine eigene Fangemeinde für ihre feinen Arbeiten aufgebaut und manche lassen es sich nicht nehmen, sie einmal persönlich in der Werkstatt aufzusuchen. Seit sieben Jahren arbeitet sie bereits in der Werkstatt und hat sogar eine eigene Technik, die sogenannte Bambustechnik entwickelt. »Im Laufe der Jahre hat sich diese Technik einfach entwickelt«, meint die junge Frau bescheiden. Natürlich freue es sie, wenn gerade ihre Artikel immer sofort ausverkauft sind, gesteht sie. Neben der Töpferei gehört ihr Herz dem Radio. Beim hauseigenen Sender hat sie bereits einige Sendungen mitmoderiert und auch schon bei anderen Radiosendern durfte sie sich als Moderatorin erfolgreich versuchen, berichtet sie strahlend. Nicht weniger erfolgreich ist der Baldhamer Stephan Larro, der neben seiner Tätigkeit in der SWW-Töpferei auch in der Theatergruppe aktiv mit von der Partie ist. Rund zweimal die Woche wird geprobt, denn die ihre Stücke werden nicht nur vor heimischen Publikum gezeigt, sondern auch auf öffentlichen Bühnen wie dem Tams oder dem Theater der Jugend. Die SWW-Theatergruppe »Die Blindgänger«, die gemeinsam mit der Regisseurin Sacha Anema Stücke auf die Bühne bringt, zeigt im Münchner Volkstheater am 21./22. Mai im Rahmen der Special Olympics ihr Stück »Wildwechsel« (Karten gibt es bei München Ticket).

In diesem Stück spielen »Die Blindgäger« eine Adaption von Tschechows »Onkel Wanja«. »Beim Theaterspielen können wir unsere Persönlichkeiten einbringen, uns und unsere Gefühle öffentlich ausdrücken«, fasst Stephan Larro seine Begeisterung in Worte. Seine Rollen lerne er schnell, behalte seine Texte über lange Zeit im Kopf, meint der Baldhamer bescheiden. »Mit jeder Aufführung entwickelt man sich weiter«, so der begeisterte Theaterspieler.

Feingefühl sei gefragt, denn im Zweifelsfall müsse man für die anderen mitdenken, denn als Einzelner könne man ein Theaterstück nicht überzeugend aufführen, das sei Teamarbeit, betont er. Sogar Fanpost habe es für die Bühnencrew schon gegeben, freute er sich über den Erfolg. Wie schwer es ist als Ensemble auf der Bühne überzeugend miteinander zu agieren, wenn man den Mitspieler nicht sieht, kann man als Außenstehender nicht wissen, nur erahnen. Dennoch springt der Funke über, denn hier geht es um das Leben selbst, dass die Schauspieler auf die Bühne bringen.

hw

Artikel vom 11.05.2012
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